Daniel Brühl über Hollywood, Robert Downey Jr. und „The First Avenger: Civil War“


„Ich merkte, ich werde auf Augenhöhe behandelt“

27.04.2016
Interview:  Gunther Baumann

Daniel Brühl spielt im Superhelden-Blockbuster „The First Avenger: Civil War“ den Schurken © Marvel Disney

„Weiß der Geier, was die da machen“, sagt Daniel Brühl. Der deutsche Schauspiel-Star („Good Bye, Lenin“, „Rush“) geriet auf dem Set des Blockbusters „The First Avenger: Civil War“ gelegentlich ins Staunen. Wenn er in seiner (Schurken-)Rolle als Baron Zemo frei hatte, schaute er gern der Crew beim Dreh zu – und entdeckte Menschen mit Spezialberufen, die es im europäischen Film nicht gibt. Im FilmClicks-Interview über das Superhelden-Spektakel und seine Begegnung mit Partnern wie Robert Downey Jr. zieht Brühl Bilanz: „Dies war nicht das erste Mal, dass ich mit Hollywood in Kontakt kam. Aber es war mein erstes Abenteuer in so einer Dimension.“


Daniel Brühl, hielt die Arbeit am Blockbuster „The First Avenger: Civil War“ manchmal Überraschungen für Sie parat?
Daniel Brühl: Eine Menge. Ich bin auch an Tagen, an denen ich nichts zu tun hatte, ab und zu an den Set gefahren. Weil ich einfach einmal kapieren wollte, wie die Crew Szenen umsetzt, von denen ich im Drehbuch nicht verstand, wie die das machen wollen. Viele der Berufe, die von Menschen in dieser Großproduktion ausgeübt werden, sind mir schleierhaft. Da gibt’s zum Beispiel Leute, die irgendwas vermessen, als wären sie Wissenschaftler. Weiß der Geier, was die da machen. Am fertigen Film sieht man, dass es immer irrer wird, was beim Filmen technisch möglich ist. Zum Beispiel gibt’s eine Szene, für die Robert Downey  Jr. um Jahrzehnte verjüngt wurde. Die ist ganz phantastisch geworden.  

Kampf im Studio: Am Set von „The First Avenger: Civil War“ © Marvel

Mit einem Satz, Sie waren beeindruckt.
Das ist alles sehr beeindruckend, genauso wie die Stimmung am Set, die von Marvel-Studioboss Kevin Feige ausgeht: Man spürt den Druck nie. Das finde ich sehr beachtlich, denn natürlich entsteht so ein großer Film unter enormem Druck. Es ist eine amerikanische Qualität, das am Set nicht spüren zu lassen, sondern für eine Leichtigkeit zu sorgen – die ich auch dem Film ansehe. Zum Beispiel in der Sequenz mit Spider-Man, die grandios witzig und toll geworden ist. Vor dem jungen Kollegen Tom Holland, der jetzt den Spider-Man spielt, kann ich nur den Hut ziehen. Das ist der totale Wahnsinn.
 
Setzte sich diese Leichtigkeit auch im Umgang der Schauspieler untereinander fort?
Ja. Da herrschte eine sehr unverkrampfte, herzliche Atmosphäre. Ich bin zum Beispiel extrem dankbar über das Verhalten von Chris Evans und Robert Downey Jr. mir gegenüber, weil die mich gleich mit einbezogen haben. Auch im Privaten. Ich bin mitgegangen zum Abendessen oder zum Basketball – ich fühlte mich also nicht wie der neue Kurti in der Klasse, mit dem keiner spielen will. So etwas weiß man vorher nicht. Die anderen kennen sich ja alle, die haben etliche Filme miteinander gemacht. Als Neuer in so eine Familie zu kommen, das ist schon speziell.

Aus Schauspiel-Kollegen wurden gute Freunde: Daniel Brühl mit Robert Downey Jr. © Marvel

Diese Aufmerksamkeit ist vermutlich das Resultat einer großen Wertschätzung.
Ich  war sehr erfreut darüber, dass die Kollegen einige Filme von mir kannten und mochten.  Sowohl Robert Downey als auch Chris Evans sind zum Beispiel große Fans von „Rush“ (dem Formel-1-Drama, in dem Brühl den jungen Niki Lauda spielt, Anm.). Da bekam ich tolle Komplimente – und ich merkte, ich werde auf Augenhöhe behandelt. Ich wurde auch viel danach gefragt, wie es so ist mit dem Filmen in Europa, und es hat mich total gefreut, dass auch kleinere Filme von mir bekannt waren. Sebastian Stan etwa, der den Winter Soldier spielt, mag „Die fetten Jahre sind vorbei“.
 
