Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt

Julian Assange als Kino-Held


FilmClicks:
„Inside WikiLeaks“: Daniel Brühl (Daniel Domscheit-Berg) und Benedict Cumberbatch (Julian Assange) © Constantin
DIE STORY: „Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt“ erzählt die Geschichte von WikiLeaks und von Julian Assange, dem Gründer der Enthüllungs-Plattform, die mit der Veröffentlichung zahlreicher Regierungsgeheimnisse die Spielregeln der Politik veränderte. Ein wichtiges Thema des Films ist aber auch das erst freundschaftliche und später feindselige Verhältnis von Assange zu seinem Mitstreiter und zeitweiligen Stellvertreter Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl).
DIE STARS: Benedict Cumberbatch („Star Trek Into Darkness“) ließ sich die Haare blond färben und spielt mit Grandezza und leicht autistischer Attitüde den Aufdecker Julian Assange. Die zweite Hauptrolle gehört Daniel Brühl („Good Bye Lenin!“), der den Wikileaks-Aktivisten Daniel Domscheit-Berg verkörpert. Domscheit-Bergs Buch „Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt“ ist eine wichtige Grundlage des Drehbuchs. Auch erste Kräfte wie Laura Linney, Stanley Tucci, Carice van Houten und Moritz Bleibtreu sind im Ensemble dabei.
KURZKRITIK: Oscar-Gewinner Bill Condon („Dreamgirls“)  inszenierte „Inside WikiLeaks“  als Mischung aus abenteuerlichem Polit-Thriller und privatem Psychodrama. Die Schilderung des Aufstiegs der Organisation ist spannend und lässt den Zuschauer immer wieder staunen: Schließlich trat hier ein extrem winziger David (Wikileaks) gegen einen extrem riesigen Goliath (die Staaten und Konzerne) an. Wie es den Netz-Guerillas gelang, die Mächtigen auszuhebeln, ist eindrucksvoll ins Bild gerückt. Für den privaten Teil des Films, der sich um den Knatsch zwischen Julian Assange und seinem Kumpel Domscheit-Berg dreht, gilt das allerdings nicht: Hier dümpelt der Film brav dahin wie ein Fernsehspiel und erzählt Dinge, die man eigentlich gar nicht wissen will. Trotzdem: „Inside WikiLeaks“ ist einen Kinobesuch wert.
IDEAL FÜR: alle, die es schätzen, ein wichtiges Thema unserer Zeit informativ und zugleich unterhaltsam als Reality-Drama im Kino zu erleben.
FilmClicks-Kritik. „Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er für sich spricht“, spricht Julian Assange (Benedict Cumberbatch). „Gib ihm eine Maske, dann wird er dir die Wahrheit sagen.“
 
Dieses Zitat könnte als Motto über dem Film „Inside WikiLeaks“ stehen. Die von Assange initiierte Enthüllungsplattform, die ab 2006 quasi aus dem Nichts entstand und bald darauf Politiker und Potentaten das Fürchten lehrte, gewann ihre Kraft durch die Informationen, die sie von anonymen Whistleblowern erhielt.
 
Die internen Dokumente, die so an die Öffentlichkeit kamen, ramponierten das Ansehen von allzu geschäftstüchtigen Banken genauso wie jenes der US-Militärs. Der größte – und umstrittenste – Coup der Aktivisten war 2010 und 2011 die Veröffentlichung Hunderttausender  diplomatischer Dokumente der USA. Der Vorwurf gegen Wikileaks: Dadurch sei die Existenz zahlreicher Geheiminformanten gefährdet worden.
 
US-Regisseur Bill Condon, bekannt für bekömmliche Kino-Waren wie das Musical „Dreamgirls“, hat nun versucht, diesen gigantischen Themenkomplex in einen 128-Minuten-Film zu pressen. Nicht nur das: „Inside WikiLeaks“ bietet auch noch einer privaten Geschichte Raum, jener von Assange und seinem einst engsten Mitarbeiter, dem Deutschen Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl). Herausgekommen ist ein Polit-Thriller, der über weite Strecken zu fesseln vermag. Doch irgendwann wird die Fülle des Materials zu viel: Der Film beginnt, sich zu verzetteln. Der Konflikt zwischen Assange und Domscheit-Berg, die von Freunden zu Gegnern werden, bekommt allzu viel Zeit eingeräumt.
 
Die Sequenzen, in denen es um die Enthüllungen und deren Folgen geht, lohnen aber  den Kinobesuch. Man wird Zeuge der Anfangsphasen der Organisation, als WikiLeaks noch von kaum jemandem ernst genommen wurde.  Man erlebt, wie viel Mut und listige Raffinesse notwendig waren, um die Informationen für die Enthüllungen überhaupt zu bekommen. Und man versteht die immerwährende Nervosität von Assange & Co: Einerseits standen ihnen die großen Medien der Welt, vom „Guardian“ über die „New York Times“ bis zum „Spiegel“, unterstützend zur Seite. Andererseits mussten sie aber jederzeit gewärtig sein, selbst zum Ziel offener oder verdeckter Ermittlungen zu werden.
 
Nicht zu Unrecht: Der Australier Assange sitzt ja, wie allgemein bekannt, seit Monaten als Flüchtling in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Würde er auf die Straße gehen, wäre er von sofortiger Verhaftung bedroht. Wegen einer Anklage, in der es nicht um Politik geht, sondern um Enthüllungen erotischer Art: Der Vorwurf lautet auf sexuelle Belästigung.
 
Benedict Cumberbatch gelingt das schillernde Porträt eines charismatischen Einzelgängers: Sein Julian Assange ist ein messianischer Sturschädel; getrieben von der Überzeugung, der Welt mit seinen Veröffentlichungen einen großen Gefallen zu tun. Dass die Arbeit von WikiLeaks positive Folgen hatte und hat, werden wohl nur die Geheimnisträger und ihre Günstlinge  bezweifeln: Den Jungs gehe es um „Wahrheit, Gerechtigkeit – all die amerikanischen Werte“, sagt Laura Linney als US-Diplomatin im Film. Dort wird allerdings kein pures Heldenporträt von Assange gezeichnet: Der Geltungsdrang des Mannes und seine bisweilen autistisch wirkende Selbstbezogenheit kommen klar heraus (Assange wollte den Film, auch dies ist bekannt, am liebsten verhindern).
 
Daniel Brühl, der derzeit als Niki Lauda in „Rush“ oscarverdächtige Runden dreht, beeindruckt in „Inside WikiLeaks“ als vollbärtiger Computer-Nerd: Sein Daniel Domscheit-Berg ist ein Zauberer an Keyboard und Maus, der seine Karriere hintanstellt und seine Talente nur zu gern der Sache von WikiLeaks verschreibt.
 
 





Trailer
Interview
„Ich spiele gern Rollen, auf die ich in gewisser Weise neidisch bin“
Erst war er Niki Lauda, jetzt spielt er den Internet-Aktivisten Daniel Domscheit-Berg. Der deutsche Schauspieler Daniel Brühl spricht im Filmclicks-Interview über WikiLeaks und sein Vertrauen in die Medien. Mehr...
LÄNGE: 128 min
PRODUKTION: Deutschland / USA 2013
KINOSTART Ö: 31.10.2013
REGIE:  Bill Condon
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 10


BESETZUNG
Benedict Cumberbatch: Julian Assange
Daniel Brühl: Daniel Domscheit-Berg