Colin Firth über „Kingsman“ und seinen Wechsel ins Action-Fach


„Aus einem faulen Schauspieler in einen Athleten verwandelt“

12.03.2015
Interview:  Anna Wollner

Und Action! Colin Firth zieht einem Gegner in „Kingsman – The Secret Service“ die Ohren lang © 2015 20th CenturyFox

Als Langweiler Marc Darcy schaffte es Colin Firth nur mit Mühe, die pummelige „Bridget Jones“ zu betören. Als stotternder König Georg VI. verzauberte er die Oscar-Jury – und wurde in „The King’s Speech“ zum Schauspieler des Jahres gewählt. Für die Thriller-Komödie  „Kingsman – The Secret Service“ begibt sich Firth jetzt erstmals so richtig ins Action-Fach. Stets edel gekleidet, nimmt er es mit gefinkelten Schurken und üblen Schlägern auf. Im FilmClicks-Gespräch erzählt der Engländer über die vielen Facetten seines Schaffens.


Gut gerüstet gegen Regen und andere Gefahren: Colin Firth als Agent Harry Hart © 2015 20th Century Fox

FilmClicks: Mr. Firth, Sie sind jetzt 54 und spielen in „Kingsman – The Secret Service“ eine große Action-Rolle. Wie kam denn das zustande?

Colin Firth: Mit über 50 hatte ich echt Glück, dass ich überhaupt noch mal so eine Chance bekomme und fast dazu gezwungen wurde. Als ich für „Kingsman“ zugesagt hatte, kam ich aus der Nummer nicht mehr raus. Als der Dreh dann endlich vorbei war, wusste ich selbst nicht, warum ich so lange für einen Actionfilm  gebraucht habe. Ich habe das Gefühl, Jahre verschwendet zu haben, in denen ich solche Rollen hätte genießen können.
 
Fiel Ihnen der Wechsel ins Action-Metier leicht?
Nein, es war nicht einfach. Ich musste mich von einem faulen Schauspieler in einen Athleten verwandeln. Wir haben mit Damian Walters gearbeitet, einem berühmten Olympioniken, und mit einem sechsfachen Thai-Box-Weltmeister, der sogar Jacki Chans Trainer besiegt hat. Bei mir waren es drei Stunden Training am Tag, sechs Monate lang. Wenn ich zwei Jahre Zeit gehabt hätte, dann hätte ich zwei Jahre lang trainiert.
 
In den Neunzigern waren Sie auf romantische Komödien abonniert, später sind Sie ins Charakterfach gewechselt. Sind Sie froh, endlich Ihr Image als Mister Darcy aus „Bridget Jones“ los zu sein?
Das alles ist einfach Kino. Ich habe über die Jahre echt viele Sachen gemacht. Viel Durchschnittliches. Ab und zu hatte ich Glück. Aber das hat jeder, der konsequent arbeitet. Ich nehme einfach Rollen an - der Werdegang eines Films ist dann selbst für mich oft eine Überraschung. Sowohl positiv als auch negativ.
 
In „Kingsman – The Secret Service“ spielen Sie jetzt einen englischen Geheimagenten. Ist Ihr Harry Hart der bessere James Bond?
Das würde ich nicht sagen. Es gibt ja schon bei Bond viele Unterschiede. Bond an sich ist kein ausdefinierter Begriff. Allein die Bonds von Roger Moore und Daniel Craig könnten unterschiedlicher kaum sein. Genauso wie jene von David Niven und Sean Connery. Harry Hart ist definitiv kein Bond.
 
Warum nicht?
Harry ist einfach nur ein Mysterium. Die einfachste Antwort wäre natürlich: wir wissen nichts, aber auch rein gar nichts über Harrys Sexleben. Aber wir wissen fast alles über Bonds Sexleben. Das ist ein sehr großer Unterschied. Bond hat in jedem Film Sex. In Harrys Leben ist das ein grauer Fleck
 
Eigentlich schade, oder?
Nicht für mich. Dieses Nicht-Greifbare von Harry ist doch super. Ich tauche einfach irgendwann auf. In der Einstellung, in der Harrys Schüler Eggsy aus der Polizeiwache kommt – viele merken gar nicht, dass es eine einzige Einstellung ohne Schnitt ist – da bekommt der Polizist den Anruf, geht rein, die Kamera läuft immer noch, Eggsy kommt wieder raus und auf einmal stehe ich da, wo vorher noch der Polizist stand. Ohne Schnitt. Als sei ich aus dem Nichts einfach so aufgetaucht. Beim Dreh musste ich natürlich zusehen, dass ich da schnell hinkomme, solange die Kamera in eine andere Richtung filmte. Aber Harry ist auf einmal da. Und als er auf einmal wieder verschwindet, geht es direkt in den Pub. Eggsy guckt hoch, als sei ihm schon wieder ein Geist erschienen. Regisseur Matthew Vaughn wollte den Agenten Hart eben ein bisschen wie Obi Wan Kenobi in „Star Wars“ inszenieren, ihn wie eine Erscheinung auftauchen und wieder verschwinden lassen.
 
Sie verstecken sich als Harry Hart hinter Ihrem feinen Anzug und guten Manieren. Typisch britisch?
Was bleibt mir als Engländer anderes übrig? Das ist an sich ja  ein gutes Versteck. Der Ursprung liegt wohl in unserem stereotypen, britischen Ruf. Wenn das gängige Vorurteil über dein Land wild, stürmisch, ausdrucksstark und kostspielig ist, macht es – filmmythologisch gesehen – überhaupt keinen Sinn, geheimniskrämerisch zu arbeiten. Aber ein schmunzelnder, englischer Gentleman, der nichts von sich preisgibt: Da fängt einfach jeder an sich zu wundern, was sich hinter dieser Maske verbirgt.



Kritik
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