Trickfilme in Cannes. Das Filmfestival Cannes pflegt seit Jahren einen sehr sorgsamen Umgang mit Trickfilmen. Im letzten Jahr lief der Überflieger „Alles steht Kopf“; vor ein paar Jahren startete die Ballon-Reise nach „Oben!“. Und auch die bisher kassenträchtigste Figur des Studios Dreamworks, „Shrek“, feierte hier im Süden Frankreichs Premiere.
Dieses Mal wurde kein ganzer Film eingeladen. DreamWorks-Chef Jeffrey Katzenberg reiste mit gut 30 Minuten des Herbst-Blockbusters „Trolls“ (geplanter Kinostart: 20. Oktober) nach Frankreich. Seine Stars Justin Timberlake und Anna Kendrick, die im Film als Synchronstimmen zu hören sind, brachte er mit.
Auf dem Papier klingt das Projekt „Trolls“ nach allem anderem als einer guten Idee. Denn die Puppen, deren Haare der Schwerkraft trotzen und die schreiend bunt aussehen, sind nicht gerade der blanke Ansatz der Kreativität. Es gibt sie schon seit den 1960er Jahren als Zaubertroll oder Dampuppe. Vor elf Jahren versuchte man zum letzten Mal, mit den Puppen als Spielzeug ein Geschäft zu machen – es misslang.
Nun folgt also das Wagnis, die Puppen auf die große Leinwand (Insider sprechen von Produktionskosten um die 120 Millionen Dollar) zu wuchten. Die ersten Szenen bereiten Freude – und lassen hoffen, dass da ein Ereignis für die ganze Familie im Herbst auf alle Trickfilmfreunde wartet.
Erzählt wird die Geschichte von Queen Poppy (englische Stimme: Anna Kendrick), die mitsamt ihrem lustigen Volk in einem Zauberwald lebt. Jeder trägt eine Blumenuhr, die sich einmal in der Stunde meldet, dann nämlich ist „Hug Time“ – Zeit für Umarmungen.
Seit mehr als 20 Jahren sind die Feinde der Trolls, die Riesen, nicht mehr da gewesen. Aber eines Tages erscheinen sie und nehmen etliche Trolls mit, aus denen sie ein Festessen zubereiten wollen. Poppy sucht einen Verbündeten, die Trolls zu befreien, und findet ihn im ständig mürrischen Branch (Stimme: Timberlake).
Gemeinsam machen sie sich auf den Weg. Im dramatischen Finale verlieren sie sogar ihre Farbe, bevor Poppy und Branch „True Colors“ singen (bei der Präsentation in Cannes von Timberlake und Kendrick live vorgetragen und nicht zu Tode gequält – Respekt!) und wahrscheinlich alles gut wird.
Überhaupt: Musik. Das DreamWorks-Studio wildert hier ordentlich auf dem Feld, auf dem Disney viele Jahrzehnte erfolgreich unterwegs war. Denn „Trolls“ ist ein DreamWorks-Film, in dem ständig gesungen wird. Die neuen Songs hat komplett Justin Timberlake geschrieben. Dem ersten Eindruck nach hat er seine Sache sehr ordentlich gemacht.
Die Timberlake-Songs werden durch einige witzig eingestreute Klassiker ergänzt. Wenn Branch etwa zu der unentwegt redenden und dauerhaft singenden Poppy sagt, er hätte gern etwas „Silence“, greift sie zur Gitarre und stimmt mit vielen Fabelwesen ein wunderbar atmosphärisches „The Sound of Silence“ an.