DIE STORY: Das Road Movie „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ folgt dem gleichnamigen Bestseller von Francois Lelord. Titelfigur Hector (Simon Pegg), wie der Romanautor ein Psychiater, hat eines Tages genug von seinen Patienten. Denn die schwelgen lieber in ihrer Lust am Leiden, als ihr Leben zu verändern. Die Zeit ist reif für eine neue Weltsicht. Hector verabschiedet sich von seiner Gefährtin Clara (Rosamund Pike), verlässt seine Heimatstadt London und tritt eine Reise um den Globus an, um das Geheimnis des Glücks zu ergründen.
Es geht nach Asien, Afrika und Amerika. Erste Station: Shanghai. Dort spendiert ihm der steinreiche Unternehmer Edward (Stellan Skarsgard) eine Nacht voller High Life, zu der auch ein Schäferstündchen mit einem schönen Callgirl zählt. In Tibet macht Hector meditierend in einem Kloster (mit Internet-Anschluss) Station, in Afrika gerät er als Entführungsopfer in die Hände einer Guerillatruppe.
Dank der Vermittlung eines Drogenbosses (Jean Reno) wieder in Freiheit, bricht er auf nach Los Angeles, wo er mit Hilfe seiner Berufskollegin und Ex-Geliebten Agnes (Toni Collette) sowie eines weisen Professors (Christopher Plummer) seine Glücksforschungen vollenden will.
Die Resultate seiner Suche nach dem Glück hält Hector stets in leicht fasslichen Merksätzen fest, die er durchnummeriert. Zum Beispiel: „1. Vergleiche anzustellen, ist ein gutes Mittel, sich sein Glück zu vermiesen“. Oder: „9. Glück ist, als der geliebt zu werden, der man ist“.
DIE STARS: Simon Pegg wurde bekannt mit schrägen britischen (Horror-)Komödien wie „Shaun of the Dead“ und etablierte sich mittlerweile im Blockbuster-Kino (Scotty in „Star Trek“ oder Benji Dunn in „Mission: Impossible“). Als Psychiater Hector verströmt er Professionalität, Neugier und Empathie.
Das sind Charakterzüge, denen seine Freundin Clara viel abgewinnen kann (Rosamund Pike, zuletzt in „A Long Way Down“, agiert zwischen Coolness und Hysterie). Stellan Skarsgard, Jean Reno, Toni Collette, Veronica Ferres und Christopher Plummer machen ihre Episodenrollen sichtlich großen Spaß.
DIE KRITIK: „Manchmal bedeutet Glück, nicht die ganze Story zu kennen“ notiert der Psychiater Hector als Regel Nummer 5 in seinem Büchlein, das er täglich mit neuen Gedanken füllt. Da hat er gerade, in Shanghai, erfahren, dass die Nacht, die er mit der schönen Ying Li verbrachte, nicht auf Liebe auf den ersten Blick beruhte. Sondern auf einer diskreten Spende seines Gönners Edward (Stellan Skarsgard). Hector hätte die Illusion vorgezogen, Ying Lis Zuneigung sei echt.
Von diesem amourösen Unfall abgesehen, ist Hector, wunderbar gespielt von Simon Pegg, nicht nur auf der Suche nach dem Glück, sondern auch auf jener nach Erkenntnisgewinn. Er kennt keine Scheu, sich dafür in Gefahr zu begeben.
Schon der Aufbruch zum Trip um die Welt birgt das Risiko, dass seine Beziehung zur daheim gebliebenen Clara in die Brüche gehen könnte. Egal: „Glück könnte die Freiheit bedeuten, mehr als eine Person zur gleichen Zeit zu lieben“, schreibt er als Regel Nummer vier in sein Buch.
In Tibet marschiert er durch eisige Landschaften. Über Afrika gerät er an Bord einer klapprigen DC-3 in einen Gewittersturm, bei dem nur noch beten hilft. Gleich darauf erlebt er, wie rasch man seinen sozialen Status verlieren kann: Am einen Tag noch geachteter Arzt, wird er am nächsten als Entführungsopfer in ein Verlies geworfen, in dem eine Ratte sein einziger Freund ist. Doch einen wahren Forscher kann all das nicht aus der Fassung bringen. Schließlich lautet Hectors Regel Nummer 8: „Die Vermeidung von Unglück ist kein Weg zum Glück“.
„Hectors Reise“, der Film, befolgt letztere Weisheit über weite Strecken voll und ganz. Regisseur Peter Chelsom und das Ensemble stürzen sich mutig in ein Projekt, das die gewohnte Kino-Dramaturgie immer wieder verlässt. Die nachdenkliche und visuell schwelgerische Komödie wirkt oft wie ein buntes Film-Essay, das kurze, sehr pointierte Episoden aneinanderreiht, um die stets schriftlich ins Bild gerückten Thesen zu unterstützen.
Das macht viel Spaß - bis kurz vor Schluss. Dann verlässt der Film ansatzlos den Weg der Weisheit und wendet sich einem überzuckerten Finale zu. „Hectors Reise“ endet mit einem Lob der Zweisamkeit, das aus dem Hausbuch der Binsenweisheiten stammen könnte. Spätestens dann bedauert man, dass Regisseur Chelsom, der im Fach der romantischen Komödie daheim ist, Hectors Regel Nummer 5 nicht berücksichtigt hat. Wir haben sie eingangs schon zitiert: „Manchmal bedeutet Glück, nicht die ganze Story zu kennen.“
IDEAL FÜR: Die große Lesergemeinde der Bücher von „Hector“-Autor Francois Lelord. Und für Filmfreunde, die es anregt, von einem Feelgood Movie mit gescheiten Thesen versorgt zu werden.