Orlando Bloom


„In ,Zulu‘ kann man mich nackt sehen!“

07.05.2014
Interview:  Gunther Baumann

„Zulu“: Orlando Bloom in siener ersten Szene - schwer bewaffnet, aber ohne Textil © Filmladen

Er spielt einen rauen Cop aus Kapstadt, der schnelle Flirts und tiefe Züge aus der Schnapsflasche mag: Orlando Bloom zeigt sich im beinharten Thriller „Zulu“ von einer ganz neuen Seite. Der Mädchenschwarm aus Mega-Blockbustern wie „Der Herr der Ringe“, „Fluch der Karibik“ und „Der Hobbit“ hat seine Liebe fürs hochklassige Arthaus-Kino entdeckt. FilmClicks traf Bloom und „Zulu“-Regisseur Jérome Salle zum Interview in Hamburg. Er wolle jetzt öfter mal Abstecher von großen Hollywood-Produktionen machen, erzählte Orlando. Für seine weiblichen Fans hatte er ein ganz spezielles Argument parat, warum sie „Zulu“ nicht versäumen sollten: „Man kann mich nackt sehen!“  


Orlando Bloom, man erlebt Sie in „Zulu“ als eigensinnigen, mitunter brutalen Polizisten mit einem Alkoholproblem. Wollten Sie sich mit diesem Polit-Thriller bewusst von Ihren Blockbuster-Hits entfernen?
Orlando Bloom:  Absolut. Als ich das Drehbuch las, stand dort als erste Zeile über meine Rolle, den Cop Brian Epkeen: „Brian steigt nackt aus dem Bett, nur mit einer Pistole in der Hand“. Dieser Satz sagt einem sofort, was für ein Mann das ist. Brian kommt nicht aus dem Bett und zieht erst mal seine Boxershorts an. Er ist ein sehr explosiver, lebhafter und konfliktbeladener Charakter. Niemand hat bisher diese Seite in mir gesehen, und „Zulu“ bot  eine tolle Gelegenheit, neue Sachen auszuprobieren. Ich wollte als Schauspieler wachsen und meine Bandbreite erweitern.
Jérome Lasse: Orlando begibt sich in „Zulu“ auf einen Weg, den er zuvor noch nicht erforscht hat. Für einen Regisseur ist es natürlich sehr spannend, mit einem Darsteller zu arbeiten, der so eine Figur noch nie gespielt hat. Auch für die Zuschauer sollte das spannend sein. Mich jedenfalls langweilt es, wenn ich Schauspieler sehe, die im Prinzip immer die gleiche Rolle spielen. Das wollen die Studios so, um sich sicher zu fühlen. Aber bei „Zulu“ haben wir nicht nach Sicherheit gesucht.

Am Set von „Zulu“: Orlando Bloom mit Regisseur Jérome Lasse © Melanie Cleary/Filmladen

Orlando, stand es für Sie gleich fest, die Szene mit dem nackten Brian in „Zulu“ selbst zu spielen, oder haben Sie nach einem Body Model gefragt?
Bloom: Natürlich habe ich das selbst gespielt. Ich würde nie nach einem Body Model fragen. Auch meine Stunts mache ich immer selbst. Nacktheit kann im Film manchmal ablenkend wirken. Zum Beispiel bei Sexszenen, die einen von der Story wegführen. Hier war mein Nackt-Auftritt jedoch die erste Szene von Brian. Er  enthüllt seinen Körper, während er emotional ein sehr verschlossener Mann ist; fast unerreichbar für seinen Sohn und für seine Ex-Frau. Im Lauf der Story öffnet er sich dann ein bisschen. Doch ich fand es interessant, diesen Mann erst körperlich nackt zu zeigen und dann mitzubekommen, wie er emotional langsam mehr von sich preisgibt. 
 
Als Polizist in Kapstadt übt Ihr Brian einen sehr fordernden Beruf aus.
Bloom: Ja. Es gibt sehr viel Gewalt – in Südafrika Polizist zu sein, ist ein sehr undankbarer Job, eine wirklich brutale Existenz. Man hat das Gefühl, dass ein Menschenleben dort sehr wenig wert ist. Das wollten wir auch im Film rüberbringen: „Zulu“ zeigt keine Hollywood-Gewalt, sondern eine Art von Gewalt, die sehr nahe am wirklichen Leben ist. Die Gewalt wird nie glamourös geschildert, und das macht es umso härter, diese Szenen anzuschauen.
 
