Alicia Vikander
über „The Danish Girl“ und ihre Karriere
„Am Anfang ist jeder Job ein Privileg“
07.01.2016
Interview:
Anna Wollner
Läuft. Das könnte man wohl über die Karriere von Alicia Vikander sagen. 2015 war die 27-jährige Schwedin gleich in vier Filmen im Kino. Mit „Ex Machina“, „Codename UNCLE“, „Im Rausch der Sterne“ und „The Danish Girl“. Dieses Transgender-Drama ist jetzt auch bei uns am Start. Wir trafen Alicia Vikander Mitte Dezember in Berlin zum Interview. Kurz nach dem Gespräch wurden ihre zwei (!) Golden-Globe-Nominierungen (für „The Danish Girl“ und „Ex Machina“) bekanntgegeben. Sie stand mit Tränen in den Augen in der Lobby des Ritz Carlton, holte mit zitternden Händen ihr iPhone aus der Tasche und flüsterte schüchtern: „I just have to call my Mom“. Sympathischer geht es nicht.
FilmClicks: Frau Vikander, Sie spielen in „The Danish Girl“ an der Seite von Eddie Redmayne die Ehefrau eines Mannes, der zur Frau werden will. Was hat Sie an der Rolle gereizt?
Alicia Vikander: Diese bedingungslose Liebe zwischen den beiden, Gerda und Einar/Lili. Da bekam ich schon beim Lesen Gänsehaut. Zur Vorbereitung habe ich mich mit Partnern von Transsexuellen getroffen. Ich wollte ihre ganz persönlichen Geschichten hören und schauen, ob es trotz der historischen Bezüge des Films Parallelen zur Gegenwart gibt. Natürlich musste ich viel an der Rolle arbeiten, um für mich meine persönliche Wahrheit zu finden. Um die Gefühle zu finden. Aber darin liegt ja die Schönheit und vor allem auch der Reiz der Schauspielerei. Gerda hat mich wirklich beeindruckt. Ich habe mich sofort gefragt, wie ich mich wohl in ihrer Situation verhalten hätte.
War das die größte Herausforderung?
Nein, Sie werden jetzt lachen. Gerda ist ja eine Malerin – und am meisten Angst hatte ich vor den Szenen, in denen ich malen muss. Als ich das erste Mal mit dem Pinsel in der Hand vor der Leinwand saß, habe ich gezittert. Ich hab‘ nicht wirklich an mich geglaubt. Schon als Kind war mir klar, dass meine Schwester mehr Zeichentalent hat als ich. Regisseur Tom Hooper gab mir erstmal die Chance, mein fehlendes Selbstvertrauen aufzubauen. Ich musste ganz plump in einen Malkurs. In der ersten Unterrichtsstunde war ich ein Wrack und musste beruhigt werden: „Hier ist ein Pinsel, hier ist eine Leinwand, du hast drei Minuten Zeit um Lili zu malen“. Ich wäre am liebsten schreiend weggelaufen.
Hat Sie irgendetwas in Ihrer Karriere auf Momente wie diese vorbereitet?
Auf so was kann dich keiner vorbereiten. Ich erinnere mich an meine Zeit als Shootingstar auf der Berlinale. Ich saß neben Domnhall Gleeson und ich wollte alles über Harry Potter wissen. Das war alles, was mich interessierte. Seitdem gab es viele erste Male. Es geht gar nicht so sehr darum, jede Gelegenheit mitzunehmen als Schauspieler. Aber gerade wenn man mit der Schauspielerei beginnt, weiß man nie, ob es einen zweiten Auftrag geben wird, einen zweiten Film. Selbst als ich schon Shootingstar war, habe ich nebenher in einem Jeans-Geschäft gearbeitet und Blumen verkauft. Am Anfang ist jeder Job ein Privileg. Heute ist es ein Privileg, dass ich zwischen den Angeboten auswählen kann und mich für Visionen oder Visionäre entscheiden kann.
Zum Shooting Star wurden Sie 2011 ernannt, vor fünf Jahren. Dann hat man erst mal wenig von Ihnen gehört. Verzeihen Sie die Frage, aber wo waren Sie all die Jahre?
Ich war arbeiten. Ich nehme meinen Erfolg ganz anders war als die Medien. Ich habe drei Jahre lang ununterbrochen gedreht. Dass jetzt alle Filme in einem Jahr ins Kino kommen, ist Zufall. Als ich gestern Abend hier in Berlin im Taxi saß, auf dem Weg zum Hotel, gab es wieder mal so einen Moment, in dem ich Zeit hatte durchzuschnaufen. Ich dachte nur,
wow. Die Fahrt hat Erinnerungen geweckt an die Zeit, als ich Berlinale-Shooting-Star war. Ich bin natürlich immer noch die Gleiche, aber ein paar Sachen um mich herum haben sich geändert. Ich war in den letzten Jahren nirgendwo so richtig zuhause. Aber die Unterstützung meiner Familie und der Menschen, die mich lieben wie ich bin und die ich liebe, haben mir dabei geholfen, den Weg zu gehen.
Was hat sich denn verändert?
Ich habe kein Privatleben mehr. Das ist alles
(lacht). Nein, eigentlich gibt es keine großen Veränderungen. Ich werde auf der Straße nicht erkannt oder so. Noch nicht. Ich hoffe, das bleibt auch noch eine Weile so.