Lone Ranger
Captain Sparrow im Wilden Westen
DIE STORY: Der Western „Lone Ranger“ wird aus der Perspektive des Indianers Tonto (Johnny Depp) erzählt. Der Plot: Eine Gruppe von Texas Rangers gerät auf einer Patrouille in einen Hinterhalt. Der junge John Reid (Armie Hammer) ist der einzige Überlebende. Gemeinsam mit Tonto wird Reid zum unbarmherzigen Gangster-Jäger. Als „Lone Ranger“ jagt er die Gang von Butch Cavendish (William Fichtner) – und deren Hintermänner.
DIE STARS: Johnny Depp wirkt als Tonto bisweilen so, als hätte er seinen Piraten-Kapitän Jack Sparrow ins Indianerkostüm gesteckt: Er spielt eine irgendwie bizarre, schrullige und zugleich auch starke Figur. Das ist leidlich unterhaltsam – doch vom Sessel reißt einen Mr. Depp diesmal nicht. Da agiert Nachwuchs-Star Armie Hammer bedeutend eindrucksvoller, der den Lone Ranger als coolen Kämpfer anlegt, dem die Gerechtigkeit über alles geht.
KURZKRITIK: Der Film hat begeisternde Action-Szenen, in denen eilige Eisenbahnen, auf dem falschen (oder auch ohne) Gleis dahinrollend, eine Hauptrolle spielen. Für die Inszenierung von Gore Verbinski gilt jedoch Ähnliches wie für Johnny Depp: Sein Western ähnelt im Stil allzu sehr den „Fluch der Karibik“-Piratenfilmen. Der Film ist jenseits der Action und einiger flotter Sprüche recht langatmig.
IDEAL FÜR: Fans von Johnny Depp sowie für Freunde des Western-Genres.
FilmClicks Kritik. Was wäre der Wilde Westen ohne pfauchende Dampfloks? „Reitet das Eisenpferd los“, weiß der kluge Indianer Tonto, „ist es sehr schwer zu stoppen.“
Auf diese Erkenntnis hat das Hollywood-Trio Johnny Depp (Tonto), Gore Verbinski (Regie) und Jerry Bruckheimer (Produktion) seinen Ausflug vom „Fluch der Karibik“ zum Western aufgebaut. Ratternde, entgleisende und kollidierende Eisenpferde (sprich Eisenbahnen) sorgen für wirklich sensationelle Momente in „Lone Ranger“.
Gleich zu Beginn rutscht ein den Schienen entflohenes Schienenfahrzeug furchterregend auf die Helden Johnny Depp & Armie Hammer zu. Und im Showdown sorgt eine ganz und gar nicht nervensparende Bahnfahrt, in deren Verlauf eine imposante Holzbrücke zu Bruch geht, für eine optisch überwältigende Kulisse.
Zwar ist dieser Showdown bahntechnisch von allen Gesetzen der Logik fein säuberlich befreit (die Bilder erinnern mehr an eine neue Attraktion für Disney World), aber das macht nix. Die Kinobesucher wollen unterhalten werden, und hier findet gute Unterhaltung statt.
Leider gilt das nicht für den ganzen Film. „Lone Ranger“ erzählt eine nicht gerade unkomplizierte Geschichte, in der Helden und Schurken, Soldaten und Indianer, aufrechte Bürger und hinterlistige Ränkeschmiede ein großflächiges Handlungsgeflecht ausrollen. Das Dumme daran: Der Film hält das Tempo seiner famosen Action-Sequenzen nicht durch und wird zwischendurch immer wieder ein bissl fad.
Top-Star Johnny Depp kann die Show nicht retten. Optisch ist er auffällig, gewiss: Mit Kriegsbemalung und einem toten schwarzen Vogel als Kopfschmuck ist sein Tonto eine imposante Erscheinung. Doch in seiner Art wirkt der weise Kämpfer oft so, als wäre er ein Zwillingsbruder von Johnny Depps Captain Sparrow aus den „Pirates of the Caribbean“-Abenteuern. So wie Sparrow ist auch Tonto ein flapsiger Sprücheklopfer, der mehr durch seine schrullige Art in Erinnerung bleibt als durch entschlossene Kühnheit.
Wenn schon Johnny Depp ausstrahlt, er wisse nicht so recht, was er in diesem Western eigentlich solle – wie will er dann das Publikum fesseln? „Lone Ranger“ krankt an dem Problem, dass einem die Figuren und ihre Konflikte nicht ans Herz gehen. Auch wenn Armie Hammer als aufrechter Lone Ranger punkten kann und einige Nebenfiguren sehr originell besetzt sind (Helena Bonham-Carter etwa spielt mit vollem Einsatz eine schussgewaltige Halbwelt-Dame): Als Zuschauer freut man sich immer, wenn die kleinen Storys, die der Film erzählt, endlich durch große Action-Szenen abgelöst werden.
„Lone Ranger“ gehört in den USA zu den großen Flops des Kino-Sommers, und einzelne Beobachter nehmen das Fiasko zum Anlass, einen Grabgesang auf das Western-Genre zu singen. Einspruch: In diesem Fall enttäuscht nicht der Western, sondern die wackelige Geschichte.
Erstaunlich, dass der Fehlschlag ausgerechnet den Hollywood-Mogulen Depp, Verbinski & Bruckheimer widerfuhr: Als sie 2003 „Fluch der Karibik“ herausbrachten, waren Piratenfilme nicht nur scheintot, sondern mucksmausetot. Doch sie schafften es, einem abgeschlafften Genre frischen Pep und einen Hauch von Moderne zu geben. Mag sein, dass sie bei „Lone Ranger“ Ähnliches im Sinn hatten. Aber diesmal ging es schief.