Melissa McCarthy über „Spy – Susan Cooper Undercover“


„Ich habe den Film natürlich nur wegen der Action gemacht!“

31.05.2015
Interview:  Anna Wollner

Von der Stand Up Comedy zum Hollywood-Ruhm: Melissa McCarthy © 2015 20th CenturyFox

90 – 60 – 90 oder zumindest Size Zero: Das sind die Traum-Maße und Grundvorrausetzungen, um als Frau in Hollywood Karriere zu machen. Es gibt aber eine Komödiantin, die rollt das Feld von hinten auf. Trotz Übergröße. Melissa McCarthy, ab 4. Juni mit der Agenten-Komödie „Spy – Susan Cooper Undercover“ im Kino, gilt – spätestens seit ihrem Auftritt in „Brautalarm“ - als neue Comedy-Queen der Filmwelt. FilmClicks traf sie zum Interview in Berlin.


Melissa McCarthy als Agentin in „Spy – Susan Cooper Undercover“ © 2015 20th Century Fox

FilmClicks: Mrs. McCarthy, in „Spy – Susan Cooper Undercover“ spielen Sie eine Art weiblichen James Bond. Geht damit für Sie ein Kindheitstraum in Erfüllung?

Melissa McCarthy: Unbedingt. Ich liebe diese Art von Filmen. Thriller, Spionage-Geschichten, das Genre an sich. Ich habe den Film natürlich nur wegen der Action gemacht.
 
Action ist für Sie filmisches Neuland. Ganz doof gefragt – wie war‘s?
Ganz ehrlich? Schmerzhaft. Ich hatte Prellungen und Muskelschmerzen an Stellen, von denen ich noch nicht mal wusste, dass sie überhaupt weh tun können. Aber komischerweise hat es trotzdem jede Menge Spaß gemacht. Keine Ahnung, was das jetzt über mich sagt. Selbst wenn ich mich nicht mehr bewegen konnte, wollte ich unbedingt weitermachen. Der Sieg über meinen inneren Schweinehund überwog den Schmerz.
 
Abgesehen von der Action – worin liegt der Reiz der Rolle der Geheimagentin Susan Cooper?
Sie ist ein Jedermann. Jeder hat sich doch schon mal unterbewertet gefühlt im Leben, verkannt und unterschätzt. Ich mag den Gedanken, dass es jemanden gibt, der gut ausgebildet und intelligent ist, aber einfach nicht das Selbstvertrauen hat, das alles auch zu zeigen.  Susan Cooper identifiziert sich über das, was die anderen auf sie projizieren. Obwohl „Spy“ ein lustiger Spionage-Actionfilm ist, gibt es auch diesen ernsten Ansatz. Susan muss sich im Laufe des Films erst selbst einmal finden - egal was die anderen sagen.

„Spy“-Premiere: Melissa McCarthy mit Filmpartner Jason Statham (li.) und Regisseur Paul Feig © 2015 20th Century Fox

Kennen Sie dieses Gefühl, unterschätzt zu werden?
Wer kennt das nicht? Lassen Sie mich ein Beispiel erzählen. Ich habe vor Jahren mal für eine klitzekleine Rolle vorgesprochen, ich sollte einfach nur eine Nachbarin spielen. Ich habe die Rolle nicht bekommen. Mit der merkwürdigsten Begründung, die Sie sich denken können. Die Caster meinten allen Ernstes zu mir: „Nein, du wirkst einfach nicht wie eine Nachbarin. Du hast nicht das Zeug dazu, eine ganz normale Nachbarin zu spielen.“ Ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Ich bin doch selbst eine Nachbarin, neben mir wohnen Leute. Aber das zeigt einfach, wie verrückt es in Hollywood zugeht. Irgendjemand kommt dahergelaufen, will dir sagen, wer du bist und vorschreiben, was du kannst und was nicht. Dieses Schubladendenken gibt den Studio-Leuten Sicherheit. Die Welt ist für sie so in Ordnung.
 
