DIE STORY: Das spannungsgeladene Drama „Snowden“ erzählt die Geschichte des früheren CIA- und NSA-Agenten Edward Snowden (Joseph Gordon-Levitt), der mit seinen Enthüllungen über die globale Überwachung von Telefonen und Computern durch US-Geheimdienste der ganzen Welt den Atem raubte.
Das Fundament des Films sind die Ereignisse im Juni 2013, als Snowden in einem Hotel in Hongkong sein Wissen und seine Dokumente an Journalisten des britischen „Guardian“ übergab. Dazwischen sieht man immer wieder Rückblenden, in denen Snowdens Werdegang geschildert wird: Vom konservativen jungen Patrioten, der sich 2004 beim freiwilligen Wehrdienst beide Beine brach, zum CIA- und späteren NSA-Agenten, der seine Fähigkeiten als Computerspezialist zum Schutz seines Landes einsetzen wollte. Wo er dann sehr rasch desillusioniert wurde. Bis er schließlich so erschrocken über die Aktionen der Datenkraken war, dass er sich entschloss, die Geheimnisse der Welt preiszugeben.
DIE STARS: Regisseur Oliver Stone gehört seit dem Kriegsfilm „Platoon“ (1986; vier Oscars) zur Elite der US-Filmemacher. Er ist der Mann hinter Hits wie „Wall Street“, „Natural Born Killers“ oder „Nixon“.
Snowden-Darsteller Joseph Gordon-Levitt begeisterte zuletzt als Seiltänzer am New Yorker World Trade Center im Kino-Abenteuer „The Walk“. Shailene Woodley, die Snowdens Gefährtin Lindsay spielt, wurde durch die „Die Bestimmung“-SciFi-Serie zum Star. Mit Melissa Leo, Nicolas Cage, Zachary Quinto und Tom Wilkinson sind auch wichtige Nebenrollen edel besetzt.
DIE KRITIK: „Snowden“ ist ein typischer Oliver-Stone-Film geworden. Der Regie-Berserker Stone, der mit seinen Produktionen gerne aneckt, füllt das Dokudrama mit viel Drive, viel Spannung, großen Emotionen und einer beunruhigenden Botschaft: Big Brother is always watching you.
Kritische Distanz zum Protagonisten des Films sucht man in „Snowden“ allerdings vergeblich. Oliver Stone liebt es ja, die Menschen in Helden und Schurken zu unterteilen, und Edward Snowden ist für ihn eindeutig ein Held. Ein Außenseiter, der sein Leben und sein privates Glück aufs Spiel setzt, um die Welt über eine dunkle Organisation zu informieren, die von Privatsphäre und Anonymität rein gar nichts hält.
Wenn man auf der Leinwand mit Ed Snowdens Wissen konfrontiert wird, kann einem schwummerig werden. Denn wenn alles stimmt, was dort gesagt wird, haben die USA die Fähigkeit, jedes Handy, jede eMail und jeden Computer auf der Welt zu kapern. Sogar die Staatsspitze des kleinen Österreich sei von den Amerikanern überwacht worden, erfährt man im Film.
Aber dient die Daten-Sammelwut der USA nicht dem Ziel, dem Terrorismus die Basis zu entziehen? Ed Snowden ist da skeptisch: „Terrorismus ist der Vorwand“, sagt er im Film. „Es geht um politische und gesellschaftliche Kontrolle. Um die Vormachtstellung des eigenen Landes.“
Oliver Stone hat die Fakten und Aktionen des Whistleblowers so arrangiert, dass „Snowden“ in Sachen Spannung die meisten Thriller übertrifft. Wenn der junge CIA-Mann erstmals Zeuge wird, wie die CIA mit schmutzigen Mitteln einen Informanten gefügig macht, dann blättert die schillernde Fassade des Agenten-Lebens. Wenn er später einen Zauberwürfel benutzt, um einen Computerchip mit extrem heißen Informationen durch eine Sicherheits-Schleuse zu schmuggeln, könnte sich das kein Drehbuchautor besser ausdenken. Doch die Aktion ist real.
So wird „Snowden“ nicht nur zum geopolitischen Lehrstück (oder zum Pamphlet, falls man zu den Gegnern des Whistleblowers zählt) – der Film verpackt seine Botschaft obendrein in perfekte Kino-Unterhaltung. Woran natürlich auch die Darsteller großen Anteil haben.
Joseph Gordon-Levitt, der sonst gern einmal als Luftikus auftritt, porträtiert Edward Snowden als stillen, scheuen Mann, der nur schwer mit der Erkenntnis zurechtkommt, wie massiv die Geheimdienste die Bürgerrechte verletzen. Die Entscheidung, sein Wissen an die Öffentlichkeit zu bringen, muss er ganz alleine treffen. Denn was den Beruf betrifft, unterliegt er einer beinharten Schweigepflicht.
Unter dieser Verschlossenheit leidet auch Edwards Lebensgefährtin Lindsay Mills, die von ihrem Partner mal mit plötzlichen Stimmungsschwankungen überrascht wird und dann mit ebenso plötzlichen Ortswechseln. Shailene Woodley spielt diese Lindsay als zärtlichen und smarten Kumpel-Typ (die echte Lindsay Mills lebt mittlerweile mit Snowden in seinem Moskauer Exil).
Auch die Rollen der Geheimdienstler und der Journalisten, mit denen Ed Snowden zu tun hat, sind mit erstrangigen Darstellern besetzt, die zudem mit prägnanten Dialogen prächtiges Spielmaterial haben. Und „Snowden“ ist in Summe eine Filmbiografie mit Dokudrama-Charakter, die sich immer mehr zum realen Thriller verwandelt und mit ihren Themen echten Gruselfilm-Charakter hat.
IDEAL FÜR: alle, die am Thema Überwachung und am Fall Snowden interessiert sind.