Monica Bellucci
über Schönheit, Filme und „On The Milky Road“
„Nicht nur junge Menschen können sexy sein“
25.09.2017
Interview:
Peter Beddies
Monica Bellucci: Die Italienerin taucht regelmäßig in den Listen der schönsten Schauspielerinnen auf. Zuletzt machte die bald 53-Jährige Schlagzeilen als ältestes Bond-Girl, das jemals dem Agenten 007 den Kopf verdrehte (in „Spectre“). In der Kriegs- und Liebes-Groteske „On The Milky Road” (ab 29. September im Kino) wird nun Regie-Exzentriker Emir Kusturica, der auch die Hauptrolle spielt, zum Objekt ihrer Begierde. Auf der Leinwand sprühen zwischen den beiden die Funken. Es war aber nicht immer leicht, die Spannung hochzuhalten, verrät Monica Bellucci im Interview. Denn Emir Kusturica kümmerte sich nicht um eng geschnürtes Termin-Korsett: Vom ersten bis zum letzten Drehtag vergingen vier Jahre.
FilmClicks: Signora Bellucci, warum sieht man Sie in den letzten Jahren so selten im Kino?
Monica Bellucci: Das hat eher wenig mit den letzten Jahren zu tun. Ich war schon immer so. Wenn mich etwas interessiert hat, dann habe ich zugesagt. Aber ich sage nicht sonderlich oft zu. Da haben Sie schon Recht. Wenn ich jedoch zusage, dann bleibe ich dabei. Selbst wenn es so ausgeht wie jetzt bei “On The Milky Road”.
Wie meinen Sie das?
Na ja, Emir Kusturica hat mir die Rolle angeboten. Die weibliche Hauptrolle in seinem neuen Film. Nachdem er sieben oder acht Jahre keinen Film gedreht hatte. Wer sagt da Nein? Als wir uns dann zum ersten Mal getroffen hatten, da hätte ich schon stutzig werden sollen. Denn er meinte, dass die Dreharbeiten bei ihm manchmal etwas länger dauern würden. Etwas länger? Letzten Endes hat er mich immer wieder zu Dreharbeiten gebeten, über vier Jahre hinweg!
Das heißt, Ihren Kurzauftritt in „Spectre“, den haben Sie zwischendurch absolviert?
Ja, ich habe immer mal wieder mit Emir reden müssen und ihm gesagt, dass ich Geld verdienen muss. Das mit Bond fand er nicht so gut. Ich glaube, tief in seinem Herzen würde er selbst gern mal einen Bond inszenieren. Aber das würde im totalen Chaos enden.
Warum haben die Dreharbeiten so lange gedauert?
Zu Beginn war das natürlich nicht absehbar. Aber Emir kommt ständig mit neuen Ideen um die Ecke. So sollte ich seine Sprache lernen, serbisch. Eine Sprache, die mir völlig unbekannt war. Also habe ich mir einen Sprachtrainer genommen und los ging’s. Aber dann gefielen Emir die Dinge nicht mehr, die ich sagen sollte, Also dachte er sich neue Dialoge aus. Die ich wieder mühsam lernen musste, Dieser Kerl ist auch nie zufrieden mit dem, was er macht. Manchmal hat er mich zur Weißglut getrieben. Aber langweilig ist es nie gewesen!
Was hat Sie an „On The Milky Road“ interessiert, einer Love Story am Rande des Jugoslawien-Kriegs? Sie spielen eine namenlose Braut, die an ihren künftigen Ehemann verkauft werden soll, dann aber mit dem Mann durchbrennt, den sie wirklich liebt.
Für mich ist diese Frau ein reines und schönes Wesen. Aber auf der anderen Seite auch gefährlich wie ein Wolf, wenn man sie oder ihre Lieben bedroht.
Haben Sie sich da ein wenig wiedererkannt?
(lacht) Nett, dass Sie das so formulieren. Ja, eine Wölfin wäre ich manchmal gern. Aber davon bin ich sicher weit entfernt. Was mich an diesem Film auch so gereizt hat, das ist die Art, wie Emir Kusturica Tiere zeigt. Dieser Film handelt vom Krieg und davon, dass die Menschen zu Tieren werden und die Tiere sich menschlich verhalten. Dieser Gedanke hat mir sehr gefallen.
Die Frau, die Sie spielen, sagt an einer Stelle im Film: „Schönheit hat mir nur Ärger in meinem Leben eingebracht.“
Ach, wissen Sie, als Schauspielerin sagt man die Sätze, die der Drehbuchautor einem schreibt. Das heißt nicht, dass sie auf einen zutreffen.
Ihre Schönheit stand Ihnen nie im Weg?
Nein, im Gegenteil. Die Schönheit ist ein Geschenk. Das sollte man annehmen und sorgsam damit umgehen. Wenn meine Schönheit andere Menschen provoziert, was sie manchmal vielleicht tut, dann ist das wirklich nicht mein Problem.
Nehmen Sie Ihr Äußeres heute, mit bald 53, anders wahr als früher?
Sollte ich das? Tut mir leid. Da müssen Sie mich in zehn Jahren nochmal fragen. Momentan fühle ich mich noch so wie vor 20 oder 30 Jahren.
In unserer Gesellschaft werden die Schönheit und eine sexy Ausstrahlung sehr gern auf die Jugend beschränkt.
Schwerer Fehler, wenn Sie mich fragen. Ganz schwerer Fehler. Sexy sein hat womit zu tun? Mit der Jugend? So ein Quatsch. Das ist ganz und gar eine Frage der Energie. Habe ich die Energie, dann kann ich sie ausstrahlen. Dann werde ich als schön und als stark wahrgenommen. Wer die Energie nicht mehr hat, der verwelkt schneller. Vielleicht klingt es brutal. Aber so erlebe ich es immer wieder.
Und diese Energie…
…über die kann ich nicht viel sagen. Die muss jeder und jede in sich spüren. Das Einzige, das mir bei diesem Thema immer wieder einfällt. Die Schönheit ist im Laufe der Jahre eine andere. Ich weiß, vorhin klang das anders. Aber ich meine folgendes: Man erlebt viel in den Jahren, in denen man lebt. Die Seele füllt sich mit immer mehr Geschichten und Erfahrungen an. Das sieht man im Laufe der Jahre immer stärker. Ein Mensch, der sein Alter akzeptiert und die Seele ein wenig nach außen tragen kann, der wird nie hässlich sein.