DIE STORY: Die Molekular-Biologin Luise Jansen (Iris Berben) bekommt in der Komödie „Miss Sixty“ zu ihrem 60. Geburtstag ein unliebsames Geschenk. Die hochmütige und kratzbürstige Einzelgängerin, die noch immer bei ihrer Mutter (Carmen-Maja Antoni) lebt, wird wegen sozialer Unverträglichkeit in die Frühpension geschickt.
Die von Luise verfluchte Verrentung hat zwei Folgen. Erstens läuft die Biologin, nunmehr vom Labor-Stress befreit, beim Spaziergang im Park dem gleichaltrigen Galeristen Frans Winther (Edgar Selge) über den Weg. Der Jogger liegt dort mit einem Hexenschuss, nachdem er es zuvor beim Sex mit seiner jungen Geliebten (Jördis Richter) allzu wild getrieben hat. Und zweitens muss Luise ihr Büro ausräumen. Dabei kommen in einem Kühlschrank Eizellen von ihr zum Vorschein, die sie vor 20 Jahren für ein Experiment einfrieren ließ.
Der Fund weckt in der kinderlosen Biologin eine kühne Idee: Wie wär’s, wenn sie jetzt noch Mutter würde - mit ihren eigenen Eizellen und Sperma von einem Samenspender? Luise beginnt, das Thema Mutterschaft heftig zu diskutieren. Auch mit dem jugendfixierten Galeristen Frans, der ihr mit seiner prahlerischen Vorliebe für junge Freundinnen anfangs herzlich unsympathisch ist. Und der obendrein der Großvater des Wunschkinds werden könnte: Luise hat Frans‘ Sohn, den Online-Journalisten Max Winther (Björn van der Wellen) als möglichen Spermaspender ausgeguckt.
DIE STARS: Mit Iris Berben und Edgar Selge bietet „Miss Sixty“ zwei der besten deutschen Schauspieler unserer Zeit auf. Beide machten in den letzten Jahren (auch) als TV-Ermittler Furore - er als einarmiger Kommissar im „Polizeiruf 110“, sie in und als „Rosa Roth“. Carmen-Maja Antoni, die in „Rosa Roth“ als Kollegin der Kommissarin zum Stammpersonal gehörte, ist in „Miss Sixty“ als Luises Mutter dabei.
DIE KRITIK: Kann und darf eine Frau von 60 Jahren noch daran denken, ein Baby zu bekommen? Diese sehr ernsthafte ethische Frage wird in „Miss Sixty“ in eine Komödie verpackt.
Luise, die zwangspensionierte Biologin, erkennt, dass sie jahrzehntelang vor lauter Arbeit das Leben verpasst hat. Und mehr noch als einen Lover will sie ein Baby im Arm halten – ein „eigenes Baby“, wie Iris Berben in der Rolle der eigenwilligen Wissenschaftlerin immer wieder betont. Schließlich, so erklärt sie nach der Wiederbegegnung mit ihren eingefrorenen Eizellen im Eisschrank ihres Biologie-Labors: „Eier hab‘ ich selber – fehlt mir nur noch das Sperma“. Ihre Mutter schüttelt da fassungslos den Kopf: „Klingt ja sehr romantisch!“
Das Erstaunliche: Der Film enthält wirklich eine Menge romantische Elemente. Und komische. Und ernsthafte. „Miss Sixty“ ist eine höchst bekömmliche Melange verschiedenster Zutaten, die gemeinsam ein gelungenes Kino-Menü ergeben.
Das Gelingen liegt natürlich einmal ganz vehement am prächtigen Spiel der beiden Stars. Iris Berben und Edgar Selge gehen mit einem buntschillernden Bouquet darstellerischer Finessen ans Werk, und zwischen ihnen sprühen so vehement die Funken der Lust (am Spiel), dass sich das direkt aufs Publikum überträgt.
Wie es sich für eine gute Komödie gehört, müssen die beiden Protagonisten einander erst einmal ausgiebig anpfauchen, bevor sie an ihrem Gegenüber auch positive Seiten erkennen. Autorin Jane Ainscough und Regisseurin Sigrid Hoerner haben einen rasanten Slalom ausgesteckt, in dem sie alle Themen des Films pointiert abhandeln. Es geht ja nicht nur um den späten Babywunsch von Luise. Treffsicher werden auch Themen wie Einsamkeit, die Lust älterer Männer auf junge Frauen, die Kunst oder die Lebensbilanz der Alt-Achtundsechziger abgehandelt (für letztere ist in einer feinen Nebenrolle Michael Gwisdek zuständig).
All das passt ganz prächtig zusammen (auch wenn es der Film in seinem einzigen Fehlgriff schafft, binnen Sekunden die moderne Kunst, Künstler und Kunst-Konsumenten gleichzeitig zu diskreditieren). Doch ansonsten perlt der Film 98 Minuten lang mit dem Schwung einer Screwball Comedy dahin und erhebt sich meilenweit über (fast) alles, was man heutzutage so an deutschen Komödien vorgesetzt bekommt.
Ach ja: Bekommt Luise dann zu guter Letzt ihre Baby? Auf diese Frage gibt’s im Finale natürlich auch eine Antwort. Aber die wollen wir hier selbstverständlich nicht verraten.
IDEAL FÜR: Fans von Iris Berben und Edgar Selge, die Lust auf eine Komödie mit blitzenden Pointen, viel Tiefgang, Sinnlichkeit und ernsten Themen haben.