Andreas Schmied
über seine Komödie „Love Machine“
Wenn ein Callboy die Liebe entdeckt
05.02.2019
Interview:
Gunther Baumann
29.000 Besucher am ersten Wochenende: Dem Wiener Regisseur Andreas Schmied („Die Werkstürmer“) gelang mit der neuen Sex- und Liebes-Komödie „Love Machine“ der beste Kinostart eines österreichischen Films seit langem. Im FilmClicks-Interview spricht Schmied über das pikante Thema des Films, in dem Thomas Stipsits einen Callboy spielt. Es geht um Barbara Schöneberger und die anderen „Love Machine“-Stars sowie um ein wichtiges Ziel, das der Regisseur in seinem Beruf verfolgt: „Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen in meine Filme hineingehen“.´
FilmClicks: Im Zentrum Ihrer Komödie „Love Machine“ steht ein Mann, der als Callboy arbeitet. Wenn man über weibliche Prostitution spricht, geschieht dies meist im Zusammenhang mit Ausbeutung und Unterdrückung. Hier, bei einem Mann, wirkt die Sexarbeit wie eine lustige und lustvolle Beschäftigung.
Andreas Schmied: Ich verstehe „Love Machine“ nicht so sehr als Film über Prostitution, sondern eher als eine Art Erweckungsgeschichte eines Mannes, der etwas ziellos dahintreibt und der sich weder mit dem Leben noch mit den Frauen sonderlich gut auskennt. Gemeinsam mit den Schauspielern versuchte ich, die Geschichte so zu entwickeln, dass die Callboy-Story wie ein Vehikel wirkt für einen einfach denkenden Typen, der auf einmal viele lustige, komplizierte Frauen trifft. Durch die Arbeit als Callboy wird er im Grunde bereit gemacht für die Liebe seines Lebens. Wenn dieser Georgy seine Jadwiga getroffen hätte, ohne Callboy zu sein, dann wären die beiden am Ende niemals zusammengekommen.
Von den Frauen in „Love Machine“ hat keine einzige ein Problem damit, dass dieser Georgy ein Sexarbeiter ist. Seine Schwester füllt sogar so etwas wie die Rolle einer freundlichen Zuhälterin aus.
Wenn man die Geschichte liest, fragt man sich vielleicht, was ist denn da los. Ich fand diesen Aspekt dann aber sehr charmant und auch sehr zeitgerecht. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich aus einer Familie komme, in der es viele starke Frauen gibt. Da liegen die Schamgrenzen weit unten; man redet alles offen raus. Thomas Stipsits und Julia Edtmeier spielen die Bruder-Schwester-Verbindung wunderbar aus und sie sind im Kontext der Story auch total glaubhaft.
Hat es Sie verblüfft, dass diese komödiantische Sicht auf das Thema Prostitution von einer Frau, der Drehbuch-Autorin Silvia Ambrosch-Wohlmuth, stammt?
Ich muss sagen, ich war wirklich überrascht, dass das Buch zu „Love Machine“ von einer Frau geschrieben wurde. Georgy, der Mann um den es geht, steht öfters im Hintertreffen, während man durch die Geschichte einige Einblicke in verschiedene Arten der weiblichen Sexualität bekommt. Das fand ich als Mann interessant. Außerdem erfüllt Georgy ja nicht nur sexuelle Funktionen. Einmal ist er Geburtshelfer, ein andermal Begleiter für ältere Damen, und vielleicht liest er auch einmal einer kranken Dame etwas vor.
War der Kabarettist Thomas Stipsits Ihre Idealbesetzung für die Rolle des Callboys Georgy?
Nicht nur das – er war die Bedingung dafür, dass ich „Love Machine“ inszeniere. Er ist für mich der einzige komische Schauspieler in Österreich, der diese Rolle unbedrohlich, charmant, lieb und naiv spielen kann. Fast so wie Peter Sellers in „Willkommen Mr. Chance“. Außerdem kannte ich ihn bereits privat und wusste, dass er ein unglaublich toller Partner ist. Ich muss hier einwerfen, dass ich lange überlegte, ob ich „Love Machine“ überhaupt drehen möchte. Wegen der Thematik von Männern, Frauen und Sex in Zeiten von #MeToo. Da muss man vorsichtig sein. Thomas Stipsits hat mich am Set aber sehr unterstützt, zum Beispiel durch seine respektvolle und behutsame Art, die wiederum dazu beitrug, dass sich die Frauen beim Dreh wohlfühlten. Das würde ich nicht jedem Schauspieler, den ich als Callboy caste, zutrauen.
