Daniel Brühl
über das Terror-Drama „7 Tage in Entebbe“
Der Star als Terrorist
05.05.2018
Interview:
Peter Beddies
Daniel Brühl spielt im rasanten Dokudrama „7 Tage in Entebbe“ den deutschen Terroristen Wilfried Böse, der am 27. Juni 1976 mit seiner Gesinnungsgenossin Brigitte Kuhlmann (Rosamund Pike) und zwei palästinensischen Attentätern einen Airbus der Air France entführte. Die Maschine war von Tel Aviv nach Paris unterwegs und wurde von den Hijackern nach Uganda dirigiert, wo am Flughafen von Entebbe ein Verhandlungsmarathon begann. FilmClicks sprach mit Daniel Brühl über die Verfilmung des Attentats, das seinerzeit die Welt in Atem hielt - und mit einer tollkühnen Befreiungsaktion durch ein israelisches Kommando endete.
FilmClicks: Herr Brühl. was haben Sie vor dem Dreh von „7 Tage in Entebbe“ über die Ereignisse des Jahres 1976 in Uganda gewusst?
Daniel Brühl: Den Begriff Entebbe hatte ich irgendwie im Hinterkopf. Da klingelte etwas. Aber es war nicht viel, was ich wusste. Also, das erste, was mir den Kopf kam, war ein anderes Attentat, der Fall in Mogadischu mit der Entführung des Lufthansa-Jets „Landshut“. Ich wusste nicht so genau, was war davor und was danach.
Wie man hört, hatten Sie einen außergewöhnlichen Gesprächspartner bei der Vorbereitung zum Dreh.
Ja, ich traf den Soldaten, der meine Figur, den Terroristen Wilfried Böse, erschossen hat. Was ein sehr bizarres Gefühl war. Der hatte natürlich so seine Sicht auf die Dinge. Was mich allgemein an seiner Sichtweise interessiert hat, das war der Perspektiv-Wechsel. Denn es gibt ja nicht nur die eine Geschichtsschreibung.
Es ist absolut spannend, „7 Tage in Entebbe“ heute zu sehen, mit all den historischen Figuren aus jener Zeit, und dann zu begreifen, warum danach vieles im Nahost-Konflikt so gekommen ist, wie es kam.
Stimmt, sehe ich genauso. Wenn man zum Beispiel schaut, was mit Yitzhak Rabin, der zur Zeit des Attentats israelischer Ministerpräsident war, in seiner zweiten Amtszeit passiert ist. Dass er vom Militär abgekommen ist – von einer militärischen Lösung. Am Tag, als er 1995 in Tel Aviv von einem Attentäter erschossen wurde, hatte er kurz zuvor noch eine Friedensrede gehalten und erklärt: „Nach 27 Jahren Militär kann ich Euch sagen, das ist nicht die Lösung.“
Mal abgesehen davon, dass „7 Tage in Entebbe“ schnell geschnitten und alles andere als altmodisch erzählt ist: Warum sollen sich junge Menschen heute dieses Dokudrama anschauen, dessen Ereignisse 42 Jahre zurückliegen?
Zum einen ist es interessant – aber ich bin auch ein Fan von Geschichte und verstehe gern, wie was zusammenhängt –, was damals in Entebbe passiert ist. Junge Menschen haben das heute nicht mehr auf dem Schirm. Und zum anderen klickt es dann auch vielleicht bei einigen Zuschauern, im Sinn von: „Ach so, die Konflikte, die wir heute noch haben, die fingen so und so an“. Finde ich spannend und auch wichtig.
Wer den Film im Original sieht, der kann Ihre Filmpartnerin Rosamund Pike Deutsch sprechen hören. Was Sie nebenbei bemerkt sehr gut macht. Waren Sie Ihr Coach?
Ja und nein. Natürlich hatte sie einen Lehrer für Deutsch. Aber da sie sehr ehrgeizig ist, haben wir auch in den Pausen immer ein bisschen Deutsch geübt. Und irgendwann konnte sie es dann ganz gut. Für jemanden, der diese Sprache bisher nicht oder kaum gesprochen hat, ist das bemerkenswert.
In den letzten Monaten hat man im Kino nicht so viel von Ihnen gesehen. Wo waren Sie? Im eigenen Restaurant in Berlin abgetaucht?
Und Tapas gegessen
(lacht) – genau. Nein, so ist es natürlich nicht gewesen. Ich bin jetzt verheiratet und habe seit 18 Monaten einen kleinen Sohn. Da teilt man sich seine Zeit anders ein.
Alle reden von Serien. Sie sind jetzt auch in einer Serie zu sehen – in „Die Einkreisung“, die frisch bei Netflix angelaufen ist.
Es geschieht nicht von ungefähr, dass ständig von Serien geredet wird. Das ist ganz eine andere, eine komplett neue Sache. Die Zeit, die man in einer Serie mit einer Figur verbringen kann, die gibt es in keinem Spielfilm. Das ist eine tolle Erfahrung.
Und was hat an der historischen Krimiserie „Die Einkreisung“ gereizt?
Da gab es vieles. New York im Jahr 1896. Ich spiele einen der ersten Kriminal-Psychologen. Starke Geschichte. Dazu tolle Kollegen, mit denen ich spielen konnte. Da hat mich vieles angefixt.
Früher war es oft so, dass Sie selbst Ihr stärkster Kritiker seien…
…das bin ich bis heute.
Aber wenn Ihre Karriere so wunderbar läuft…
…dann sehe ich trotzdem keinen Grund, mich in den höchsten Tönen zu loben. Oder mich zu einem Super-Typen zu erklären. Das wäre ja schlimm. Dann doch besser anders herum. Das treibt einen ja auch an. Man darf es halt nicht übertreiben. Beim Dreh zur „Einkreisung“ in Budapest wurde ich von meiner Kollegin Dakota Fanning Negativus Destruktivus genannt. Offenbar muss ich noch ein wenig an mir arbeiten.