Viva la Libertà

Ein falscher Kandidat weckt echte Begeisterung


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Wahlkampf: Der Kandidat (Toni Servillo) und sein Sekretär (Valerio Mastandrea, li.) © Polyfilm
DIE STORY: „Viva La Libertà“ – es lebe die Freiheit: In Italien herrscht Wahlkampf. Enrico Oliveri (Toni Servillo), der Kandidat der Opposition, ist ein Mann ohne Ausstrahlung, ohne Visionen und offenbar auch ohne Chancen, zu gewinnen. Eines Nachts hat er genug und haut heimlich ab. In Paris versteckt er sich bei der Familie seiner einstigen Gefährtin Danielle (Valeria Bruni Tedeschi).
Oliveris Sekretär Bottini (Valerio Mastandrea) kann das Verschwinden des Kandidaten zunächst mit windigen Lügen kaschieren. Doch als er auf der Suche nach Enrico Oliveri bei dessen Bruder Giovanni vorbeischaut, entsteht durch Zufall eine kühne Idee. Der kluge, aber sehr exzentrische Giovanni könnte als Double einspringen. Kleines Problem: Der neue Mann, erst kürzlich aus psychiatrischer Behandlung entlassen, ist nicht wirklich kontrollierbar.

DIE STARS: Toni Servillo (Hauptdarsteller in Italiens Oscar-Sieger „La grande bellezza“)  liefert in der Doppelrolle der Brüder Enrico und Giovanni eine oscarreife Leistung ab. Als Enrico ist er ein lebloser, fahler Bürokrat, der erst nach der Flucht ganz langsam beginnt, wieder zu sich selbst zu finden. Als Giovanni hingegen versprüht er Charme, Heiterkeit und Zuversicht. Seiner Filmpartnerin Valeria Bruni Tedeschi ist die Welt der großen Politik nicht fremd – als Schwester von Carla Bruni ist sie die Schwägerin von Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. In »Viva La Libertà« spielt sie allerdings eine Frau aus der Kulturszene, die beim Film arbeitet und die trotz glücklichen Familienlebens ihre alten Gefühle für den Italiener Enrico wiederentdeckt.

Valeria Bruni Tedeschi in der Rolle der Danielle © Polyfilm

DIE KRITIK: Dass eine Polit-Komödie wie „Viva La Libertà“ ausgerechnet aus Italien kommt (und dort zum Kassenschlager wurde), verblüfft nicht. Das Land ist schließlich heftig gebeutelt von jahrzehntelanger Korruption und Mauschelei; mit der Berlusconi-Ära als traurigem Höhepunkt.
Die Lösungen, die der Film anbietet, müssen den Zuschauern (nicht nur) in Italien wie ein Traum vorkommen. Mit dem falschen Kandidaten Giovanni steht da plötzlich ein charismatischer Mann zur Wahl, der nicht nach Politiker-Art lügt, vertuscht und herumeiert, sondern der die Dinge beim Namen nennt. Er bietet Lösungen an, er fordert einen Abschied vom Selbstmitleid und er spricht ein donnerndes Lob der Leidenschaft aus – auch in der Politik. Kein Wunder, dass ihm die Herzen der Bürger zufliegen, selbst wenn er seine Skepsis über das Wahlvolk nicht verhehlt: „Die Politiker sind medioker, weil ihre Wähler so sind. Die Politiker sind Gauner, weil ihre Wähler Gauner sind oder sein wollen.“
Der Film von Regisseur Roberto Andò verpackt seine Botschaft in eine Vielzahl von Geschichten. Man begleitet den Polit-Flüchtling Enrico nach Frankreich, wo er durch seine Quartiergeberin Danielle, die Frau aus dem Showbiz, irgendwann selbst auf einem Filmset landet. Bald schleppt er als Hilfsrequisiteur Dekorationen durchs Studio. Anfangs muss er sich von einer sehr jungen Dame noch sagen lassen, „du und Sex, das passt nicht zusammen.“ Doch dann entdeckt er, dem Druck der Parteiarbeit entronnen, auch seine Sinnlichkeit neu.
Enricos psychisch leicht ramponierter Bruder Giovanni, dessen strahlendes Lächeln zu Beginn noch ein leicht irre flackerndes Leuchten hat, scheint als Wahlkämpfer zu gesunden. Sein exzentrisches Wesen mag er nicht verhehlen. Doch seine Ansagen sind so klar und eindeutig, dass ihm die Partei, genauso wie die Wählerschaft, nur zu gerne folgt. Und privat? Irgendwann verfällt sogar die Gemahlin des verschwundenen Enrico dem Charme des neuen Mannes an ihrer Seite.
„Viva La Libertà“ kommt in einer erfrischend entspannten und unaufgeregten Filmsprache über die Leinwand, was die Wirkung der Figuren und ihres Tuns noch verstärkt. Die Anflüge von Hysterie und Melodramatik, die für das italienische Kino von heute so typisch sind, fehlen hier. Fazit: „Viva La Libertà“ ist für mich einer der besten italienischen Filme seit Jahren.

IDEAL FÜR: Italien-Liebhaber, Fans von gescheiten Polit-Komödien und Zeitgenossen, die von einer aufrichtigeren Politik träumen.






Trailer
LÄNGE: 94 min
PRODUKTION: Italien 2013
KINOSTART Ö: 04.04.2014
REGIE:  Roberto Andò
GENRE: Komödie
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
Toni Servillo: Enrico Oliveri / Giovanni Ernani
Valeria Bruni Tedeschi: Danielle
Valerio Mastandrea: Andrea Bottini