DIE STORY: Der Hollywood-Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton) war einst als Superheld „Birdman“, im Stretch-Kostüm mit Vogelkopf, eine ganz große Nummer in den Kinos der Welt. Vorbei, vorbei. Inzwischen muss der Mime, früher nicht nur Superheld, sondern auch Superstar, schon froh sein, wenn er von einer Mutti in einem Pub um ein Autogramm gebeten wird.
Das ist kein Leben, findet Riggan. Er will zurück ins Rampenlicht. Drum hat er einen Erzählungsband, „Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden“, dramatisiert. Das so entstandene Theaterstück will er jetzt, mit sich selbst in der Hauptrolle und als Regisseur, am New Yorker Broadway herausbringen.
Allerdings klappt nicht alles so, wie er sich das vorstellt. Sein Schauspiel-Kollege Mike Shiner (Edward Norton) sucht den Streit mit Riggan, der obendrein widerwillig registriert, dass sein Töchterchen Sam (Emma Stone) einem Flirt mit Mike nicht abgeneigt ist. Auch beziehungsmäßig gibt’s beim Birdman Probleme. Da könnte man doch glatt mal in die Luft gehen. So wie einst als Superheld…
DIE STARS: Michael Keaton bringt eine wichtige Voraussetzung für die Figur eines Ex-Superhelden-Darstellers mit: Er ist ein Ex-Superhelden-Darsteller. 1989 und 1992 spielte er, in den zwei Filmen von Tim Burton, den Batman – nun ist er der Birdman. Und wieder heimst Keaton für die Rolle großes Lob ein. Er wurde für den Oscar des besten Hauptdarstellers nominiert.
Auch seine Mitspieler Edward Norton und Emma Stone finden sich auf den Kandidatenlisten für die Academy Awards. Und Filmemacher Alejandro González Inárritu wurde persönlich gleich drei Mal nominiert: Bester Film, bestes Drehbuch, beste Regie.
Insgesamt hat „Birdman“ Chancen auf neun Oscars. Das macht die Showbiz-Komödie neben „Grand Budapest Hotel“ (ebenfalls neun Nominierungen) und
„The Imitation Game“ (acht) zum Top-Favoriten bei der Verleihung der Academy Awards am 22. Februar.
DIE KRITIK: Ruhm führt nicht automatisch zu Glück und Seelenheil. Und Ruhm, der langsam verschwindet, schon gar nicht. Das ist eine der Erkenntnisse, die Autor/Regisseur Alejandro González Inárritu in seiner hinreißenden Showbiz-Farce „Birdman“ mitliefert.
Der Film spielt in den Wochen vor der Theaterpremiere, mit der Michael Keaton als Ex-Star Riggan den Rückweg zum Ruhm plant.
Regisseur Iñárritu spielt mit der Neugier des Publikums auf Blicke hinter die Kulissen. Mal geht’s dabei brutal-real zu, wenn Riggan eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Bühnenpartner Mike Shiner (Edward Norton) in Form einer zünftigen Prügelei auflösen will. Dann aber wird’s ziemlich surreal, wenn man Riggan auf seinen Ausflügen in die Superhelden-Welt begleitet, in der er immer noch herumgeistert. Da heißt es dann abheben, zu einem Flug ohne Flugzeug durch die Straßen von New York.
Hinter dieser Fassade aus Glamour und Wahnsinn warten aber die wirklich wichtigen Themen des Films, die nicht nur Schauspieler etwas angehen. Riggan Thomson strebt danach, etwas Bedeutendes zu leisten, er möchte wahrgenommen werden und, vor allem, geliebt.
Dem Regisseur Inárritu geht es um die Sehnsucht nach Erfolg, um hochfliegende Pläne und die Angst vor dem Scheitern. All das kommt hier sehr komisch über die Leinwand, wobei dem Witz aber immer wieder auch Tragik innewohnt.
Schon die aufregend-bizarre Geschichte macht „Birdman“ zu einem der spektakulärsten Filme des Jahres. Die Darsteller agieren, das verrät ein Blick auf die Oscar-Nominierungen, in Topform. Auch Kameramann Emmanuel Lubetzki (er bebilderte zuletzt das Weltraum-Drama „Gravity“) ist für den Oscar nominiert. Zu Recht: Er hat maßgeblichen Anteil an der außergewöhnlichen Form der Farce.
„Birdman“ wurde nämlich mit sehr wenigen Schnitten gedreht. Die einzelnen Szenen dauern oft etliche Minuten lang. Die Kamera hetzt stets der Hauptfigur Riggan Thomson hinterher, innerhalb des Theaters oder auch mal raus aus dem Haus. Alle Darsteller und das technische Team müssen sekundengenau ihren Einsatz beginnen. Und mit diesem sehr speziellen Stil wird „Birdman“ auch visuell zum Meisterwerk.
IDEAL FÜR: alle Filmfreunde, die staunend miterleben wollen, wie witzig und hintergründig der große Kino-Dramatiker Alejandro González Inárritu („21 Gramm“, „Babel“) im Komödienfach sein kann.