DIE STORY: „Ich bin dann mal weg“ macht aus dem Jakobsweg-Bestseller von Hape Kerkeling einen Spielfilm.
Der Plot: Der Entertainer Hape Kerkeling (Devid Striesow) ist sehr gut im Geschäft. Monat für Monat, Jahr für Jahr, ist er landauf landab unterwegs. Setzt seinen Körper permanent Stress aus und überhört die kleinen und großen Signale, dass er kürzertreten soll.
Erst ein Hörsturz und eine Gallenblasen-OP lassen ihn darüber nachdenken, dass einmal eine Pause angesagt wäre. Also macht er sich auf, um den Jakobsweg zu erwandern. Auf dem Weg, von dem er denkt, dass er nie am Ende ankommen wird, lernt er spannende Leute wie Stella (Martina Gedeck) und Lena (Karoline Schuch) kennen - und viel über sich selbst.
DIE STARS: Hape Kerkeling, dem 2006 mit „Ich bin dann mal weg“ ein gigantischer Bucherfolg gelang, war klug genug, sich in das Filmprojekt nur überwachend einzuschalten. Die Hauptrolle überließ er dem Ausnahmeschauspieler Devid Striesow („Die Fälscher“), der in der Rolle derart aufgeht, dass man nach spätestens zehn Minuten im Kino vergessen hat, dass hier ein Schauspieler tätig ist. An seiner Seite zeigt die großartige Martina Gedeck („Die Wand“), dass sie Komödie mit derselben Inbrunst spielt wie Tragödie.
Regisseurin Julia von Heinz hinterließ 2014 mit dem deutsch-israelischen Arthaus-Drama „Hannas Reise“ tiefen Eindruck. In der Titelrolle sah man damals Karoline Schuch, die jetzt in „Ich bin dann mal weg“ die zweite Frau an Hapes Seite auf dem Weg der Entbehrungen und Einsichten spielt – sehr frisch und sehr frech.
DIE KRITIK: „Ich bin dann mal weg“ war Mitte des letzten Jahrzehnts der Überraschungserfolg auf dem deutschsprachigen Buchmarkt schlechthin. Bis heute mehr als fünf Millionen Exemplare verkauft. Und das von einem Bericht über eine extreme Erfahrung. Geschrieben von Deutschlands größtem Komiker gleich nach Loriot.
Die Zeichen für das Buchprojekt standen nicht unbedingt auf Erfolg. Denn Hape Kerkeling liefert hier keine der gewohnten Gag-Paraden. Das Buch erzählt vom Scheitern und Verlieren, vom Wiederfinden und der ständig präsenten Frage: „Wer bin ich eigentlich?“, gefolgt von einem ganzen Rattenschwanz an Überlegungen.
Nun also die Film-Variante, um die sich Hape Kerkeling lange Zeit herumdrückte. Ihm gefielen die Ideen der Produzenten nicht. Und vor allem behagte ihm nicht, dass immer alle dachten, nur er könnte die Hauptrolle spielen.
Hape Kerkeling wanderte mit 36 auf dem Jakobsweg. Nun ist er 50 und für diese Rolle einfach mal ein paar Tage zu alt. Zum Glück gibt es Darsteller wie Devid Striesow. Wie er Hape studiert und ihn sich dann übergestülpt hat, das ist einfach großes Schauspielkino. Selbst die Monologe, die den Film im Inneren zusammenhalten, klingen so, als hätte Kerkeling sie gesprochen. Hat er aber nicht. Hier war ein Meister am Werk.
„Ich bin dann mal weg“ ist sicher nichts für die junge Generation der Kinogänger, die von Zappel-Kino überwältigt werden will. Die es liebt, einem Schnitt-Gewitter ausgesetzt zu sein. Dieser Film ist angenehmerweise der stille Gegenentwurf.
Die Kamera lässt sich in der prächtigen Inszenierung von Julia von Heinz viel Zeit, die Landschaft zu erkunden. Die Reise geht von Außen nach Innen. Der Protagonist macht sich auf den Weg, holt sich etliche Blessuren und weiß noch nicht, wonach er sucht. Es ist ziemlich oft von Gott die Rede. Dem begegnet Hape Kerkeling nicht. Oder vielleicht doch. Es gibt eine hinreißende Szene, in der etwas passiert, das jeder Zuschauer für sich selbst deuten kann.
Schön, dass es noch solche poetischen Filme gibt, die einem Raum lassen, über das Gesehene und sich selbst nachzudenken. Den langen Jakobsweg muss man nicht gleich selber laufen. Ein paar Schritte in den nächsten Wald, ins nächste Gebirge oder zum nächsten fließenden Wasser reichen völlig aus.
IDEAL FÜR: Kinogänger, die gut umgesetzte Buchverfilmungen lieben und sich den wesentlichen Fragen des Lebens nicht verweigern.