Wie haben Sie sich als Schurke namens Baron Zemo denn in den All-Star-Cast mit den vielen Superhelden eingefügt?
Ich bin zufrieden mit meinem Zemo, weil das eine Schlüsselrolle ist. Natürlich wurde ich gefragt, ob ich nicht auch gern Superpower gehabt hätte und Dings. Doch mir war bald klar:  Es ist spannend an diesem Film, dass so viele Superhelden aufeinander treffen und sich gegenseitig die Köpfe einhauen. Ich hingegen spiele eine ambivalente Bösewicht-Figur, die alles aus einer menschlichen Motivation heraus macht – und die eine sehr schlaue Idee hat, wie man den Avengers anders beikommen kann, ohne übernatürliche Kräfte. Kevin Feige und die Regisseure, die Brüder Anthony und Joe Russo, sprachen sehr viel mit mir über die Bösewicht-Figur in David Finchers Thriller „Seven“. Das ist ein bisschen ähnlich: Es geht um einen merkwürdigen Strippenzieher im Hintergrund.   

Daniel Brühl als Filmschurke: „Mein Zemo ist eine Schlüsselrolle“ © Marvel

Ist „The First Avenger: Civil War“ ein wichtiger Schritt für Sie in Richtung einer Hollywood-Karriere?
Nun, dies war nicht das erste Mal, dass ich mit Hollywood in Kontakt kam – aber es war mein erstes Abenteuer in so einer Dimension. Ein anderes Genre, andere Regeln, und definitiv auch eine andere Größe als bei allem, was ich bisher kannte. Auch vom Spielen her war alles anders. „Civil War“ ist nicht unbedingt ein Film, bei dem man nach einem Take zum Regisseur geht und sagt, du, ich hab‘ mir da zu meiner Figur noch ein paar neue Gedanken gemacht (lacht). Da wird schon sehr effizient mit der Zeit umgegangen. Es geht unheimlich um Timing, jede Sekunde ist durchgetaktet. Mit den Regisseuren Anthony und Joe Russo, funktionierte das super. Joe Russo war mehr für die Schauspieler da, Anthony hatte mehr das Gesamtkonstrukt im Kopf. Es war sehr beeindruckend, zu sehen, wie die das alles zusammenhalten: Mit so vielen Schauspielern und mit so viel Action.    
 
Wenn Sie die Dimensionen von „Rush“ und „The First Avenger: Civil War“ vergleichen – was sind die Unterschiede?
„Rush“ war für mich ein großer Film, auch finanziell. Erst jetzt verstehe ich Regisseur Ron Howard, der sich beim Dreh von „Rush“ immer bei mir entschuldigte, dass wir für den Film so wenig Geld haben. Und ich antwortete, Ron, für dieses Geld machen wir in Europa gleich ein paar Filme. Ich mochte die Guerilla-Atmosphäre bei „Rush“. Aber jetzt, bei Marvel, ist das eine ganz andere Nummer. Man hat viel mehr Zeit, man kann nachdrehen, wenn etwas nicht ideal gelungen ist, und bis in die kleinsten Rollen ist der Film hochkarätig besetzt.

Beeindruckt: Daniel Brühl mit Regisseur Anthony Russo © Marvel

Merkt man dieses große Budget am Set auch bei so banalen Sachen wie der Qualität des Caterings?
Ja. Das Essen war lecker. Man musste aber etwas aufpassen beim Dreh in Atlanta. Da gab es diese Southern Kitchen, und da durfte man sich nicht jeden Tag ein Hähnchen mit Buttermilch reinpfeifen – sonst hätte man den Film nicht überstanden. Zwei Mal wurde mir übrigens die Ehre zuteil, beim Dreh mit Robert Downey mittagzuessen. Das war dann noch einmal ein Parallel-Universum am Set. Sehr beeindruckend.
 
„The First Avenger: Civil War“ ist nicht nur ein Comic-Actionfilm, sondern es werden auch politisch relevante Themen behandelt.
Ich finde das sehr gut, dass sich die Superhelden hier selbst hinterfragen. Die Avengers glauben, die Welt zu retten – was ist aber der Schaden, den sie tatsächlich anrichten? Es ist ein interessanter Gedanke, dass die Avengers im Film unter ein UNO-Mandat gestellt werden sollen. Das ist eine gute Entscheidung.
 
Könnte man sagen, dass Iron Man und seine Freunde, die nichts gegen Kontrolle der Avengers-Einsätze haben, jetzt im US-Wahljahr die Demokraten repräsentieren, während die Hardliner um Captain America…
…so etwas sind wie Donald Trump? Oho! Schade, dass Chris Evans (er spielt Captain America, Anm.) nicht hier ist. Das ist eine interessante Frage, die ich aber nicht beantworten möchte (lacht).
 
Wie gefällt Ihnen denn der fertige Film?
Ich finde „The First Avenger: Civil War“ extrem gut. Das ist ein unterhaltsames Spektakel. Die Regisseure, die Russo-Brüder, haben da ein echtes Brett hingelegt.
 



Kritik
The First Avenger: Civil War
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