Monja Art
über ihren international gefeierten Film „Siebzehn“
„Wir haben 500 Jugendliche gecastet“
29.04.2017
Interview:
Matthias Greuling
Mit „Siebzehn“, ihrem ersten Spielfilm, gewann die 32-jährige Niederösterreicherin Monja Art heuer den Hauptpreis beim Nachwuchsfestival „Max-Ophüls-Preis“ in Saarbrücken. Sie schildert in ihrer sensibel umgesetzten Jugendstudie das zarte Verlangen einer 17-jährigen Schülerin (Elisabeth Wabitsch), sich einer Mitschülerin zu offenbaren: Gleichgeschlechtliche Liebe in den Wirren der Pubertät zu leben, das ist selbst in aufgeklärten Zeiten kein Spaziergang. Zugleich schildert „Siebzehn“ aber auch insgesamt die Befindlichkeit von Jugendlichen, die nach Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Gefühle suchen.
FilmClicks: Was ist die interessanteste Erkenntnis, die Sie bei den ersten Vorführungen von „Siebzehn“ bei internationalen Festivals gemacht haben?
Monja Art: Es schien, dass bei den Vorführungen gerade die jüngeren Zuschauer, die in dem Alter sind, von dem ich im Film erzähle, noch nie untabuisiert mit dem Thema Homosexualität in Berührung gekommen sind. Das hat mich sehr überrascht.
Ein vorurteilsfreies Aufwachsen ist offenbar nur Wunschdenken der Pädagogen?
Ja, das sehe ich auch so. Vielleicht wäre das in Berlin anders gewesen, aber im Saarland (beim Ophüls-Festival in Saarbrücken) war das definitiv nicht so. Immerhin fanden alle den Film sehr authentisch, das merkte ich an den spezifischen Fragen.
Wie viel Autobiografisches steckt von Ihnen in dem Film?
Eine ganze Menge, vor allem in den frühen Drehbuchfassungen. Dann brachten aber auch die Schauspieler ihre eigenen Erfahrungen mit ein. Ich trug dieselbe Schuluniform wie die Mädchen im Film und bin auch am Drehort aufgewachsen, in Lanzenkirchen in Niederösterreich. Ich glaube, dass Stoffe, die gut funktionieren, meistens einen persönlichen Bezug zum Autor haben.
Wie kann man am Set die nötige Authentizität herstellen, um einen Stoff wie „Siebzehn“ zu verfilmen?
Ich wollte nicht starr am Drehbuch kleben. Ich habe daher Möglichkeiten der Improvisation geschaffen, und auch die Dialoge an die Sprechweise meiner Darsteller angepasst. Wir haben eineinhalb Jahre lang 500 Jugendliche gecastet, und ich suchte vorzugsweise Laien, weil die natürlicher sind vor der Kamera, gerade, wenn es um junge Leute geht.
In Ihrem Team gab es einen großen Frauenanteil.
Ich würde sagen: Halbe halbe. Aber die wesentlichen Positionen wie Kamera, Schnitt, Kostüm, Maske und eben Regie waren mit Frauen besetzt. Ich kann nicht sagen, ob sich die Situation der Frauen beim Film verbessert hat. Ich weiß nur, dass es im Film-Studium die meisten Frauen in der Sparte Drehbuch gibt, von denen letztlich aber kaum jemand ankommt, denn dort gibt es hauptsächlich männliche Autoren. Ich hoffe, dass sich das ändert. Bei Fördereinreichungen für Filme muss man neuerdings auch das Geschlecht der Teammitglieder ankreuzen, das gefällt mir.
Ist Maren Ade, die Regisseurin von „Toni Erdmann“, die es bis zur Oscarnominierung gebracht hat, ein Vorbild für Sie?
Ich mochte jeden ihrer drei Filme, und aus „Toni Erdmann“ bin ich glücklich rausgeschwebt. So, wie diese Frau Filme macht, und sie auch produziert, da will ich auch hin.