Travis Knight
über seinen Film „Bumblebee“
Ein Action-Kracher als emotionale Reise
20.12.2018
Interview:
Peter Beddies
Der US-Filmemacher Travis Knight gilt mit seiner Firma Laika als Erneuerer der Animations-Branche. Also als das, was das Pixar-Studio vor ein paar Jahren einmal war. Bisher wurden all seine Filme von der Kritik und von den Fans geliebt. Ob nun „Coraline“, „Die Boxtrolls“ „ParaNorman“ oder das bisherige Meisterstück „Kubo – Der tapfere Samurai“ (dafür gab es 2017 zwei Oscar-Nominierungen). Nun aber überrascht der Sohn von Nike-Gründer Phil Knight mit einem anderen Projekt. Mit „Bumblebee“ gelingt ihm die nicht mehr für möglich gehaltene Wiederbelebung der in sinnloser Action erstickten „Transformers“-Reihe. Wir haben mit Travis Knight in Berlin gesprochen.
FilmClicks: Mr. Knight, wie sind Sie als Animationsfilmer bei den Action-Krachern der „Transformers“-Reihe gelandet?
Travis Knight: Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, den Tonfall meines letzten Films „Kubo – Der tapfere Samurai“ ins „Transformers“-Universum zu übertragen. Ich antwortete: „Okay, aber ich will zurück zum Anfang der Serie, das ist meine Devise“. Im ersten Teil von „Transformers“ ging es um einen Jungen und um seine Leidenschaft oder Liebe für ein Auto. Da wollte ich wieder hin. Aber halt mit den modernen Mitteln.
Also ist „Bumblebee“ eine Coming-Of-Age-Geschichte zwischen einem 18jährigen Mädchen, gespielt von Hailee Steinfeld, und einem Haufen Metall, der die Form eines VW Käfers annehmen kann.
Wenn es denn mal ein Haufen Metall gewesen wäre
(lacht). Im Prinzip haben Sie Recht. Es geht um das Erwachsenwerden dieser jungen Dame namens Charlie. Es geht um Liebe und Vertrauen, um das Mitfühlen, wenn es dem anderen schlecht geht. Das steckt im Kern dieses Films.
Bumblebee, der VW, wirkt oft wie ein lebendiges Wesen. Er schaut manchmal wie ein Hund, der um Liebe bettelt.
Danke! Es ist gut, so etwas zu hören. Viele Szenen entstanden im Computer, und die eigentliche Herausforderung war es, wie man die Nullen und Einsen so aussehen lassen kann, dass der Zuschauer etwas für dieses Wesen empfindet. Natürlich soll man seinen Spaß haben, wenn in den Action-Sequenzen die Roboter aufeinander losgehen. Gar keine Frage. Aber ich will die Zuschauer mitnehmen auf eine emotionale Reise. Und bis wir die Gesichtsausdrücke von Bumblebee so hinbekommen haben, dass alle zufrieden waren, das hat echt gedauert.
Ein großer Teil der Wirkung Ihres Films geht von der Musik aus. Was würden die Transformers-Roboter hören, wenn sie an Musik interessiert wären? Eher Richard Wagner oder Rammstein oder Kraftwerk?
Ha, das ist eine lustige Frage
(lacht). Hm, ich glaube, es wäre dann doch Kraftwerk!
Sie haben viele Popnummern aus den Achtziger Jahren im Soundtrack. Von den Smiths über Rick Astley bis zu Steve Winwood. War es sehr teuer, die Rechte dafür zu bekommen?
Darauf dürfen Sie wetten. Ich hatte zum ersten Mal in meiner Laufbahn ein eigenes Budget für Songs. Das fand ich sehr cool.
Die Musik, die Ihre Hauptfigur Charlie hört…
...die entspricht auch meinem Musikgeschmack. Nur, dass Charlie viel cooler ist, als ich es in den Achtziger Jahren war. Aber es gibt noch etwas, das weit über meinen Musikgeschmack hinausgeht. Jede Nummer hat eine besondere Bedeutung im Film.
Zum Beispiel?
Nehmen Sie die Szene, in der Charlie ihren VW Käfer zum ersten Mal genauer betrachtet. Da läuft im Hintergrund „Higher Love“ von Steve Winwood. Es gibt Sachen, die brauchen keinen Dialog. Wenn man etwas über Musik ausdrücken kann, wird es auch so überall auf der Welt verstanden.
Den Anfang von „Bumblebee“ versteht man aber auch ohne Worte. Da geht’s actionmäßig zur Sache, als gäbe es kein Morgen.
Mit dem Unterschied, dass sich der Ton in meinem Film nach fünf Minuten drastisch ändert. Diese ersten Minuten der reinen Roboter-Schlacht auf Cybertron sind für den kleinen Jungen, den ich immer noch in mir trage. Doch einen ganzen Film in dieser Art hätte ich nicht machen wollen. Das gab es auch schon zu oft aus meiner Sicht. Ich will nichts Schlechtes gegen die Kollegen sagen, die die Teile Zwei bis Fünf von „Transformers“ zu verantworten hatten. Optisch immer eine glatte Eins. Aber hinter der grellen Action muss doch mehr sein. Habe ich mir zumindest jetzt bei meiner „Transformers“-Variante gedacht.