Matt Damon


„Science Fiction? Man sagt ,Es war einmal' und meint die Gegenwart!"

14.08.2013
Interview:  Anna Wollner

Matt Damon mit Metall-Anzug in "Elysium": Der Dreh hat sein Verhältnis zu Schraubenziehern verändert © Sony Pictures

Berlin kennt Matt Damon mittlerweile wie seine Westentasche. Hat er hier doch Anfang des Jahres  mit George Clooney „The Monuments Men  gedreht und dem Winter getrotzt. Zum Interview für „Elysium" (Kinostart: 15. 8.) im trendigen Berliner Soho Haus kommt er jetzt ganz leger in Jeans, Pullover und randloser Brille. So, als wollte er das landläufige Matt-Damon-Vorurteil bestätigen, er sei der Langweiler unter den Hollywood-Stars. Skandalfrei, mit einem wirklich privaten Privatleben und sorgsamer Rollenwahl. Aber, und da überrascht er dann doch: Matt Damon ist auch einer der wenigen, die wirklich etwas zu sagen haben. Egal, ob es um Zukunfts-Visionen geht, um die Botschaft des gleichermaßen spannenden wie politischen Films „Elysium" oder um seine Ausflüge ins amerikanische Fernsehen.


FilmClicks: Mr. Damon, in „Elysium“ spielen Sie einen kämpferischen Underdog, der ein Luxus-Ghetto der Superreichen im Weltraum aufmischen will. Was hat Sie an diesem Science-Fiction-Film gereizt?
Matt Damon: Ich wollte mit Regisseur Neill Blomkamp arbeiten. Ich habe ihn regelrecht verfolgt. Nach seinem sensationellen Debüt mit dem SciFi-Thriller „District 9“ wollte ich ihn unbedingt kennenlernen. Auf einmal bekam ich einen Anruf, er plane einen neuen Film und wolle sich mit mir treffen. Neill erzählte mir von seinen Bedenken, „Elysium“ sei womöglich nicht Hollywood-tauglich. Er hatte wohl gehofft, ich würde dem Film den fehlenden Glanz verleihen. Dabei lebe ich ja selber gar nicht in Hollywood, sondern in New York. Er hat mir dann erste Entwürfe zu „Elysium“ gezeigt, die Graphic Novel. Selbst die ersten Designs für den Anzug von Max, meiner Filmfigur,  waren schon fertig. Ich habe schnell verstanden, in welche Richtung Neil mit dem Film wollte, und war begeistert.
 
„Elysium“ schildert eine Gesellschaft, in der sich die Oberen Zehntausend auch räumlich komplett von den arbeitenden Massen getrennt haben. Ist das eine realistische Zukunftsvision?
Nicht von der Zukunft – von heute. Alle großen Science-Fiction-Filme sind doch Metaphern auf die Zeit, in der sie entstehen. Man sagt einfach, „Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxie“ und schon kann man über die galaktische Republik und die Rebellen reden. Eigentlich ist es ein Film über den Vietnamkrieg. Aber wegen des „Es war einmal“-Satzes denken die Leute, es sei „Star Wars“.
 
Matt Damon und Regisseur Neill Blomkamp bei den Dreharbeiten © Sony Pictures


Ist „Elysium“ eine Metapher für die amerikanische Einwanderungspolitik?
„Elysium“-Regisseur Neill Blomkamp ist in Südafrika aufgewachsen und mit 18 nach Kanada ausgewandert. Er sagt, dass er diese Erfahrung nie wirklich überwunden habe: Von der dritten in die erste Welt zu kommen und all die Kontraste zu sehen. Alles, was er jetzt tut, ist eine kreative Auseinandersetzung mit dieser einschneidenden Erfahrung. Und da er Science-Fiction liebt, zeigt er es auf diese Art und Weise. Das Refugium der Reichen in „Elysium“ ist die ultimative Gated Community.
 
Ihre Rolle ist sehr körperlich. Wie unbequem war Ihr Kampfanzug?
Ich dachte zunächst, das würde schlimmer. Aber die Special-Effects Leute der Firma Weta aus Neuseeland haben ganze Arbeit geleistet. Die kennen sich mit so was aus, die machen ja auch regelmäßig die Special Effects für Peter Jackson.  Als ich den Anzug zum ersten Mal anhatte, wog er nur knapp 13 Kilo. Über den ganzen Körper verteilt geht das eigentlich. Ich konnte mich frei bewegen, hatte totale Mobilität. Ich habe mich teilweise gefühlt wie ein Nascar-Rennauto. Dauernd kam die Boxen-Crew, vier Leute, die irgendwelche Sachen an mir festgezogen haben. Immer, wenn irgendwas gebrochen ist, kam sofort jemand und hat an mir rumgeschraubt.
 
