Chris Pratt
über „Jurassic World“, Dinos und „Indiana Jones“
Der Dino-Flüsterer
11.06.2015
Interview:
Anna Wollner
Hollywood hat einen neuen Lieblingsstar. Chris Pratt. Nach dem Überraschungserfolg der Sci-Fi-Komödie „Guardians of the Galaxy“ im letzten Jahr darf Pratt jetzt erneut einen Mega-Blockbuster fast im Alleingang tragen: „Jurassic World“. Im aktuellen Saurier-Reißer bändelt er in einer Mischung aus Indiana Jones und Raptoren-Bändiger mit den Dinos an (und mit seiner Filmpartnerin Bryce Dallas Howard). FilmClicks-Redakteurin Anna Wollner traf den bodenständigen Star zum Interview – und wurde überrascht. Denn der 35-Jährige aus Minnesota spricht Deutsch.
Filmclicks: Chris Pratt, wollen wir das Interview auf Deutsch führen?
Chris Pratt: So gut ist es nicht. Also vielleicht du kannst auf Englisch fragen und wenn ich es kann, wie ich kann, ich beantworten auf Deutsch.
Probieren wir es mal. Worin liegt die Faszination von Dinosauriern?
Sie seid so klein. Vor 65 Millionen Jahren Dinosaurier sind ziemlich gefährlich. Aber wir wissen, Dinosaurier gewohnt hier on Earth. Das ist unglaublich.
Pratt lacht über sein Deutsch und seine Aussprache. Dann bittet er darum, doch in seiner Muttersprache weitermachen zu dürfen.
Was war der Moment, in dem Sie in „Jurassic World“ Ihre Figur des Rangers Owen Grady voll und ganz verinnerlicht haben?
In meiner Eröffnungsszene. Ich arbeite da mit den Raptoren zusammen, versuche sie zu dressieren und ihre Bewegungen zu kontrollieren. Ich habe unglaublich viel für diese Szene recherchiert, wollte einfach gut vorbereitet sein. Ich habe mit Tiertrainern gesprochen, wilde Tiere in Gefangenschaft beobachtet. Bären, Tiger, Löwen. Ich wollte wissen, wie man sich in deren Umgebung verhält. Immerhin sind das alles Tiere, die dich töten können.
Dabei sind die Raptoren im Film doch animiert!
Trotzdem. Ich wollte es möglichst echt umsetzen – wie wäre es, wenn die Dinosaurier real wären? Sie sind ja hochintelligent, zumindest, wenn wir den ersten „Jurassic“-Filmen Glauben schenken dürfen. So intelligent wie zum Beispiel ein Delfin. Was würde ich tun, um diese Tiere zu trainieren? Ich habe mit einem Klicker, den ich immer drücke, meine ganz eigene Technik entwickelt. Ab dem Moment wusste ich, jetzt bin ich professioneller Dinosaurier-Bändiger.
Konnten Sie da auf persönliche Erfahrungen mit realen Tieren zurückgreifen?
Nicht wirklich. Wir haben zwar einen Hund, und wenn der ein Raptor wäre, hätte er schon längst alle um sich rum getötet. Zum Glück ist es aber nur ein Mops. Seine Angriffe gegen die Menschheit beschränken sich daher also darauf, unsere Gardinen vollzupinkeln.
Wie schwer war es in den Szenen mit den Dinosauriern, ins Leere zu spielen?
Das ist schon schwer. Zumal in der Filmgeschichte schon echt viele Leute daran gescheitert sind. Es gibt da ein paar Tricks. In Totalen zum Beispiel ist der Schauspieler oft alleine, der Dinosaurier oder das Alien oder wer auch immer wird erst nachträglich reingesetzt. Bei Nahaufnahmen spiele ich gegen einen anderen Schauspieler. Wenn ich dem Raptor also sage, er soll sich beruhigen, reagiere ich direkt auf einen Schauspieler, der mir gegenüber steht. Immer, wenn es bedeutungsschwanger wird, habe ich jemanden, den ich anspielen kann. Immerhin muss ich eine emotionale Beziehung zu einem Dinosaurier aufbauen.
War das die größte Herausforderung?
Nein. Ganz ehrlich, Sie werden jetzt lachen, aber weil ich für den Film so durchtrainiert war, durfte ich kein Bier trinken. Ich bin schon bei „Guardians of the Galaxy“ auf Bier-Diät gesetzt worden. Mit die schlimmste Erfahrung meines Lebens.
Warum?