In der Callboy-Geburtshilfe-Szene bringt Thomas Stipsits quasi sein eigenes Kind mit zur Welt, denn da wird die schwangere Kundin von seiner realen Ehefrau Katharina Straßer gespielt.
(lacht) Stimmt, das habe ich noch nie so gesehen. Katharina Straßer war tatsächlich schwanger. Als wir die Szene drehten, stand sie einen Tag vor dem Mutterschutz. Das ist witzig. Es wird lustig, wenn die beiden diese Szene einmal ihrer Lotti zeigen. Sie spielen auch wunderbar zusammen – das ist eine der wenigen echten Comedy-Szenen in „Love Machine“, finde ich. Es hat wahnsinnig Spaß gemacht, das zu drehen.
Zu Beginn des Films hat Georgy ein erotisches Abenteuer mit einer Frau, die von Barbara Schöneberger gespielt wird. Wie ist denn diese Besetzung zustandegekommen?
Ich fand, diese Rolle sollte von einer Frau gespielt werden, die wie ein Gaststar wirkt und die gleich einmal den Tonfall für den ganzen Film setzt: Leicht, unverblümt und locker. Wir haben bei Barbara Schöneberger angefragt, und als sie zusagte, war ich völlig geplättet. Sie kannte meinen Film „Die Werkstürmer“ und sie sagte, sie finde meine Filme so toll. Umgekehrt finde ich sie als Moderatorin ganz toll, schon seit vielen Jahren.
War es manchmal heikel, die Sexszenen zu drehen?
Nein. Wir haben diesen Film geprobt wie ein Theaterstück. Die Sexszenen und die Intimitäten zwischen den Schauspielern waren vorher genau eingeprobt, und dadurch verlief der Dreh dann sehr lustig und entspannt. Bei so einem Film ist es wichtig, dass man nichts verlangt, was nicht vorher ausgemacht wäre.
Auch abgesehen von Barbara Schöneberger gibt es viele prominente Damen im Ensemble, zum Beispiel Adele Neuhauser. Ging das leicht, sie zu engagieren?
Adele Neuhauser war sehr gerne dabei und hat auch toll mitgeholfen, ihre Rolle zu entwickeln. Ich musste aber viele Darstellerinnen überzeugen, mitzumachen. Ein paar Schauspielerinnen haben abgesagt, als sie hörten, was „Love Machine“ für eine Story ist. Vielleicht auch deshalb, weil mir Nacktheit wichtig war, denn ich wollte keine prüde Hollywood-Version drehen. Schließlich leben wir in Österreich, in Europa, und da sieht man das ein bisschen anders. Es gibt nicht viel Nacktheit im Film, aber sie kommt dort vor, wo sie wichtig ist.
Jetzt müssen wir noch über Claudia Kottal sprechen, die Georgys große Liebe Jadwiga spielt.
Ich bin sehr stolz auf Claudia Kottal. Ich finde, sie spielt großartig – und auch sie war meine erste Wahl. Sie ist eine interessante Frau, die von Männern und von Frauen gemocht wird. Das ist bei romantischen Geschichten sehr wichtig, denn da braucht man Darsteller, auf die sich die Männer und Frauen im Publikum einigen können. Das ist übrigens das Geheimnis vieler Hollywood-Romanzen.
Welches Publikum streben Sie mit „Love Machine“ an?
Ich hoffe, ein großes. Denn ich mache Publikumsfilme. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Leute in meine Filme hineingehen.
Gibt es schon neue Filmprojekte für Sie?
Ja. Mein nächstes Projekt ist „Hals über Kopf“, eine romantische Entführungs-Komödie, zu der ich auch das Drehbuch geschrieben habe, mit Otto Jaus und Miriam Fussenegger. Wir wollen im Sommer drehen. Im Herbst stehen die Zeichen dann sehr gut für eine ORF-Stadtkomödie, die im Start-Up-Milieu und rund um die Ars Electronica in Linz spielt. Das wird ein sehr junger Film.
Nach der Komödie „Love Machine“ also zwei neue Komödien – werden Sie zum Komödien-Spezialist des österreichischen Films?
Anscheinend. Ich hoffe, ich werde ein Menschen-Spezialist. Denn in meinen Augen drehe ich keine Komödien, sondern Filme über Menschen, in denen es um unsere Stärken und unsere Schwächen geht. Wenn ich so weiterarbeite wie bisher und versuche, mit reinem Herzen Filme zu machen, dann hoffe ich, in der Rückschau einmal sagen zu können, etwas dagelassen zu haben, was man sich anschauen kann.