Wie war es denn zu Beginn Ihrer Karriere? Hatten Sie es schwer, einen eigenen Platz in der Filmwelt zu finden?
Ich zog mit 20 nach New York und dachte, ich mach die Uni irgendwann fertig und werde dann Verkäuferin. Aber schon am zweiten Abend zwang mich eine Freundin, Stand Up Comedy auszuprobieren. Ich habe dann meine Eltern angerufen und nur gemeint: Ratet mal, wer nicht zurück aufs College geht. Ich hatte dann neun Jahre lang drei Jobs auf einmal, habe parallel noch zwei Stücke auf die Bühne gebracht und mir selbst eine Deadline gesetzt: Wenn ich mit 30 noch immer nicht davon leben kann, höre ich auf und werde Produzentin. Zwei Wochen vor meinem 30. Geburtstag bekam ich die Rolle in der TV-Serie „Gilmore Girls“. Das war das erste Mal, dass ich wirklich das Gefühl hatte, ich bin Schauspielerin und versuche es nicht nur.
 
Und seitdem geht es bergauf: Seit dem Erfolg von „Brautalarm“ im Jahr 2011 gelten Sie in Hollywood als Humor-Geheimwaffe, oder?
„Brautalarm“ war für mich tatsächlich eine Art Türöffner, eine Art magisches Portal, das mir Rollen zugänglich machte, die ich nie für denkbar gehalten hätte. Zusätzlich kann ich jetzt auch das, was ich mache, kontrollieren. Das ist eine Art Heiliger Gral für Schauspieler: Nicht einfach alles annehmen zu müssen, weil man den Job braucht, sondern entscheiden zu können. Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Ich habe auf einmal in meiner Figurenentwicklung ein Mitspracherecht, kann selbst entscheiden, wie ich die Frauen darstellen möchte.

Ihre wichtigste Rolle: Melissa McCarthy in „Brautalarm“ © Universal

Geht gerade für Frauen ein Ruck durch Hollywood?
Eher ein Rückchen. Es verändert sich langsam. Am Ende geht es doch wieder nur ums Geld. Wenn ein Film mit unglaublich langweiligen Frauen ein Erfolg an der Kinokasse ist, dann heißt es, Mensch, exakt das wollen die Leute sehen. Mit „Brautalarm“ haben wir genau das Gegenteil gemacht. Ich hoffe einfach nur, dass die Zuschauer offener werden. Die letzten Filme die ich gesehen habe, taten echt weh. Zumindest was die Frauenfiguren angeht. Ich frage mich immer, warum Frauen das mit sich machen lassen.
 
Immerhin beginnen Sie in drei Wochen mit den Dreharbeiten für den neuen „Ghostbusters“-Film. Mit Frauen als Geisterjägerinnen!
Das ist Wahnsinn, oder? Wir machen ein Reboot, denn das Original wird so geliebt, das fassen wir nicht an. Der Film ist aus den Achtzigern. Solche Filme kann man heute nicht mehr drehen. Regisseur Paul Feig, der auch „Spy – Susan Cooper Undercover“ inszenierte, wird es ein bisschen gruseliger machen.
 
Wie bereiten Sie sich auf „Ghostbusters“ vor?
Ich habe meinen beiden Töchtern gerade den Originalfilm zum ersten Mal gezeigt. Sie dachten die ganze Zeit, ich werde einen Geist spielen. Ich musste sie aufklären, dass ich natürlich eine Gespensterjägerin sein werde. Trotzdem kam die Frage: Wirst du der schleimige Geist sein? Als Geist hätte ich bei meinen Kindern definitiv mehr gepunktet.
 



Kritik
Spy - Susan Cooper Undercover
Die wuchtige Komödiantin Melissa McCarthy spielt in „Spy – Susan Cooper Undercover“ eine FBI-Agentin, die erstmals das Büro verlassen darf und in den Außendienst versetzt wird. Dort lauern viele Gefahren und viele witzige, wenngleich oft ordinäre, Pointen.  Mehr...