Léa Seydoux


„Märchen halfen mir, mich vor der Welt zu schützen“

01.05.2014
Interview:  Matthias Greuling

„Die Schöne und das Biest“: Léa Seydoux als märchenhaft schöne Belle

Seit ihrem Triumph im Cannes-Siegerfilm „Blau ist eine warme Farbe“ ist Léa Seydoux in aller Munde. Als lesbische junge Frau mit blauen Haaren eroberte sie die Herzen der Arthaus-Kinofans. Jetzt kommt die 28-jährige Französin mit einem neuen, völlig anders gepolten Film in unsere Kinos. In „Die Schöne und das Biest“ spielt sie an der Seite von „Biest“ Vincent Cassel - wenig verwunderlich - die „Schöne“. Ein Schritt mehr in der Karriere der Pariserin, die schon mit großen internationalen Regisseuren gedreht hat: Darunter Woody Allen („Midnight in Paris“) und Quentin Tarantino („Inglourious Basterds“). Wir trafen Léa Seydoux zum Plausch in Paris.


FilmClicks:Frau Seydoux, wie spielt man eigentlich eine Prinzessin?
Léa Seydoux: Man muss sich in die richtige Stimmung versetzen. Dabei hilft zum Beispiel eine schöne Robe, ein tolles Make-up und eine aufwendige Frisur. Es gefiel mir, die Prinzessin zu sein, aber die Schwierigkeit bei einem Projekt wie „Die Schöne und das Biest“ ist, dass es sehr technisch zugeht, weil es viele Spezialeffekte gibt. Alles ist minutiös durchgeplant, jede Bewegung muss sitzen. Für verträumte Stimmung am Set gab es also gar keine Zeit.
 
Der  Weg von „Blau ist eine warme Farbe“ zu „Die Schöne und das Biest“ ist schon ziemlich weit: Unterschiedlicher könnten zwei Filme kaum sein…
Ja, da haben Sie recht. Aber ich mag es, sehr unterschiedliche Projekte zu drehen. Das Wichtigste ist mir, dass ich zu der Figur, die ich spiele, irgendeine Form von Verbindung spüre. „Die Schöne und das Biest“ gehörte zu meinen Lieblingsmärchen als Kind. Diese Märchen halfen mir, mich vor der Welt zu schützen. Sie fütterten meine Vorstellungskraft. Als Kind brauchte ich diese Form des Eskapismus von der realen Welt.
 
Der Produzent, Ihr Großvater Jérôme, der einst das Studio Pathé leitete, war zunächst nicht überzeugt, dass Sie die Rolle spielen sollten. Stimmt das?
Er ist einfach nicht gewohnt, mich in solchen Blockbustern zu sehen. Ich habe ja bisher eher Arthaus-Filme gedreht.
 
Hat Ihnen die einflussreiche Verwandtschaft in Ihrer Karriere genützt?
Ich habe alles immer auf eigene Faust gemacht, ohne große Hilfe durch meine Verwandtschaft. Mein Großvater hat den Film produziert, und ist damit auch sehr zufrieden, glaube ich. Aber ich habe 2006 selbst entschieden, Schauspielerin zu werden, und bin darin sehr unabhängig. Ich lasse mich da von niemandem protegieren.
 
„Die Schöne und das Biest“ entstand zum Großteil im Computer. Wie ist das eigentlich, wenn man als Schauspieler gegen eine grüne Wand anspielt?
Für mich als Schauspielerin wäre es toll, wenn die Zeit wiederkäme, in der man in einer realen Umgebung mit echten Menschen gespielt hat. Der Green Screen erfordert eine hohe Vorstellungskraft, denn man sieht ja nicht, wie das fertige Bild aussieht, wenn man dreht. Es ist also wichtig, dieser sterilen Situation im Studio gedanklich zu entfliehen.

„Blau ist eine warme Farbe“: Léa Seydoux (re.) mit Adèle Exarchopoulos © Thim Film

Im Gegensatz dazu war „Blau ist eine warme Farbe“ sehr intim und enthielt auch viele Nacktszenen. Wie gehen Sie damit um?
Mir macht Nacktheit im Film nichts aus, im Gegenteil, ich finde es schön, nackt zu sein. Man kann daraus sehr cinematografische Bilder formen, finde ich. Ich fühle mich viel verletzlicher vor einer Kamera, wenn ich meine Gefühle zeigen muss, als wenn ich da nackt rumliege. Wenn ich in einer Szene weinen muss, dann destabilisiert mich das viel mehr. Aber ich mag keine Sexszenen in Filmen. Ich mag es, wenn es erotisch zugeht, aber mit Sexszenen fühle ich mich nicht sehr wohl. Es gibt viele Regisseure, die von Sex fasziniert sind. Ich mag es, wenn Gefühle hinzukommen. Ich glaube, dass es in vielen Filmen heute einen Mangel an Gefühl gibt.
 
„Blau“ gewann 2013 die Goldene Palme, wobei der Preis nicht nur an Regisseur Abdellatif Kechiche, sondern ausdrücklich auch an Sie und Ihre Filmpartnerin Adèle Exarchopoulos ging. Wo haben Sie denn Ihre Goldene Palme aufgestellt?
Ich habe eine Urkunde bekommen, aber nicht die Palme. Die steht bei Abdellatif Kechiche. Thierry Frémaux, der künstlerische Leiter des Cannes-Festivals, musste etwas unternehmen, nachdem der Preis von der Jury dreigeteilt worden war. Er hat uns versprochen, zwei Exemplare der Palme für uns anfertigen zu lassen, aber bisher sind sie noch nicht eingetroffen.
 



Kritik
Die Schöne und das Biest
Die Neuverfilmung von „Die Schöne und das Biest“ wird vom französischen Regisseur Christophe Gans als pures, reines Märchen inszeniert. Léa Seydoux und Vincent Cassel brillieren in den Titelrollen. Gedreht wurde im Studio Babelsberg nahe Berlin. Mehr...