Hauptprogramm. Im Hauptprogramm der Viennale 2018 fällt zunächst eine formale Veränderung auf: Die Unterscheidung zwischen Spiel- und Dokumentarfilmen wird aufgegeben. Eva Sangiorgi: „Dies ist der Versuch, gegen eine Ungerechtigkeit anzugehen. Viele FilmemacherInnen werden darüber erleichtert sein und das Publikum darf sich auf fruchtbringende Überraschungen freuen.“
41 Produktionen, die bei der Viennale 2018 gezeigt werden, stehen bereits fest. Darunter ist zum Beispiel „Angelo“ zu finden, der neue Film des Wieners Markus Schleinzer, der im September erstmals bei den Festivals von Toronto und San Sebastian herauskommt. „Angelo“ beruht auf der historischen Figur des Afrikaners Angelo Soliman, der im 18. Jahrhundert nach Wien gebracht und dort zur Berühmtheit wurde.
Die Love Story „Cold War“ war im Mai einer der großen Erfolge des Festivals Cannes. Der polnische Regisseur Pawel Pawlikowski gewann dort für den eleganten Schwarz-Weiß-Film, der in den Jahrzehnten des Kalten Kriegs spielt, den Preis für die beste Regie.
Auch andere Cannes-Höhepunkte kommen von der Cote d’Azur nach Wien. Darunter das japanische Sozialdrama „Shoplifters“, das dem Regisseur Kore-Eda Hirokazu die Goldene Palme einbrachte, oder „3 Faces“, das neue Werk des Iraners Jafar Panahi, das im Untergrund entstand, da der Regisseur daheim mit einem 20jährigen Berufsverbot belegt wurde.
Bei manchen Ankündigungen lässt die Viennale ihre Interessenten einstweilen grübelnd zurück, weil einen die Anmerkungen nicht wirklich klüger machen: „Wir präsentieren ,Da Xiang Xi Di Er Zuo‘, das epische Debüt von Hu Bo, sowie einen jüngst entdeckten Kurzfilm des im Vorjahr verstorbenen Künstlers. Wir zeigen ,Imi Este Indiferent Daca In Istorie Vom Intra Ca Barbari‘, in dem Radu Jude sich am Beispiel einer Theaterinszenierung mit Verantwortung und historischer Erinnerung auseinandersetzt.“
Andere Namen und Worte sind Filmfreunden auf Anhieb vertrauter. Die Wienerin Sudabeh Mortezai etwa, 2014 für „Macondo“ mit dem dem Wiener Filmpreis der Viennale ausgezeichnet, präsentiert ihr neues Werk „Joy“, das sich „zart und scharf zugleich mit dem Thema Migration beschäftigt.“ Aus der alten Garde der Filmlegenden ist Jean-Luc Godard mit der Collage „Le Livre D’Image“ in Wien am Start. Der philippinische Festival-Liebling Lav Diaz ist mit dem Musikdrama „Season Of The Devil“ vertreten. Mit einer Spieldauer von 234 Minuten ist das für Lav Diaz‘ Verhältnisse ein Kurzfilm: sein Vorgänger-Film „A Lullaby To The Sorrowful Mystery“ dauerte acht Stunden und zwei Minuten.
Retrospektive. Die Retrospektive im Österreichischen Filmmuseum, das übrigens als zusätzliches Festival-Kino stärker in die Viennale eingebunden wird, steht dieses Jahr unter dem Titel „The B-Film“. Vom 26. Oktober bis zum 5. Dezember sind amerikanische Low-Budget-Produktionen zu sehen, die in den Jahren 1935 bis 1959 entstanden und deren puristischer Stil etliche große Regisseure der Gegenwart – von Martin Scorsese bis Quentin Tarantino – beeinflusste. Wie es in der Entstehungszeit dieser Filme üblich war, werden einige von ihnen als „Double Bill“ gezeigt. Also als Kombination von zwei Titeln nacheinander.
Filmarchiv Austria. Das Filmarchiv Austria im Wiener Metro Kinokulturhaus stellt seine Viennale-Retrospektive dieses Jahr unter das Motto „Surviving Images“. In zwölf Stummfilm-Programmen, die mit Live-Musik begleitet werden, taucht man ein in jüdische Lebenswelten, die nur in den Filmbildern überlebt haben.
Spezialprogramme. Zwei spezielle Filmreihen sind den Regisseuren Roberto Minervini (Italien) und Jorge Acha (Argentinien) gewidmet. Minervini, Jahrgang 1970, gilt als Pionier und auch als Außenseiter der italienischen Filmszene, der seine Produktionen außerhalb des institutionellen Förderungs-Systems finanziert und der häufig in den USA dreht (seine neue Doku „What You Gonna Do When The World’s On Fire“, die bei der Viennale gezeigt wird, tritt zuvor in Venedig im Wettbewerb um den Goldenen Löwen an).
Der Maler, Autor und Filmemacher Jorge Acha (1946 – 1996) drehte insgesamt nur drei Langfilme, die unter dem Eindruck der argentinischen Militärdiktatur entstanden. Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi verzeiht es allen Cineasten, wenn sie den Namen Jorge Acha noch nie gehört haben: „Selbst viele Kritiker aus Argentinien kennen seine Arbeiten nicht.“
Weitere Informationen: www.viennale.at