Der Kriminalfall, den der Film schildert, hat seinen Ursprung in der Zeit der Rassentrennung.
Lasse: „Zulu“ ist im Grunde ein Film über das Vergeben. Das ist ein wichtiges Thema in Südafrika nach der Zeit der Apartheid. Aber das gilt nicht nur dort: Auch in Europa kann man derzeit wieder einmal sehen, dass die Verwerfungen der Vergangenheit nie sehr weit weg sind und sehr rasch zurückkommen können. Da müssen wir alle sehr achtsam sein. Südafrika hat einen positiven Weg eingeschlagen,  aber es bleibt noch sehr viel zu tun.
                                             
Forest Whitaker (li.) spielt im Thriller „Zulu“ den Partner von Orlando Bloom © Filmladen

Mit welchen Argumenten würden Sie es Kinogängern empfehlen, „Zulu“ anzuschauen?

Bloom: Ich würde sagen: „Zulu“ ist ein Thriller mit einem Action- und einem Nach-Apartheid-Feeling,  der jedem Zuschauer etwas bietet. Man sieht mich nackt (lacht),  man sieht Forest Whitaker in einer bemerkenswerten Rolle. Außerdem ist „Zulu“ wunderschön gefilmt.
 
Sie sind jetzt mit „Zulu“ im Kino. In der „Hobbit“-Reihe  spielen Sie den Legolas und bald wird man Sie auch in Shakespeares „Romeo & Julia“ sehen, in einer Übertragung Ihrer Bühnenproduktion vom New Yorker Broadway. Kann man da von einer Art Comeback auf der großen Leinwand sprechen?
Bloom: Irgendwie schon. Nach den „Fluch der Karibik“-Filmen ließ ich mir Zeit. Ich spielte Theater und wollte die Art verändern, wie ich als Schauspieler wahrgenommen werde. Außerdem hatte ich Familie und wurde Vater. „Zulu“ ist jetzt ein Film, der mir eine Änderung in meiner Arbeit als Darsteller erlaubt. Dafür bin ich sehr dankbar. Es fühlt sich an, als hätte ein zweites Kapitel meiner Laufbahn begonnen.  Beim ersten Kapitel, mit „Herr der Finge“ und den Piratenfilmen,  ging es sehr groß los. Es ist sehr schwer, dieses hohe Tempo aufrechtzuerhalten. Ich hatte das Gefühl, physisch und kreativ auszutrocknen.  Jetzt bin ich wieder sehr gespannt, was die Zukunft für mich bereithält und welche Figuren auf mich warten. Ich glaube, ich habe jetzt etwas mehr Kontrolle über mein Leben.
Lasse: Ich glaube, bei Orlando gibt es noch ein anderes Problem: Er schaut so verdammt gut aus. Bei Leuten wie ihm kann es passieren, dass die Leute vergessen, was für großartige Schauspieler sie sind. Jetzt ist Orlando in seinen Dreißigern, und ich glaube, das macht es einfacher für ihn. Bei einem Film wie „Zulu“ fällt es den Zuschauern besonders auf, dass er ein phantastischer Schauspieler und nicht nur ein attraktiver Mann ist.
 
Für „Zulu“ haben Sie offensichtlich auch ein großes Bodybuilding-Training absolviert.
Ich habe nicht viel Gewicht verloren, aber das Fett durch Muskeln ersetzt. Das geschah hauptsächlich durch eine strenge Diät. Jérome Lasse wollte diesen muskulösen Look von mir für die Rolle, und da ist schon was dran: Man fühlt sich einfach stärker, wenn man in einer Szene in eine kritische Situation gerät - die südafrikanischen Männer sind ziemliche Machos. Ich habe vor dem Dreh drei Monate lang sehr hart trainiert und Diät gehalten. Den Look aus dem Film habe ich nachher nicht komplettbehalten, das wäre verdammt hart. Ich bin aber noch nah dran.    
 
„Zulu“ zeigt sehr viel und drastische Gewalt. Kamen Sie beim Dreh in Südafrika selbst in kritische Situationen?
Bloom: Mein Computer wurde gestohlen. Die Polizei konnte nichts tun, aber wir sprachen dann mit dem Boss einer Gang, und da war er quasi nach acht Minuten wieder da.
Lasse: Dort, wo wir drehten, lässt sich die Polizei nicht oft sehen.  Man muss die lokale Gang bezahlen, um drehen zu können. An einigen Orten waren wir das erste Filmteam, das dort jemals arbeitete. In den reichen Vierteln habe ich mich immer sehr sicher gefühlt, aber wenn man in die Armenviertel geht, ändert sich das Bild. Wenn man die Kriminalstatistik von Südafrika liest, muss man bedenken, dass der Großteil der Taten, von Mord bis  Vergewaltigung, bei den Armen passiert. Wenn man nach Kapstadt fährt, in der Nähe seines Hotels bleibt und zum Strand geht, wird einem nicht viel passieren. Gut, in „Zulu“ kommt eine sehr brutale Strandszene vor. Aber dieser Strand war nicht bei den Hotels, sondern in der Nähe einer Township.
 
