Christoph Waltz
über James Bond und seine Schurkenrolle in „Spectre“
„Bond ist Kasperle-Theater“
29.10.2015
Interview:
Peter Beddies
Christoph Waltz darf im Bond-Thriller „Spectre“ mal wieder das tun, was er am besten kann: Eine Schurkenrolle mit Leben füllen. Zweimal schon hat er es bei Quentin Tarantino getan. Beide Male wurde er dafür mit einem Oscar belohnt. Das ist bei „Spectre“ (Kinostart: 5. November) nicht zu erwarten. Aber Waltz spielt den Bösen Franz Oberhauser, der der Terror-Organisation Spectre vorsteht, mit Witz und Charisma. FilmClicks sprach mit dem gebürtigen Wiener bei der Deutschland-Premiere des 007-Thrillers in Berlin.
FilmClicks: Haben Sie für den Schurken-Part in „Spectre“ bei einem Casting vorgesprochen?
CHRISTOPH WALTZ: Nein, die ersten Gespräche liegen mittlerweile fünf Jahre zurück. Die waren unspezifisch, auf nichts gerichtet. Und so ging das weiter. Dann hat sich das kanalisiert. Aber so etwas wie eine konkrete Anfrage hat es nie gegeben.
Sie sind mit dem ersten Bond aufgewachsen – mochten Sie Sean Connery auch am liebsten von allen 007-Darstellern?
Der erste Bond-Film war 1962. Ich kann mich erinnern, dass ich die Filme gesehen habe. Aber nicht, wer James Bond gespielt hat. Speziell als Kind und auch als Jugendlicher wendet man die filmhistorische Perspektive eher spärlich an. Also, das war mir wurscht. Das war der James Bond des Moments! Was im Übrigen ein ganz wesentlicher Bestandteil seiner Qualität war und ist – es ist die Figur des Moments.
Was hat Sie an Bond damals fasziniert?
Die Unverschämtheit dieses Menschen. Die völlig lässige Selbstsicherheit und das Selbstbewusstsein, mit dem er auf alles reagiert, was sich ihm so in den Weg legt.
Und wofür steht er heute?
Bond mit seinen Geschichten und Figuren steht für mich in der Verwandtschaft zum Volkstheater. Und das Kasperle-Theater ist auch eine Art davon.
Bond ist ein Kasper?
Auf jeden Fall. Bond ist für mich Kasperle-Theater. Denn der Kasper hat für mich genau diese Qualitäten. Er nimmt sich Dinge heraus, die absolut ungewöhnlich sind. Er bricht die Regeln. Verhält sich politisch höchst unkorrekt. Und wir sind trotzdem auf seiner Seite.
Haben Sie zwecks Vorbereitung die Vorlagen von Ian Flemming gelesen?
Nein, denn die haben mit den Filmen nichts zu tun. Die Bücher waren Inspiration, mehr nicht. Es ist das Genie des alten (Bond-Produzenten) Broccoli gewesen, der gesagt hat: „Grandiose Geschichten, grandiose Ideen, grandiose Figuren. Wie erzählen wir die so, dass sie einem großen Kinopublikum heute Vergnügen bereiten?“.
Daniel Craig hat in den 90ern lange in Berlin gelebt. Haben Sie mit ihm Deutsch gesprochen?
Von Zeit zu Zeit. Er kann Deutsch. Wir haben uns nicht lange auf Deutsch unterhalten. Aber wir haben uns manchmal erlaubt, auf Deutsch zu blödeln. Nichts wahnsinnig Tiefsinniges. Aber wenn ich was auf Deutsch gesagt habe, dann hat er mich auf jeden Fall verstanden.
War der neue Bond für Sie auch eine Art Heimkehr nach Österreich?
Haben Sie den Film gesehen?
Ja, wieso?
Weil ich nicht eine Szene habe, die in Österreich spielt.
Stimmt allerdings.
Aber ich weiß, was Sie meinen. Es ist ein Erfolg für das ganze Team und Sie sehen mich als Teil des Teams – vielen Dank dafür!
Was macht einen guten Bond-Bösewicht aus?
Keine Ahnung. Das wäre ja eine dieser idiotischen Checklisten auf der
International Movie Data Base IMDb. So kann man das nicht machen. Man muss sich auf den Moment und die Situation einlassen. Selbst ein Pilot, für den Checklisten notwendig sind, muss auf den Moment reagieren. Bei uns gibt es weder Checkliste noch Rezept. Letztens habe ich mit einem 17-Jährigen gesprochen, der meinte, es sei nicht so schwer, einen erfolgreichen Film zu machen. Man müsste nur alle erfolgreichen Filme durchgehen und deren Rezept im Durchschnitt nehmen. Da habe ich ihm gesagt: „Viel Glück. Meine Gage wird in Deinem Film sehr hoch werden. Aber frag mich ruhig!“.
Es gibt wenige Bösewichte, die einen zweiten Auftritt bei Bond bekommen. Könnten Sie sich das vorstellen?
Vorstellen kann ich mir vieles. Auch, auf dem Mars zu leben. Das heißt noch lange nicht, dass das machbar ist. Wissen Sie, das kommt auf den speziellen Fall an. Und es existiert noch kein spezieller Fall. „Spectre“ ist noch nicht wirklich zu Ende gebracht. Er muss erst eine ganz runde Sache sein. Es gibt noch ein paar Monate mit diesem Film. Erst dann fangen die an zu überlegen, was kommen könnte. Und, glauben Sie mir, da gibt es brennendere Personalfragen zu lösen, als wer den nächsten Bösewicht spielt.
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