Der Ex-Bond über Leben, Tod und 007
02.04.2014
Interview:
Anna Wollner
Pierce Brosnan spielt in der dunklen Komödie „A Long Way Down“ einen von vier verhinderten Selbstmord-KandidatInnen. Bei so einer Story kommen die Themen Selbstmord und Tod natürlich auch im Interview mit Pierce Brosnan vor. Mal launig – und mal sehr ernst: „Während der Dreharbeiten war meine Tochter schwer erkrankt und lag im Sterben.“ Der Ex-Bond Brosnan im Gespräch über seinen Glauben („ich bin Ire und katholisch“) und die letzten Dinge, aber auch über Daniel Craig, seinen Nachfolger als Agent 007.
FilmClicks: Mister Brosnan, wenn Sie einen Film abgedreht haben, kommen in der Regel die Interviews dazu. Wie ging es Ihnen bei dem Gedanken an die Interviews zu „A Long Way Down“?
Pierce Brosnan: Nichts Spezielles eigentlich. Nur, dass ich mir jetzt selbst wieder den ganzen Tag beim Reden zuhören muss. Das kann ganz schön langweilig werden.
Aber wir könnten über so wichtige Dinge wie Selbstmord reden.
Naja, das Thema ist schon wichtig, aber wollen Sie wirklich den ganzen Tag darüber sprechen? Heute morgen, als ich gerade eine Packung Cornflakes in meine Müslischüssel kippte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Pierce, du wirst den ganzen Tag über nichts anderes als den Tod, das Leben, Selbstmord und Traurigkeit reden. Um Gottes Willen.
Am Ende brauchen Sie noch eine Therapie!
Soweit lasse ich es gar nicht erst kommen. Denn, um ehrlich zu sein: Interviews sind für mich die beste Therapie. Ich kann mir alles von der Seele reden. Und muss es am Ende gar nicht lesen.
Überlegen Sie manchmal schon bevor Sie ein Projekt zusagen, dass sie hinterher auch drüber reden müssen?
Nein, der Schauspieljob geht vor. Ich hoffe immer nur, der nächste Job wird der eine große „Moment“ meiner Karriere.
Sie scherzen.
Natürlich. Ich liebe meinen Job, kann gar nicht genug dankbar dafür sein. Und dafür, dass ich noch immer für die Schauspielerei brenne.
Wo nahmen Sie die Leidenschaft für die Rolle des lebensmüden Moderators Martin Sharp in „A Long Way Down“ her?
Eigentlich ist dieser Martin Sharp ein ziemlich lächerlicher Vogel. Ohne die anderen drei und ihre schicksalshafte Begegnung auf dem Dach hätte er sich vermutlich umgebracht. Ich habe das Thema sehr ernst genommen, habe versucht zu ergründen, warum er springen wollte. Das Gefühl erahnen, die Situation nachzuvollziehen. Die Verzweiflung spüren.
Wie haben Sie das geschafft?
Martin Sharp und ich waren manchmal einfach ein und dieselbe Person. Natürlich spiele ich nur eine Rolle, die der Phantasie von Nick Hornby entsprungen ist. Aber ich selbst habe während der Dreharbeiten getrauert. Es war eine sehr schmerzhafte Zeit, meine Tochter war schwer erkrankt und lag im Sterben. Das konnte ich nicht ausblenden und es spiegelt sich in meiner Rollenauslegung wieder. Die Rolle zu spielen, hat mir geholfen, das zu verarbeiten.
Der Tod Ihrer Tochter war nach dem Tod Ihrer Frau der zweite große Schicksalsschlag in ihrem Privatleben. Wie haben Sie diese Zeit überstanden?
Mein Glaube. Ich bin Ire. Und katholisch. Eine heikle Mischung. Ich habe mir viel aus meiner Jugend bewahrt und mein eigenes spirituelles Gedöns erschaffen. Das verstehen zwar nicht alle, hilft aber enorm.
Auch über den Verlust von James Bond?
Das war kein Verlust. Ich sehe James Bond eher als Geschenk, von dem ich noch immer zehre. Ohne Bond hätte ich viele andere Rollen gar nicht erst bekommen. Auch wenn viele noch immer Bond in mir sehen. Und ich ja gar nicht mehr Bond bin.
Wie finden Sie ihren Nachfolger Daniel Craig?
Daniel ist ein brillianter Schauspieler. Er hat Bond eine ganz andere Richtung gegeben als ich es gekonnt hätte, wir haben ganz unterschiedliche Energien. Ich muss aber ehrlich gestehen, dass ich bisher von seinen Bond-Filmen nur „Skyfall“ gesehen habe.
Warum?
Ich wollte „Casino Royale“ erst nicht anschauen. Dann, irgendwann auf einem Flug, lief er im Bordprogramm. OK, dachte ich mir: mit 10.000 Metern Höhenunterschied zur Erde wird es wohl genug Abstand sein. Der Film lief an und nach ein paar Minuten stürzte das Programm ab. Ich habe wieder auf Play gedrückt und der Bildschirm fror wieder ein. Genau mit Daniel Craigs Gesicht in einer Nahaufnahme. Das habe ich als Zeichen verstanden und den Film abgebrochen.
Und „Skyfall“?
An „Skyfall“ kam ich einfach nicht vorbei. Wir drehten zu der Zeit gerade „A Long Way Down“. Auf jedem Bus, der in London an mir vorbeifuhr, war Daniels Konterfei, im Radio spielten sie Adele rauf und runter, im Fernsehen lief der Trailer in Endlosschleife. Auch das habe ich als Zeichen verstanden und den Film gesehen. Er ist brilliant.