Marine Vacth


„Ich lasse alles auf mich zukommen“

27.11.2013
Interview:  Matthias Greuling

„Jung & Schön“: Hauptdarstellerin Marine Vacth mit Regisseur François Ozon © Filmladen

Marine Vacth ist 23 und ein absoluter Newcomer in der Welt des Films. Bislang arbeitete die hübsche Pariserin als Model für die großen Fashion-Magazine, doch jetzt strebt sie eine ernstzunehmende Filmkarriere an: Niemand geringerer als Starregisseur François Ozon hat sie  für sein Kinodrama  „Jung & Schön“ verpflichtet, in dem sie eine kontroversielle Rolle spielt: Einen Teenager, der sich freiwillig prostituiert. Wir sprachen Anfang November mit Marine Vacth bei ihrem Wien-Besuch anlässlich der Viennale.


FilmClicks: War es für Sie schwer, die vielen Nacktszenen in „Jung & Schön“ zu spielen?
MARINE VACTH: Nein, vor den Nacktszenen hatte ich eigentlich gar keine Angst. Wovor ich mich eher fürchtete, war, dass ich den ganzen Film alleine zu tragen hatte. Ich zweifelte daran, ob ich die ganze Zeit der Dreharbeiten über in der Rolle funktionieren würde, nicht nur auf den fertigen Film bezogen. Die Angst und die Zweifel waren groß, weil ich zum Zeitpunkt des Drehs ja kaum Erfahrung als Schauspielerin hatte und nach wie vor wenig über diesen Beruf weiß. François Ozon ist zum Glück ein sehr talentierter Schauspieler-Regisseur, der genau versteht, was in einem vorgeht, wenn man vor einer Kamera steht.

Sie kommen ja aus dem Model-Business und „Jung & Schön“ ist erst ihre zweite Filmrolle. Beides Traumjobs für Sie? Oder gibt es Schattenseiten?
In beiden Jobs muss man sich selbst in gewisser Weise in eine Auslage stellen, und das ist nicht immer angenehm. Ich persönlich hatte nie die Lust verspürt, zu Modeln oder zu Schauspielern. Beide Dinge sind mir eher passiert, ohne mein Zutun. Für das Modeln hat man mich in einem H&M-Geschäft entdeckt, als ich 15 war. Ich habe das alles auf mich zukommen lassen, anstatt eine fixe Idee von der Karriere zu haben. Was beim Model-Job allerdings nicht so hart ist wie beim Film, ist die Promotion-Arbeit rundherum. Das ist für mich eine Erfahrung, die einfach auch Energie kostet und sehr, sehr anstrengend ist.

„Man muss sich in eine Auslage stellen“: Marine Vacth in „Jung & Schön“ © Filmladen

Inwieweit können Sie sich mit Ihrer Rolle in „Jung & Schön“ identifizieren? Mit einer jungen Frau, die Prostituierte wird, um sexuelle Erfahrungen zu sammeln?
Meine Figur Isabelle setzt sich selbst freiwillig heftigen Umständen aus. Sie ist mit 17 viel reifer als Gleichaltrige. Sie ist sich um ihre Wirkung auf Männer bewusst und will das gezielt einsetzen. Sie will experimentieren und wählt diesen ungewöhnlichen Weg. François Ozon wollte kein moralisches Urteil über Isabelle fällen, wollte nicht, dass man sie gut oder schlecht findet. Er wollte ihr einfach nur zusehen bei ihrer Entwicklung und sie ein Stück ihres Weges begleiten. Deshalb habe auch ich in der Vorbereitung und während des Drehs keinerlei Urteil über sie gefällt, sondern ging so pragmatisch wie möglich vor. Wenn ich voreingenommen gewesen wäre, hätte man mir die Rolle vermutlich nicht abgenommen.

Niemand inszeniert Frauen mit einer solchen Lust wie François Ozon. Ist Ozon ein Frauenversteher?
Das kann ich nicht wirklich sagen. Aber ich finde, er kann sehr authentische Porträts von Frauen entwerfen. Ozon sagt selbst, dass das deshalb passiert, weil er als Mann seinem eigenen Geschlecht näher steht. Daher arbeitet er lieber mit Frauen, weil er an ihnen Neues entdecken kann.

Marine Vacth mit FilmClicks-Redakteur Matthias Greuling © Katharina Sartena

Was haben Sie als nächstes vor?
Noch ist nichts geplant, denn zuerst möchte ich mich meinem Baby widmen, das im nächsten Frühjahr zur Welt kommt!



Kritik
Jung & Schön
Der französische Regisseur Francois Ozon erzählt in „Jung & Schön“ die Geschichte einer attraktiven 17-Jährigen (eindrucksvoll: Newcomerin Marine Vacth), die ihre Sexualität nicht zum Lustgewinn, sondern – als Callgirl – zum Geldverdienen einsetzt. Mehr...