„Das Böse hat mir viel weggenommen“
01.08.2013
Interview:
Peter Beddies
Vera Farmiga spielt im Horror-Kinohit „Conjuring – Die Heimsuchung“ eine Geisterjägerin namens Lorraine Warren, die einer Familie dabei helfen will, einen mysteriösen Spuk in ihrem Haus zu bekämpfen. Diese Lorraine Warren gibt es wirklich. FilmClicks traf die 86-jährige Dame in San Francisco zum Interview. Als sie die Suite im Ritz Carlton betrat, hatte sie zunächst einmal nur Augen für den Raum. Aber sie schaute nicht nach Dingen, die man sehen kann.
FilmClicks: Sehen Sie sich in jedem Raum, den Sie betreten, so sorgfältig um?
Lorraine Warren: Ja, das hat sich im Laufe der Jahre so eingespielt. Ich weiß ja, dass mich überall negative Kräfte – so nenne ich sie gern – umgeben. Also schaue ich, ob ich sie entdecke, bevor sie mich wahrnehmen.
Wie haben Sie Ihre Gabe, negative Kräfte wahrzunehmen, entdeckt? Man kann ja schlecht beschließen, dass man jetzt Dämonen bekämpft.
Ich war sieben Jahre alt, als es zum ersten Mal passierte. Ich hatte keine Ahnung, was genau geschah. Plötzlich sah ich Köpfe ganz anders, mit Lichtern drum herum. Erst viel später lernte ich, dass man diese Lichter Aura nennt. Und dass man alles heraus lesen kann. Wer jemand ist, woran er glaubt. Einfach alles.
Das heißt, Sie könnten mir jetzt sagen…
…nein, das kann und will ich nicht. Es kann sehr hinderlich sein, wenn man bei einem Gespräch ständig daran denkt, was der andere für eine Aura hat. Wenn ich Menschen begegne, versuche ihn, ihnen ins Gesicht zu schauen und mich nicht von der Aura ablenken zu lassen.
In „Conjuring“ gibt es eine Szene, in der Sie (in Gestalt von Vera Farmiga) sagen, dass Ihnen das Böse ein paar Mal im Leben etwas weggenommen hat.
Ja, das Böse nimmt immer etwas mit sich, wenn es mich kontaktiert hat. Es hat mir viel weggenommen. Wie kann ich das am besten beschreiben? Es ist ja nicht so, dass man seine Seele wiegen kann. Aber ich glaube, dass meine Seele oft Schaden genommen hat. Am besten lässt es sich wohl so sagen, dass ich mich nach so einem Treffen unendlich schwach fühle und erst langsam wieder zu Kräften kommen muss. Und was dieses Böse angeht. Dem kann ich nur im Namen von Gott befehlen, dahin zu gehen, wo es herkommt.
Wie hat Ihnen der Film gefallen und wie viel hat sich James Wan ausgedacht?
Er musste sich nicht viel ausdenken. Mein Mann und ich haben insgesamt 4.000 Fälle gesammelt und beschrieben. Darin durften er und die Drehbuchautoren studieren. Uns ist im Leben schon alles an Bösem begegnet, was Sie sich vorstellen können. Was den Film angeht: Ja, ich habe ihn sehr gemocht. Ich fand es nur seltsam, dass ich an einigen Stellen wie ein kleines Mädchen aus dem Kinosessel aufgesprungen bin. Das ist doch mein Leben. Und trotzdem habe ich mich so erschreckt.
Die Familie Perron, von der im Film erzählt wird, die gibt es auch wirklich?
Ja, die gibt es. Und sie waren auch bei den Dreharbeiten für einen Tag dabei. Es ist schon eigenartig, welche Kraft das Böse hat. Denn obwohl all das 40 Jahre her ist, waren sie immer noch sehr verstört und im Umfeld der Dreharbeiten gab es Unfälle, die sich nicht erklären lassen.
Warum nehmen wir Gott und den Himmel immer ernst, aber wir lächeln über Dämonen und Teufel?
Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Mein verstorbener Mann Ed hätte das sicher gekonnt. Er hat auch nach manchen Fällen gesagt: „Liebling, das wäre ein Stoff fürs Kino“. Vielleicht lächeln viele Menschen, weil sie keine Angst haben, wie schlimm das Böse ist und sie versuchen, die Angst wegzulachen. Ich kann Ihnen nur sagen, über das Böse sollte man nicht lachen. Es ist grausam und gemein und wenn man nicht aufpasst, frisst es einen auf.
Wie schützen Sie sich vorm Bösen?
Gewisse Sachen meide ich. Zum Beispiel die Räume, in denen magische oder böse Dinge liegen, betrete ich nie. Und dann habe ich in meinem Haus einen Priester. Der segnet das Haus mindestens drei Mal in der Woche.