DIE STORY: In „Nymphomaniac – Teil 2“ sitzen Joe (Charlotte Gainsbourg ) und Seligman (Stellan Skarsgard) noch immer in seinem schäbigen Zimmer beieinander und sie erzählt ihm von ihrem Leben als Nymphomanin. Während
„Nymphomaniac – Teil 1“ geprägt war vom Suchen und teilweise Finden, herrscht jetzt das große Chaos, die Verzweiflung. Es überwiegt der Schmerz. Joe hat die Lust am Sex verloren und muss Wege finden, wieder ein erfülltes Leben zu führen. Seligman hört sich – wie schon im ersten Teil ruhig und weise – ihre Geschichte an, bis auch er am Ende in einem der ungewöhnlichsten Showdowns der Filmgeschichte seinen Platz im Universum der Joe zugewiesen bekommt.
DIE STARS: Dieses Mal darf Charlotte Gainsbourg all ihr schauspielerisches Können auspacken. Im ersten Teil wurde Joe ja noch von der britischen Nachwuchsschauspielerin
Stacy Martin gespielt. Nun ist Joe in die Jahre gekommen und Gainsbourg übernimmt. Ihr Leiden ist ähnlich drastisch wie in „Antichrist“. Erneut muss man sich verbeugen vor dieser großen Schauspielerin.
Stellan Skarsgard hingegen weiß, was er an Lars von Trier hat. Wie in jedem gemeinsamen Projekt bekommt er auch hier seinen ganz großen Moment. Ansonsten geben sich die Stars die Klinke in die Hand. Besonders bemerkenswert agiert Jamie Bell als Meister der Schmerzen.
DIE KRITIK: Man mag seine Filme hassen oder lieben, aber eines muss man anerkennen. Lars von Trier weiß verflucht genau, wie man ein filmisches Festmahl anrührt. Im ersten Teil von „Nymphomaniac“ hat er uns die junge Joe gezeigt, die Stück für Stück lernen musste, dass sie anders fühlt als andere Menschen. Dass ihr die „normale Liebe“ – was immer das sein mag - nicht genügt.
Nach diesem zweistündigen Auftakt geht von Trier nun in die Tiefe. Er verhandelt schwere bis schwerste Themen. Woher hole ich mir Lust? Wie befriedige ich mich, wenn mir all die Angebote, die uns umschwirren, nicht ausreichen?
Joe geht konsequent diesen Weg der Lust und Last bis zum bitteren Ende. Sie sucht Liebe bei zwei Afrikanern, denen sie zuvor nie begegnet ist (in dieser Wipp-Schwanz-Szene wird mal deutlich, wie komisch Lars von Trier sein kann), sie geht nächstens ins Sado-Maso-Studio, trifft auf einen dubiosen Geschäftsmann (Willem Defoe mal wieder glänzend aufgelegt) und findet schließlich ihren Meister. Seligman sitzt während des Monologs an ihrer Seite, offenbart zwischendurch, warum er so gut zuhören kann und hat natürlich auch noch ein Geheimnis parat.
„Nymphomaniac 2“ zeigt Lars von Trier erneut auf der Höhe seines Könnens. Er erzeugt einen Bildersog, bietet Gedankenspiele an, die noch Tage und Wochen später im Kopf des Kinogängers weiterspuken. Und die Debatte darum, welche Version nun die bessere ist, darf man sich getrost schenken. Die jetzt gezeigte Version ist fast eine Stunde kürzer als das Trier-Original. Noch hat niemand den ausführlichen Teil gesehen. Aber der Vergleich beim ersten Teil – Kinoversion versus Original – hat gezeigt, dass schon die kürzere Variante, die im Kino läuft, all das hat, was ein Lars-von-Trier-Spektakel ausmacht. Ob es nun wirklich noch ein paar Brüste, Schwänze und Vaginen mehr sein müssen, darf jeder für sich entscheiden.
IDEAL FÜR: Arthaus-Fans, die im Kino gern etwas angeboten bekommen, das sie zutiefst berührt und nicht mehr loslässt.