Jetzt, wo ich es wieder trinken darf, schmeckt es mir nicht mehr. Stellen Sie sich das mal vor: Ich habe meinen Geschmack für Bier verloren – und er ist immer noch nicht zurück. Manchmal trinke ich ein paar Bier, nur um betrunken zu werden. Aber mein Körper scheint das einfach nicht mehr zu mögen. Ich muss ihn echt austricksen. Das ist wie mit Zigaretten. Die erste Zigarette ist echt eklig, „what the fuck“ – das ist echt widerlich. Aber du machst einfach weiter. Und irgendwann hat sich dein Körper dran gewöhnt.
Lassen Sie uns kurz ernst werden. Es scheint, als seien Sie in den letzten Jahren wie aus dem Nichts auf die Kinoleinwand gekommen. Wo waren Sie all die Jahre?
Ich war da, nur wusste Hollywood das noch nicht. Meine Karriere war ein sehr langer Weg mit vielen Umwegen, Fortschritten und Rückschlägen.
Wann kam der Stein ins Rollen?
Das war wohl ein Kameratest für einen Film von „Besser geht’s nicht“-Regisseur James L. Brooks. Mein Agent rief mich an und meinte nur: „Wow, Jim Brooks glaubt, du seist gut genug für ein Vorsprechen.“ Natürlich war ich dann enttäuscht, dass ich die Rolle nicht bekam.
Eine verpasste Chance?
Nein, denn wenn ich in dem Film, der dann mittelmäßig wurde, mitgespielt hätte, hätte ich andere Sachen verpasst. Der gleiche Caster hat auch „Moneyball – Die Kunst zu gewinnen“ besetzt. Sie wollten mich für diesen Baseball-Film unbedingt haben. Ich habe vorgesprochen und mich nicht so schlecht angestellt. Aber ich war einfach zu dick. Sie haben mich gefragt, ob ich abnehmen kann. Ich musste schmaler als Brad Pitt sein, war zu dem Zeitpunkt aber das Dreifache von ihm. Also habe ich abgenommen, war gleichzeitig aber total sauer auf mich, weil ich mich für meine TV-Serie „Parks and Recreation“ habe gehen lassen. Ich habe über Wochen jeden Tag bei der Casting-Agentin nachgefragt, ob die Rolle noch zu haben sei. Ich habe denen dann ein Bild von mir in Dünn geschickt und sie waren echt von den Socken. Sie haben mir die Rolle gegeben - und auf einmal spielte ich neben Brad Pitt.
Dann kam Kathryn Bigelows Thriller „Zero Dark Thirty“ über die Jagd nach Osama Bin Laden...
Das wurde auch so ein Wendepunkt. Auf einmal war ich der Bad-Ass, der Türen eintreten und glaubhaft einen Elite-Soldaten darstellen konnte. Zwischen „Parks and Recreation“ und „Zero Dark Thirty“ lagen Welten. Die Leute um mich rum haben mich am Anfang ausgelacht. Der Typ soll unser Land verteidigen? Als sie den Film dann aber gesehen haben, waren sie baff. Da wurde mir klar, dass ich auch ein Action-Schauspieler werden könnte. Aber ich wollte die Comedy nicht aufgeben und habe versucht, beides zu verbinden. Das Ergebnis: „Guardians of the Galaxy“.
Und inzwischen gelten Sie – zumindest im Internet – als die Idealbesetzung für den neuen Indiana Jones!
Steven Spielberg und ich haben nie über Indiana Jones gesprochen. Ich habe keine Ahnung, ob er über die ganzen Spekulationen im Bilde ist. Eigentlich müsste er es aber. Ich bin es zumindest, denn mittlerweile fragt echt fast jeder. Wenn Spielberg daran Interesse hat, wird er es wohl irgendwann mal zur Sprache bringen. Bisher hat er es aber nicht getan.
Würden Sie die Rolle denn annehmen?
Naja, ich beherzige ein paar Regeln: 1. Vergleiche dich nie mit anderen. 2. Lass dich niemals von Enthusiasmus blenden. Egal, wie aufregend das Projekt ist, nähere dich ihm immer mit kritischem Abstand. Unterschreibe nie für einen Film, nur weil es eine coole Idee sein könnte. Zwischen einer coolen Idee und einem fertigen Film kann noch jede Menge schief gehen.
Und das bedeutet?
Selbst wenn jetzt jemand kommen sollte mit einem Vertrag für „Indiana Jones“, würde ich erst nach dem Drehbuch verlangen. Wo drehen wir? Worum geht es? Warum macht ihr den Film? All diese Fragen würde ich erstmal beantwortet haben wollen, bevor ich unterschreibe.