Wettbewerb. „Wir sind bereit, zu streiten“, sagte Berlinale-Juror Diego Luna („Rogue One – A Star Wars Story“). „Wir sind hier, um verschiedene Stimmen zu hören und sie zu feiern.“
Das Pressegespräch mit der Jury war am 8. Februar traditionsgemäß das erste prominent besetzte Event der Filmfestspiele von Berlin. Jury-Chef Paul Verhoeven gab die Linie vor: „Ich hoffe, dass die Juroren erst einmal auf die Qualität der Filme achten – ohne politische Vorurteile“, sagte er. Die Politik spielte allerdings schon auf dem Podium eine Rolle „Sie sollen alle wissen, dass es bei uns (in den USA) sehr viele gibt, die Widerstand leisten“, sagte Maggie Gyllenhaal – womit sie fraglos gegen Donald Trump Stellung bezog, ohne den neuen US-Präsidenten namentlich zu erwähnen.
Ohne Politik ist die Berlinale, die sich stets sehr bewusst gesellschaftlichen Themen widmet, freilich gar nicht vorstellbar. Das wurde heuer schon beim Eröffnungsfilm in aller Deutlichkeit klar: „Django“ ist kein unbeschwertes Musiker-Porträt, sondern zeichnet ein Bild vom schweren Leben Django Reinhardts und seiner Leute in jener Zeit, als die Nazis Frankreich besetzt hatten.
Django. Wie lässt sich das filmisch umsetzen? Ganz einfach: Viel besser als mit „Django“ kann man ein Filmfest dieser Tage nicht eröffnen. Die Biografie erzählt von einem Mann, dessen Musik wohl die meisten (zumindest die Jazz-Liebhaber) im Ohr haben: Django Reinhardt.
Der französische Filmemacher Etienne Colmar („Django“ ist sein Debüt als Regisseur) stellt eine ganz einfache Frage. Was hat der Weltstar der Gypsy-Gitarre, der mit allen Großen seiner Zeit musizierte, im Jahr 1943 getan?
Zu Beginn des Films spielt Reinhardt – beinahe zehn Minuten lang – mit seiner Band wie entfesselt vor einem ausverkauften Saal. Als er kurz darauf gefragt wird, wie er es mit den Nazis und ihrem Krieg hält, meint er, dass dies nicht sein Krieg sei. Dass er sich aus allem Politischen heraushalte. Doch zwei Stunden später weiß der Zuschauer, dass dies eine Illusion ist.
Denn Reinhardt (grandios verkörpert von Reda Kateb) gerät ins politische Räderwerk. Die Nazis wollen, dass er eine Tour in Deutschland spielt. Aber sie machen auch strenge Vorgaben, da seine Art der Musik in Hitlers perversem Reich eigentlich verboten ist. So sollen Soli nicht länger als fünf Sekunden dauern, und mit dem Fuß zu wippen, ist nicht erlaubt.
Django Reinhardt macht sich über das Angebot lustig, will in die Schweiz flüchten. Kommt nicht über die Grenze. Die Machthaber demütigen ihn. So muss er mit seiner Band Hintergrundmusik bei einem festlichen Nazi-Abendessen abliefern. Aber nur so leise, dass die Gespräche während des Dinners nicht gestört werden. Außerdem hängt das Damoklesschwert über ihm, dass seiner Familie – er ist Sinti – etwas zustoßen könnte.
„Django“ lebt davon, dass sich durch den ganzen Film unheimlich die Atmosphäre der Bedrohung zieht. Gegen diese Anspannung kann Django Reinhardt seine Gitarre zupfen. Aber erst am Ende, als er den politischen Django in sich akzeptiert, kann er erfolgreich dagegen anspielen.