The Dinner

Ein familiäres Seelen-Massaker


FilmClicks:
„The Dinner“: Laura Linney, Steve Coogan, Richard Gere und Rebecca Hall (v. li.) © Tobis
DIE STORY: Richard Gere spielt im messerscharfen Polit-Familiendrama „The Dinner“ einen vordergründig charmanten, doch eiskalt kalkulierenden Politiker, der auf dem Sprung ist, vom US-Kongress-Abgeordneten zum Gouverneur seines Bundesstaats aufzusteigen.
Als Mandatar Stan Lohman bittet Gere zum Dinner in einen überdrehten Gourmet-Tempel der sündteuren Art. Mit am Tisch sitzen seine junge Gemahlin Katelyn  (Rebecca Hall), Typus Trophy Wife, sowie sein mental irrlichternder Bruder Paul (Steve Coogan) mit Gattin Claire (Laura Linney). 
Der Film beginnt unterhaltsam mit bissigen Sprüchen und satirischen Pointen über die Fünf-Sterne-Gastronomie. Doch der Small Talk endet rasch. Die Lohman-Familien stehen vor einem elementaren Problem, das ihre Existenz auf den Kopf stellen wird – ganz egal, für welche Lösung sie sich entscheiden.

Offene Worte unter Brüdern: Steve Coogan und Richard Gere © Tobis

DIE STARS: Autor/Regisseur Oren Moverman (er schrieb das hinreißende Beach-Boys-Biopic „Love & Mercy“) holte für  „The Dinner“ ein erlesenes Ensemble vor die Kamera. Megastar Richard Gere tarnt emotionale Kälte mit viel Charme. Rebecca Hall („Vicky Cristina Barcelona“) ist ihm eine leicht zickige junge Gemahlin. Chloe Sevigny („Boys Don’t Cry“) weiß in der Rolle von Geres Ex-Ehefrau – und Mutter seines Sohnes – genau, was sie will.
Laura Linney („Kinsey“), bereits drei Mal für den Oscar nominiert, spielt die coole und resolute Ehefrau von Steve Coogan („Philomena“), der den neurotischen Bruder von Richard Gere porträtiert.

Wohlstandsverwahrlosung: Zwei Teenager entfachen ein Feuer © Tobis

DIE KRITIK: Richard Gere hat sich in den vergangenen Jahren auf der Leinwand rar gemacht. Wie massiv er fehlt, wird in „The Dinner“ deutlich. Der ewige „Pretty Woman“-Star, kaum glaubliche 67 Jahre alt, schaut nach wie vor blendend aus. Und er spielt mit einer Souveränität, die jeder Regisseur von seinen Stars nur erträumen kann: Voller Eleganz, Kraft, Ruhe und mit einer sympathischen Aura, die ihm viele Herzen zufliegen lässt. Obwohl er so viel Zuneigung in diesem Fall gar nicht verdient.
„The Dinner“ ist ein Film über Moral und Macht, über Schuld und Elternliebe. Das Drama (es basiert auf dem Roman „Angerichtet“ des Niederländers Herman Koch) entwickelt die archaische Wucht einer griechischen Tragödie.
Die Brüder Lohman – Gere als Politiker Stan und Steve Coogan als Geschichtslehrer Paul - sind Väter von Teenager-Söhnen, und die Jungs haben gemeinsam ein schreckliches Verbrechen begangen: Sie haben eine obdachlose Frau erst attackiert und dann in Brand gesteckt. Die Frau ist tot.
Die Tat der Jungs – in den USA nennt man ihr Leiden „Affluenza“, quasi Wohlstandsverwahrlosung – wurde noch nicht aufgedeckt. Die Ermittler wissen nicht, wer die Tat begangen hat. Für die Eltern erhebt sich die Frage, ob sie ihre Söhne zur Polizei bringen sollen oder ob sie versuchen, die Tat zu vertuschen.
Nun sitzen die beiden Väter mit ihren Frauen im Haubenrestaurant beisammen, wo sie die Contenance bewahren müssen, obwohl es in ihnen lodert. Was zählt mehr? Die Aufrichtigkeit oder die Karriere? Der instinktive Drang, den eigenen Nachwuchs zu beschützen, oder die Überzeugung, dass eine schwere Straftat auch geahndet werden muss?
In einer Auseinandersetzung, die keinen positiven Ausgang parat hält, schlagen die beiden Paare einander ihre Argumente um die Ohren. Und bei einem der Beteiligten keimt sogar die abseitige Idee auf, den Fall mittels eines Faustschlags zu lösen.
Regisseur Oren Moverman hat mit „The Dinner“ ein Psychodrama realisiert, das eine Familie am Rande des Nervenzusammenbruchs porträtiert. Trotz einiger allzu geschwätziger Passagen bleibt man bei der vom ganzen Ensemble brillant gespielten Auseinandersetzung bis zum Finale fasziniert bei der Sache: Dies ist ein familiäres Seelen-Massaker, das keine Gewinner kennt.                  
 
IDEAL FÜR: Freunde glänzend gespielter Psychodramen. Und natürlich für alle Fans von Richard Gere.






Trailer
LÄNGE: 121 min
PRODUKTION: USA 2017
KINOSTART Ö: 09.06.2017
REGIE:  Oren Moverman
GENRE: Drama|Thriller
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Richard Gere: Stan
Rebecca Hall: Katelyn
Steve Coogan: Paul
Laura Linney: Claire
Chloe Sevigny: Barbara

Interview
„Richard Gere wagt sich raus aus der Komfortzone“
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