Rick Springfield
über Musik, Schauspiel und Meryl Streep
„Nennt mich nicht Bruce!“
12.09.2015
Interview:
Peter Beddies
Schauspieler, die singen wollen, gibt es in Hollywood jede Mange. Musiker, die auch Schauspieler sind, gibt’s seltener. Der Rockmusiker und Grammy-Gewinner Rick Springfield zählt zu ihnen: Seit vielen Jahren ist er sowohl beim Film als auch in der Musik zu Hause. Jetzt hat der Australier seine größte Bewährungsprobe absolviert. In „Ricki – Wie Familie so ist“ muss er darstellerisch neben der großen Meryl Streep bestehen. FilmClicks hat mit Rick Springfield beim Filmfest in Venedig gesprochen.
FilmClicks: Sie haben vor ein paar Jahren mal den Song „Bruce“ veröffentlicht, in dem Sie sich beschweren, dass man Sie oft verwechselt mit jenem Musiker, der „der Boss“ genannt wird. Sind Sie neidisch auf seinen Erfolg?
Rick Springfield: Nein, überhaupt nicht. Es geht schlicht und einfach um die Tatsache, dass viele Menschen offenbar Bruce Springsteen und Rick Springfield nicht auseinander halten können. Ich habe das alles erlebt. Selbst, dass ich in sehr privaten Momenten - wenn Sie verstehen, was ich meine - plötzlich als Bruce angesprochen wurde.
Wie hat Springsteen auf Ihren Song reagiert?
Absolut großartig. Er hat mir geschrieben: „Rick, jetzt wo der Song in der Welt ist, kann ich es Dir ja gestehen. Sehr viel früher, als ich noch am Anfang meiner Karriere stand, haben mich die Leute oft gebucht, weil sie dachten, ich wäre Du. Nach ein paar Monaten hatte sich das dann gegeben. Aber meine ersten Konzerte verdanke ich Dir“. Um es noch mal deutlich zu machen, ich habe kein Problem mit einem der erfolgreichsten Musiker unseres Planeten. Ich wollte nur den Menschen zurufen: „Nennt mich nicht Bruce“. Aber so ähnliche Sachen passieren auch Menschen wie Meryl Streep.
Was hat Sie Ihnen denn erzählt?
Dass es heute noch Menschen gibt, die zu ihr kommen und sagen, dass sie sie in „Eine verhängnisvolle Affäre“ so toll fanden. Und dann lächelt Meryl immer und sagt, dass sie das gern ihrer Kollegin Glenn Close ausrichtet, mit der sie hin und wieder verwechselt wird. Bruce Springsteen wurde übrigens schon gesagt, dass man ihn toll in „General Hospital“ fand. Das wiederum war ich.
Man kennt Sie als Musiker, aber auch als Schauspieler. Nicht nur aus „General Hospital“, sondern auch aus „True Detective“, zum Beispiel. Jetzt spielen Sie in „Ricki“ an der Seite von Meryl Streep einen Musiker - also ein bisschen sich selbst?
Nein, das auf keinen Fall. Dieser Greg ist ein Musiker, der von seiner Kunst so gerade leben kann. Er hat es sich da gemütlich gemacht, wo er ist. Und hat damit seinen Frieden gemacht. Ich glaube ja, dass er unter allen Figuren im Film der glücklichste ist. Was mich persönlich angeht, mir geht es schon ein bisschen anders. Ich sage zu neuen Herausforderungen nie Nein.
Meryl Streep kennt man als hervorragende Schauspielerin. Gesungen hat sie auch schon ein paar Mal im Film . Und zwar gar nicht schlecht. Wann wussten Sie, dass Sie ihr auch als Rockmusikerin trauen können?
Ziemlich schnell. Als sie nämlich gleich zu Beginn der Probephase darauf bestand, dass sich unsere Band in einen geschützten Bereich begeben sollte, zu dem außer uns keiner Zutritt hatte. Dann haben wir unsere Instrumente genommen und gespielt.
Das muss eigenartig gewesen sein. Alle Musiker in der Filmband haben jahrzehntelange Erfahrung. Und Meryl Streep…
…hat gleich am ersten Tag ungefähr 50 Mal Entschuldigung gesagt. Sie konnte zu dem Zeitpunkt schon Gitarre spielen. Alles andere musste erst noch kommen. Aber in welcher Kürze sie das dann geschafft hat, wie schnell sie ein Bandmitglied wurde, das war unglaublich beeindruckend. Wir alten Hasen um sie herum haben uns dann manchmal nur anerkennend zugenickt. Und unser Regisseur Jonathan Demme sagte, dass zwischen Meryl und mir die Chemie stimmte. Sonst wären wir auch keine gute Filmband geworden.
Jetzt ist der Soundtrack zum Film erschienen, natürlich mit Meryls Stimme. Sollte sie noch mal ein Album aufnehmen wollen, was würden Sie als Experte ihr raten?
Ich würde ihr nicht nur raten, das zu tun. Ich würde mich sogar anbieten, dabei mitzumachen. Wer einmal mit Meryl Streep gearbeitet hat, der weiß, dass sie eine der wenigen Künstlerinnen auf unserem Planeten ist, die offenbar von allen Talenten etwas abbekommen hat. Und was die Schnittstelle Musiker - Schauspieler angeht, sehe ich eigentlich nur David Bowie, der in beiden Metiers sehr gut war. Im Grunde genommen kommen Schauspiel und auch Musik von einem ähnlichen künstlerischen Antrieb.
„Ricki“ dreht sich auch um die Frage, wie lange man ein Leben als Rockmusiker führen kann. Sie machen das schon ein ganzes Weilchen.
Und ich will das auch gern noch ein bisschen weitermachen. Meine täglichen Übungen helfen mir, fit zu bleiben. Auf der Bühne fühle ich mich heute wohler als in meiner Jugend. Alles bestens.
Klingt gut, aber das erwartet man nicht von einem Musiker wie Ihnen. Wo bleiben da Sex & Drugs & Rock`n`Roll?
Also, mit Drogen kann ich nicht dienen. War noch nie mein Ding. Stattdessen lieber ein guter Wein. Das mit dem Rock`n`Roll geht immer noch prächtig. Auch wenn ich heute sehr gern mit meiner Akustik-Show unterwegs bin. Da schwitzt man nicht so sehr. Bleibt nur noch der Sex.
Ja, wir hören.
Auf dem Feld musste ich wirklich meine Lektionen lernen. Für mich war es in der Jugend völlig normal, dass die Mädchen, die am Abend nach einem Konzert da waren, am nächsten Morgen verschwanden. Deshalb fand ich es auch nie schlimm, wenn sich meine Freundinnen schnell wieder von mir verabschiedeten. Dass man jenseits des Bühnenlebens um eine Beziehung kämpfen muss, das habe ich erst langsam lernen müssen.