Orlando, können Sie sich erinnern, wann Sie zum ersten Mal von der Apartheid in Südafrika gehört haben?
Bloom: Durch den Mann meiner Mutter war das schon während meiner Kindheit in England ein wichtiges Thema. Er war ein Autor und politischer Aktivist, der aus Südafrika stammte.  In der Zeit, in der ich aufwuchs, wurde Nelson Mandela aus dem Gefängnis freigelassen, und das war eine große Sache. Südafrika kam mir immer als ein Land vor, das zugleich zerbrechlich und voller Kraft ist. Immer am Rande von irgendwas: es könnte ein blühender Staat werden, wird aber stets von den Wurzeln seiner eigenen Geschichte abgewürgt. Dort zu filmen, war jedenfalls eine großartige Sache – ich würde gern wieder dort arbeiten.
 
Orlando Bloom, der Mädchenschwarm, in „Fluch der Karibik“ © Disney

Können Sie sich vorstellen, in einer neuen Folge von „Fluch der Karibik“ mitzuspielen?

Bloom: Es gab Gespräche in diese Richtung, und ich könnte nicht sagen, dass ich etwas dagegen hätte. Vielleicht könnte man meiner Figur Will Turner ein bisschen mehr Tiefe und Charakter geben. Es hat viel Spaß gemacht, das zu spielen. Generell kann ich sagen, dass ich heute eine klarere Vorstellung als früher habe,  wie ich arbeiten möchte. Ein Film wie „Zulu“ ist ein gutes Beispiel dafür. Ich fand es toll, dass man Vertrauen in mich setzte. Denn mich als diesen Cop zu besetzen, war gewiss keine Casting-Entscheidung, die auf der Hand lag.
 
Was bedeutet Ihnen Ruhm? Wie fühlt es sich an, ein Sex-Symbol zu sein?
Bloom: Ruhm? Pfff (abwinkende Handbewegung). Und ich sehe mich nicht als Sexsymbol. Wenn ich bei einer Filmpremiere an kreischenden Mädchen vorbeigehe, kommt mir das sehr surreal vor. Ich war 22, als ich populär wurde, und das hatte durchaus etwas Beängstigendes. Ich konnte eine Zeitlang nicht mehr so leben, wie ich es gewohnt war, weil ich stets öffentliche Aufmerksamkeit auf mich zog. Aber natürlich habe ich ein phantastisches Leben. Ich bin ein Schauspieler, ich werde dafür bezahlt, Geschichten zu erzählen. Ich lebe in dieser großartigen Welt von Film und Theater  - mir ist sehr klar, dass ich vom Glück begünstigt wurde.
 
Sind Sie in den sozialen Medien aktiv?
Bloom: Absolut nicht. Ich bin nicht bei Twitter, nicht bei Instagram, nicht bei Facebook. Das ist nichts, worauf ich stolz wäre – ich sehe sehr wohl, wie dramatisch sich die Welt und die Filmbranche durch die sozialen Medien verändert haben. Manchmal sagt man mir, ich sollte mich bei Twitter anmelden, denn damit könnte ich direkt auf verrückte Gerüchte reagieren, die irgendwo herumschwirren. Aber eine innere Stimme sagt mir, ein Schauspieler sollte auch ein bisschen ein Mysterium sein. Um „Zulu“ als Beispiel zu nehmen: Wie könnten mir die Zuschauer meine Rolle als Polizist Brian Epkeen abnehmen, wenn sie alle meine Gedanken von Twitter kennen würden? 
 
Wenn Sie jetzt hier in Hamburg allein auf die Straße gingen – wie weit würden Sie kommen, bis man Sie erkennt?
Bloom: Wahrscheinlich ganz schön weit – weil die Leute nicht erwarten, mich zu sehen. Natürlich werde ich in der Öffentlichkeit oft erkannt, die Leute wollen dann ein Foto oder ich höre ein „ich mag Ihre Arbeit“ oder sowas.  Es gab eine Zeit, da hatte ich das Gefühl, ich existiere unter einem Vergrößerungsglas. Heute ist es leichter.  Ich habe gelernt, mit diesen Sachen umzugehen.



Kritik
Zulu
Der spannungsgeladene Polit-Thriller „Zulu“ führt Orlando Bloom und Forest Whitaker als Ermittler in Südafrika auf die Spur eines großen Verbrechens, dessen Wurzeln in der Apartheid-Ära liegen. Mehr...