Zach Braff
über Crowdfunding und seinen neuen Film
„Die Fans haben mir mehr als ihr Geld gegeben“
08.10.2014
Interview:
Anna Wollner
Zach Braff: Die Story geht weiter. Vor zehn Jahren schuf der Star der Krankenhaus-Sitcom „Scrubs“ bei seinem Regie-Debüt einen Film, der sofort Kult wurde. „Garden State“ ist eine Independent-Liebes-Dramödie mit ihm selbst, Natalie Portman und einem Soundtrack, der das Wort Hipster-Soundtrack verdient hätte. Jetzt bringt Zach Braff „Wish I Was Here“ ins Kino. Bei der Finanzierung ließ er sich von seinen Fans helfen. Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter sammelte er innerhalb von 48 Stunden mehr als zwei Millionen Dollar ein. Am Ende der Aktion kamen exakt 3.105.473 Dollar von mehr 47.000 Geldgebern aus aller Welt zusammen. Am meisten überrascht von dem großen Zuspruch war Zach Braff selbst, wie er im FilmClicks-Interview erzählt.
FilmClicks: Sie gelten mit „Garden State“ und jetzt mit „Wish I Was Here“ als Sprachrohr einer ganzen Männergeneration. Trotzdem sind beide Filme sehr persönlich. Ist für Sie das Filmemachen eine Art Therapie?
Zach Braff: Oh ja. Denn man wird sehr verletzbar. Beide Filme sind Versionen meines Lebens. „Wish I Was Here“ habe ich zusammen mit meinem Bruder geschrieben. Es ist eine Mischung unser beider Leben. Man schreibt ja keinen Film über einen beliebigen Rennfahrer oder einen CIA-Agenten. Wir schreiben über unser Glaubenssystem, unsere Gedanken, unsere Sicht auf das Leben, unsere Unsicherheiten. Das alles sieht man auf der großen Leinwand. Wenn die Leute den Film nicht mögen, liegt es einzig und allein an mir. Ich kann die Schuld im Notfall auf keinen abwälzen.
Eine Angst, die Sie getrost auf sich nehmen können: Immerhin haben Sie den Film per Crowdfunding finanziert und dank ihrer Fanbase innerhalb von zwei Tagen Ihr Ziel von zwei Millionen Dollar erreicht. Wie haben Sie das geschafft?
Ich habe keine Ahnung. Ich habe ja nie gesagt, dass ich „Garden State 2“ oder einen „Scrubs“-Film drehen möchte. Ich sagte nur, ich produziere einen Film, den es so noch nicht gegeben hat. Ich weiß ungefähr, was ihr euch wünscht, also vertraut mir und lasst mich etwas machen, was euch höchstwahrscheinlich gefallen wird, aber kein Studio finanzieren will.
Haben Sie geglaubt, dass das Aufstellen der ersten zwei Dollar-Millionen so schnell gehen würde?
Nein. Die Blogosphäre und das Internet waren sich sicher, dass das nie im Leben funktionieren wird. Was bildet sich der Typ ein, wer er ist! Ich hatte einen Monat Zeit und war echt besorgt. Was wir dann innerhalb von 48 Stunden eingenommen haben, war unglaublich. Es hat sich ein bisschen wie vor einem Tsunami angefühlt. Wenn sich das Meer erstmal zurückzieht und dann mit voller Wucht zuschlägt. Ich wusste nur: Oh Boy, jetzt geht es los.
Ist Crowdfunding eine neue Art der Filmfinanzierung?
Ich glaube nicht, dass darin wirklich die Zukunft liegt. Der Erfolg von „Veronia Mars“ hat uns gezeigt, dass es funktionieren könnte. Aber nicht muss. Nicht viele Leute können so etwas stemmen. Zunächst einmal braucht man eine bestimmte Art von Fanbase. Eine, die wirklich groß ist und schätzt, dass man die Dinge ein wenig anders macht als die großen Filmstudios. Und es ist unglaublich viel Arbeit, das können Sie sich gar nicht vorstellen.
Abgesehen vom Filmemachen?
Wir mussten innerhalb von 26 Tagen einen Film drehen
und sicherstellen, dass wir die 47.000 Geldgeber zufriedenstellen. Auf einmal ist man amazon.com, man produziert und liefert Merchandise-Artikel, jeder der 47.000 hat etwas anderes bestellt. Ein paar wollten ans Set und haben ein signiertes Poster bekommen. Der nächste wollte ein T-Shirt und zum Q&A nach Berlin. Es war der reine Irrsinn. Denn wenn man nicht aufpasst, wächst einem die Arbeit über den Kopf und beeinflusst die eigentliche Sache, nämlich den Film zu drehen. Auf einmal machst du dir darüber Sorgen, dass der Typ in Tokio die falsche T-Shirt-Größe bekommen hat und vernachlässigst das Wesentliche: die Kunst.
Ihre Fans haben Ihnen Millionen gegeben. Sie im Gegenzug den Film. Oder steckt da mehr dahinter?
Oh ja. Die Fans haben mir mehr als das Geld gegeben. Ich reise einmal um die Welt und treffe die Leute, die nicht nur mögen, was ich mache, sondern die das Projekt von Anbeginn an begleitet haben. Es fühlt sich an, als würde ich alte College-Freunde treffen und mit ihnen über die guten alten Zeiten quatschen.
Gefühlt machen Sie bei „Wish I Was Here“ alles. Nicht nur die Crowdfunding-Aktion. Sie sind Autor, Regisseur und spielen, wie schon bei „Garden State“, die Hauptrolle. Gibt es etwas, das Sie nicht können?
Lacht. Ich sehe darin nur Vorteile. Nehmen wir mal die Kommunikation zwischen Regisseur und seinem Hauptdarsteller. Mir als Regisseur schwirren tausend Gedanken durch den Kopf, die ich irgendwie kommunizieren muss. Möglichst verständlich auch noch. So, dass es meine Schauspieler umsetzen können. Ich habe den Luxus, dieses Problem aus dem Weg geräumt zuhaben.
Weil der Regisseur Braff weiß, was der Schauspieler Braff tun soll. Ohne Worte?
Genau. Ich verstehe mich selbst immer noch am besten. Und ich weiß auch, wann ich Mist baue. Nach jedem Take schaue ich mich selbst auf dem Monitor an. Ich weiß, wann ich so schlecht war, dass ich die Szene noch einmal machen sollte.
Wann haben Sie entdeckt, dass sie mit ihrem komödiantischen Talent andere zum Lachen bringen können?
Als Kind mochte ich keinen Sport. Ich musste einfach einen anderen Weg finden, um Freunde zu finden. Die meisten Leute in meiner Schule waren in irgendwelchen Mannschaften, beim Baseball zum Beispiel. Der perfekte Ort um Freundschaften zu schließen. Ich allerdings bin alleine dagesessen. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich Freunde brauche – und dass ich sie finde, indem ich sie zum Lachen bringe. Also wurde ich der Klassenclown.