Sie mussten in Ihrer Karriere immer wieder Muskeln aufbauen und wieder verlieren. Wie sehr genießen Sie den körperlichen Teil Ihres Berufs?
Das Zunehmen macht immer Spaß. Das ist einfach. Aber das Gewichtverlieren ist schwer. Ich rede mir dann ein, dass ich genau dafür bezahlt werde. Ich hasse Diäten. Ich würde meinen Job auch umsonst machen, aber die Diäten lasse ich mir teuer bezahlen.
 
Viele Ihrer Freunde und Kollegen sind mittlerweile ins Regie-Fach gewechselt. Wie sieht es da mit Ihren Ambitionen aus?
Ich wollte eigentlich schon bei „Promised Land“ Regie führen. Es hat aber aus terminlichen Gründen nicht geklappt.
 
Dafür machen Sie immer wieder Fernsehen. Kürzlich waren Sie in der Serie „House of Lies“ zu sehen. Als Sie selbst. Eine Rolle, um Ihr „Good-Guy-Image“ zu brechen?
Ich war letzten Sommer in Los Angeles und habe „Behind the Candelabra“ gedreht, Steven Soderberghs Film über den Entertainer Liberace. Don Cheadle, ein alter Freund, war zum Essen bei uns. Nachdem wir zu viel Wein getrunken hatten, kam uns die Idee für meinen Auftritt.  Die schlimmste Version von Matt Damon, die man sich nur vorstellen kann: narzistisch, selbstsüchtig, ein richtiges Arschloch eben. Komischerweise ist unsere Idee bei den Drehbuchautoren gut angekommen.
 
Glauben Sie, dass es im Fernsehen heutzutage mehr Freiheiten gibt als im Kino?
Im US-Fernsehen finden im Moment einfach die spannenderen Sachen statt. Bei „Behind the Candelabra“ waren wir froh, dass sich mit dem TV-Sender HBO überhaupt jemand gefunden hat, der den Film produzieren wollte. In Österreich und Deutschland wird der Film ja auf der großen Leinwand zu sehen sein - in Amerika nicht. Dort gibt es gerade eine Verschiebung zugunsten des Fernsehens. Der Hintergrund: Mit den hohen Budgets, die für große Kinofilme ausgegeben werden, wollen die Produzenten einfach ein möglichst großes Publikum erreichen. Das heißt aber, dass sie alles Doppeldeutige rausschneiden müssen, um einen gut verdaulichen Film für eine große Zuschauerzahl zu machen. Auch für mich als Schauspieler wird es da immer schwerer, Projekte zu finden, die mich reizen.
 
Früher stand das Fernsehen immer hinter dem Kino. Was ist passiert, dass es auf einmal wieder so „In“ ist?
Es gab in den USA einfach viele gute Serien. „The Wire“, The Sopranos“ oder „Breaking Bad“ zum Beispiel. Einer meiner Lieblings-Kinofilme ist Sydney Lumets Thriller „Hundstage“ aus dem Jahr 1975. Al Pacino spielt einen Typen, der eine Bank überfällt, um die Geschlechtsumwandlung für seinen Freund bezahlen zu können. Wenn man so eine Story heute für einen Kinofilm anbieten würde, dann würde man ausgelacht. Aber im Fernsehen könnte es funktionieren. Für Leute wie mich, die Filme im Stile der Siebziger machen wollen, ist das Fernsehen heute die bessere Alternative.
 
Dennoch: Es gibt bisher nur wenige A-List Schauspieler mit eigener Fernsehserie.
Ja, das stimmt. Aber das wird sich ändern. Es ist heutzutage unheimlich schwer, gute Rollen zu finden. „Elysium“ war seit langem mal wieder ein großer Big-Budget-Film, den ich interessant und einzigartig fand, der nicht auf einem Comicbuch basierte oder eine Fortsetzung war. Es ist eine originelle Geschichte von einem jungen Regisseur. Wenn ich weiterhin solche Rollen bekomme, bleibe ich dem Kino treu.
 
Im Winter haben Sie ein paar Monate in Deutschland verbracht und mit Goerge Clooney „The Monuments Men“ gedreht. Wie steht es um ihre Deutschkenntnisse?
Ganz schlecht. Obwohl ich oft in Deutschland bin – aber gerade bei Dreharbeiten lebt man immer in einer Blase. In erster Linie geht es darum zu arbeiten und Geld zu verbrennen und nicht um die Sprache des Landes zu lernen. Leider.
 
Wie waren die Dreharbeiten in Deutschland?
Hören Sie mir auf. Das Wetter. Dieser Winter war unglaublich. Selbst im Frühling herrschte noch Winter. George musste ein paar Sachen umschmeißen. Eigentlich sollte eine Szene nach Frühling in Paris aussehen, aber es hat ohne Ende geschneit.





Kritik
Elysium
Im Jahr 2154 lebt die Menschheit in einer strikt zweigeteilten Welt. Die Reichen haben sich in die riesige Raumstation „Elysium“, ihre Insel der Seligen, verabschiedet. Alle anderen vegetieren auf der Erde dahin, die zum Slum verkommen ist. Mehr...