DIE STORY: Der Motorrad-Mechaniker Erik (Jürgen Vogel) führt in „Stereo“ zu Beginn mit Freundin Julia (Petra Schmidt-Schaller) und deren kleiner Tochter ein ruhiges Leben auf dem Lande. Die heile Welt wird jäh gestört, als ein Fremder begehrt, Erik möge sich an einem Anschlag auf einen gewissen Keitel (Georg Friedrich) beteiligen. Obendrein fühlt sich der Motorrad-Mann plötzlich von einer Gestalt namens Henry (Moritz Bleibtreu) verfolgt.
Nur blöd, dass niemand außer Erik diesen Henry sehen kann: Ist das ein Zeichen für eine beginnende Schizophrenie? Oder wird er möglicherweise von den Schatten einer dunklen Vergangenheit heimgesucht?
Es ist ein bisschen von beidem, erzählt der Film. Das Psychodrama wird zum Thriller, in dem der nette Erik zeigt, dass er auch sehr brutal zuschlagen kann. Die Spannung steigt - und der Blut-Pegel auf der Leinwand auch...
DIE STARS: Für Jürgen Vogel ist „Stereo“ ein Geschenk. Der deutsche Star kann vom zärtlichen Macho bis zum eiskalten Revolverhelden ein ganzes Spektrum an Emotionen abrufen, und er tut dies mit Bravour. Moritz Bleibtreu beginnt seinen Auftritt als aufdringlicher, nervensägender und zotenreißender Sprücheklopfer. Später, wenn das Rätsel um seine Existenz gelöst ist, darf er dann auch angenehmere Facetten zeigen. Georg Friedrich begeistert als körperlich lahmender, geistig jedoch hellwacher Strizzi-Gangsterboss mit unverkennbarem Wiener Akzent. Petra Schmidt-Schaller hat die positivste Rolle im ganzen Film. Sie ist smart, sexy, liebevoll und solidarisch bis zur Selbstaufgabe.
DIE KRITIK: „Jemand ist bei mir und nur ich kann ihn sehen“, sagt der genervte Erik (Vogel) über seinen ständigen Begleiter Henry (Bleibtreu), als er sich einer Therapeutin offenbart. Bange Frage: „Ist das ein Geist - oder ist das in mir?“
Nun, natürlich ist der mysteriöse Verfolger in Eriks Unterbewusstsein daheim, und wer David Finchers „Fight Club“ mit Edward Norton und Brad Pitt noch in Erinnerung hat, wird Parallelen entdecken. Man kann Autor/Regisseur Maximilian Erlenwein jedenfalls zu einem spannenden Stück Genrekino gratulieren, das gleich mehrere Genres verknüpft. „Stereo“ beginnt als Liebes-Idyll mit Benzingeruch, mutiert dann zum Psycho-Drama (frei nach Nestroy: Wer ist stärker - ich oder ich?) und wechselt schließlich zum knallharten Gangsterfilm.
Die Stärken des Films sind die exzellenten Darsteller, die kühl-eleganten Bilder und die klug gesetzten Spannungsbögen, die nicht nur auf der Leinwand, sondern auch beim Publikum Herzklopfen auslösen.
Schwächen gibt es allerdings auch. „Stereo“ baut anfangs so große Neugier über die Hintergründe seiner Rätsel auf, dass die einigermaßen banale Erklärung über das Doppelleben des Helden Erik zwangsläufig enttäuschen muss.
Der Film versöhnt freilich mit einem rasanten, wenngleich mörderischen Finale. Wenn Erik auf seinem Motorrad zum Showdown in die schöne Stadt Köln einreitet, dann hat er nicht den in der Ferne schimmernden Dom zum Ziel, sondern ein unterirdisches Gangsterreich. Dort ist das Rotlicht der Halbwelt so machtvoll, dass sich das Blaulicht der Polizei lieber fernhält. In dieser (im Sinne des Wortes) Unterwelt wartet schon der mächtige Keitel (Georg Friedrich) auf Erik, und das Hühnchen, das die beiden miteinander zu rupfen haben, ist so groß, dass es kaum in das claustrophobisch enge Gewölbe passt.
Die Sache endet, wie gesagt, mit viel Gewalt. Aber wenn echte Männer in ihrem Blut liegen, dann zeigen sie (so suggeriert es der Film) auch mal ganz offen ihre Gefühle. Und so wird das Publikum mit einem großen Traum zurück in die Realität geschickt.
IDEAL FÜR: Thriller-Fans, die Freude an Mystery und Psychodrama haben. Auch das beherzte Spiel von Jürgen Vogel, Moritz Bleibtreu und dem ganzen Ensemble ist das Eintrittsgeld wert.