Melissa McCarthy , Kristen Wiig über den Shitstorm gegen ihren Film „Ghostbusters“


„Der Hass hat uns schockiert“

04.08.2016
Interview:  Anna Wollner

„Ghostbusters“: Melissa McCarthy (li.) und Kristen Wiig machen gespenstische Erfahrungen © Sony

Melissa McCarthy und Kristen Wiig sind seit „Brautalarm“ die Comedy Queens von Hollywood. Jetzt jagen sie im köstlichen Remake von  „Ghostbusters“ gemeinsam Geister. Das ist ein Film-Job, der offenbar auch Geister rief.  Den Damen schlug im Internet bekanntlich ein Shitstorm von Männern entgegen, die Frauen als Action-Heldinnen nicht ertragen. Im FilmClicks-Interview erzählen McCarthy´& Wiig, wie sehr sie die komplette „Ghostbusters“-Saga lieben. Und was sie zu den gehässigen Internet-Attacken zu sagen haben. Die Online-Trolle stehen übrigens mittlerweile als lächerliche Figuren da. Denn die neue „Ghostbusters“-Komödie bekam überwiegend sehr positive Kritiken (auch auf FilmClicks) und wurde an den Kinokassen weltweit zum Hit.


FilmClicks: Wie fühlte es sich an, auf dem Set von „Ghostbusters“ die kultigsten Overalls der Filmgeschichte überzustreifen?
Melissa McCarthy: Herrlich – wir fühlten uns einfach knallhart in diesem Outfit. Und das Schöne daran war, dass dieses Gefühl während des Drehs nie wirklich weggegangen ist. In jeder Szene, in der wir voll ausgestattet mit Overalls und Waffen spielen durften, fühlte ich mich wie ein Gott: Leute, keine Panik. Wir haben alles unter Kontrolle.
Kristen Wiig: Brennt es irgendwo am Set? Kein Problem, wir können das löschen. Ich habe zwar keine Ahnung, womit oder wie, aber wenigstens sehen wir im Ghostbusters-Outfit cool aus.
 
Die Geisterjägerinnen: Leslie James, Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon © Sony

Bei all Ihrem Spaß müssen wir aber auch über eine traurige Sache sprechen. Über den Shitstorm, den Sie schon im Vorfeld der „Ghostbusters“-Premiere abbekommen haben.
Wiig: Mich hat das wirklich überrascht, dass die Leute sich so darüber aufgeregt haben, dass Frauen in einem „Ghostbusters“-Film spielen. Wie verrückt ist das denn. Vier Frauen in einem Film.
McCarthy: In welcher Höhle haben diese Menschen die letzten Jahre verbracht, dass sie so extrem auf weibliche Geisterjäger reagieren? Ich bin im Grunde eine hoffnungslose Optimistin, aber dieser extreme Hass, der hat mich wirklich schockiert.

Wie sind Sie damit umgegangen?
McCarthy: Ich habe diese Sachen einfach nicht gelesen. Als mir die ersten Leute davon erzählten, habe ich abgewunken. Ich wollte das einfach nicht hören.
Wiig:  Am Set haben wir das Thema, soweit es ging, komplett ausgeblendet. Unser Regisseur Paul Feig bekam massenweise Bilder von Jungs und Mädchen aus aller Welt, die in der Ghostbusters-Uniform vor der Kamera posiert haben. Da war die Vorfreude so vieler Leute auf den Film spürbar. Aber darüber redet mal wieder keiner.  
McCarthy: Und jetzt sind wir sind dazu verdammt, über die negativen Kommentare und den ganzen Hass zu reden. Erschreckend, wie gut die Mechanismen funktionieren. Jemand sagt etwas Negatives, und alle hören zu.
 
Was würden Sie den Hatern sagen wollen?
McCarthy: Erst einmal möchte ich, dass jeder, der im Netz rumtrollt, sich zu erkennen gibt. Es ist so feige, dass sich die meisten Poster hinter ihrer Anonymität verstecken. Mich würde mal interessieren, ob diese Leute überhaupt Frauen in ihrem Leben haben? Wenn nicht, wie traurig ist das denn? Falls es doch Frauen in ihrem Leben gibt, würde mich interessieren, was ihre Mutter, ihre Freundin oder Schwester dazu sagen. Dass sie nicht in der Öffentlichkeit zu ihrer Meinung stehen, ist einfach nur feige.
Wiig: Wir wollen den ersten beiden „Ghostbusters“-Filmen mit unserem Remake ja nichts wegnehmen. Wir haben diesen Film hier mit der großen Unterstützung der Originalbesetzung gemacht. Der damalige Regisseur Ivan Reitman war oft bei uns am Set,  die Stars der ersten Filme haben Gastauftritte. Unser Film fühlt sich nach einem nächsten Kapitel der „Ghostbusters“-Geschichte an.
McCarthy: Unser Film ist eine Liebeserklärung an die ersten beiden Teile. Wir haben den Film ja nicht unter der Prämisse gedreht, dass die ersten beiden Teile vernichtet und nie wieder gezeigt werden sollen. Deswegen habe ich diese ganze Panik nicht verstanden.
 
Dennoch gibt es gerade im Actionkino viel zu wenige Frauenfiguren, die mehr sind als schnödes stichwortgebendes Beiwerk für männliche Helden. Warum ist das so?
McCarthy:  Das gilt nicht nur fürs Kino. Es gab bisher zum Beispiel nur eine einzige weibliche Lego-Figur mit einem Beruf. Eine Tierärztin. Das war‘s. Keine Astronautinnen, nichts. Das ist doch verrückt.
Wiig: Letztes Jahr kam Daisy Ridley aus „Star Wars“ dazu. Es ist so traurig, dass wir 2016 überhaupt noch über so etwas reden müssen.
 
Das klingt beinahe so, als hätten Sie keine Lust mehr, über die ungleiche Sicht auf Frauen und Männer zu reden.
Wiig: Wir haben uns damit abgefunden. Das ist ja nicht grundlos ein Thema. Je länger wir darüber sprechen, desto mehr meißeln wir das Ungleichgewicht in Stein. Ich hoffe aber, dass die Leute einfach irgendwann zuhören werden. Vor allem Leute, die darüber entscheiden, welche Filme gemacht werden und welche nicht.
McCarthy Ich dachte eigentlich schon längst, dass wir in dieser Frage weiter wären, aber irgendwie rudern wir gerade zurück. Wenn wir aber mal ehrlich sind, ist Hollywood da noch das geringste Übel. Es gibt überall auf der Welt Mädchen, die nicht zur Schule dürfen, Frauen, die auf offener Straße umgebracht werden. Die Welt ist voller Hass gegenüber Frauen. Wenn unser „Ghostbusters“-Film dabei hilft, genau darauf aufmerksam zu machen, dann haben wir viel erreicht. Ich hoffe, dass meine Töchter irgendwann in einer Welt leben, in der vier Frauen in einem Actionfilm zur Normalität geworden sind.



Kritik
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