Woody Allen
über „Café Society“, Hollywood und das Filmen
„Ich mache weiter, so lange ich kann“
08.11.2016
Interview:
Matthias Greuling
Woody Allen dreht auch mit 80 noch jedes Jahr einen neuen Film. Diesmal hat er sich das gute, alte Hollywood vorgenommen; die Komödie heißt „Café Society“. Der Film schwelgt in den 1930er Jahren, und ein Jungspund namens Bobby (Jesse Eisenberg) kommt in die Stadt, um Karriere zu machen. Es ist eine gute Phase für Hollywood, denn gerade bricht das Goldene Zeitalter an, werden Ikonen auf der Leinwand geboren und der Tonfilm erobert die Ateliers. Wir sprachen mit Woody Allen, dem ewigen New Yorker, über Hollywood, über schöne Frauen und über seine nie versiegende Lust, auf einen fertigen Film gleich den nächsten folgen zu lassen.
FilmClicks: Mr. Allen, wieso versuchen Sie sich in „Café Society“ an einer Geschichte über Hollywood? Ihre Abneigung für die Traumfabrik ist doch bekannt.
Woody Allen: Ich hatte eigentlich nie etwas gegen Los Angeles oder Hollywood. Es ist nur leider ein Ort, an dem ich nicht leben könnte, weil es dort nur Sonnentage gibt und man für alles ein Auto braucht. Aber in New York, da gehe ich aus meinem Apartment und bin gleich mitten im Geschehen. Und es regnet sogar und schneit.
Denken Sie manchmal ans Aufhören?
Ich kann mir schon vorstellen, keine Filme mehr zu drehen. Aber ich werde trotzdem weitermachen, so lange ich kann. Manchmal denke ich, es wäre toll, nur mehr zu schreiben, vielleicht eine Autobiografie. Aber ich fühle mich noch energiegeladen und gesund genug, ans Set zu gehen und zu inszenieren. Solange es Leute gibt, die meine Filme finanzieren, und solange ich Ideen habe, werde ich weitermachen. Aber ich weiß wohl: Ich bin jetzt 80 und könnte jederzeit tot umfallen, auch während unseres Interviews, einfach so.
„Café Society“ versammelt viele Ihrer Lebensthemen. Leiden Sie eigentlich jemals unter einer Schreibblockade?
Ich habe so ziemlich unter allem gelitten, was man sich vorstellen kann, aber eine Schreibblocklade war nie dabei. Für mich ist der Schreibprozess etwas Entspannendes. Ich liege zuhause auf meinem Bett herum, lebe meine Fantasien aus, erfinde Geschichten und Figuren. Tennessee Williams sagte einmal: Das Problem mit einem Theaterstück ist: Sobald du es fertiggeschrieben hast, musst du es auch auf die Bühne bringen, sonst wird es nicht lebendig. Das würde das Schreiben überflüssig machen. Ich mache das genau so - wenn ein Drehbuch fertig ist, muss ich ein Jahr Schreibpause machen und es verfilmen, sonst ist es ein totes Drehbuch.
Sie schwärmen für die Vergangenheit, das sieht man auch in der Machart von „Café Society“. Sind Sie ein Nostalgiker?
Ich versuche, es nicht zu sein, denn das ist eine Falle. Leute, die nostalgisch werden, leben bald nur mehr in der eigenen Vergangenheit, das wäre schlecht fürs Filmemachen. Aber wenn ich mit dem Regieführen aufhörte, dann würde ich mir den Genuss erlauben, nostalgisch zu sein und von der Vergangenheit zu schwärmen.
Sprechen wir über die Frauen. „Café Society“ ist auch eine Hommage an die Diven des alten Hollywood. Entsprechen Ihre Darstellerinnen Blake Lively und Kristen Stewart genau diesem Menschenschlag?
Kristen Stewart ist eine sehr klassische Schönheit mit dunkler Seele, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie ist wie eine der klassischen Hollywood-Schönheiten, in einer Liga mit Elizabeth Taylor oder den Filmstars der 40er und 50er Jahre. Sie ist eine tolle Frau. Sie kann das naive Mädchen spielen, das in ihren weißen Socken und dem kurzen Kleidchen aus Nebraska ankommt und sehr süß wirkt und zugleich umwerfend in Pelz und High Heels aussieht. Blake ist wie eine Aristokratin, die mehr wie Grace Kelly aussieht, sie ist groß und glamourös, sieht aus wie eine Million Dollar in ihren teuren Kostümen. Aber auch sie ist ein Landei, das damit groß wurde, Pferde zu reiten.
Für Amazon Studios haben Sie kürzlich Ihre erste TV-Serie gedreht. Wie kam das denn?
Ich dachte mir zunächst: Das ist leicht verdientes Geld! Sie fragten mich: Wollen Sie eine sechsteilige Serie drehen, pro Episode 25 Minuten lang? Ich habe zwei Jahre lang Nein gesagt, und jedes Mal wurden ihre Angebote besser, bis zu dem Tag, an dem ich dachte, ich kann mir nicht leisten, dieses lukrative Angebot abzulehnen. Ich dachte, ich mache ja andauernd Filme und das wäre ja nur Fernsehen. Aber es stellte sich als schwieriger heraus als gedacht, ich spiele ja auch noch eine der Hauptrollen. Amazon wusste Bescheid, was meine künstlerische Herangehensweise angeht. Die hatten bis kurz vor Serienstart keine Ahnung, was ich ihnen da abgeliefert habe, denn sie ließen mir völlig freie Hand. Ich hätte die Freiheit gehabt, einen Historienschinken zu drehen, oder in Schwarzweiß oder auf Französisch. Sie sagten: Machen Sie was sie wollen, und rufen Sie uns an, wenn Sie fertig sind.
Hätten Sie es sich je träumen lassen, solche Arbeitsbedingungen zu haben?
Ach Träume! Unsere Träume in der Nacht sind sowieso Blödsinn, denn sie bestehen aus abstrusen Bildern. Unsere Tagträume hingegen können gefährlich sein, dann nämlich, wenn wir nicht darauf vorbereitet sind, dass sie zerbrechen können. Meistens geht es ja schief. Aber wenn man weiß, dass man scheitern kann im Leben, ist jedes Scheitern erträglich.