Gruber geht

Blödes Schnöseldeppengeplappere


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Der Schnösel und die DJane: Manuel Rubey und Bernadette Heerwagen in „Gruber geht“ © Thim Film
DIE STORY: Die österreichische Produktion „Gruber geht“, basierend auf dem Buch von Doris Knecht, ist ein Schicksalsdrama wie aus einem Groschenroman.
Manuel Rubey spielt den Wiener Werbe-Fuzzi Gruber (Kennzeichen: Porsche, Kokain, dumme Sprüche), der zu einem Verkaufstermin nach Zürich fliegt. Dort geht er wegen seiner Blasiertheit  mächtig baden (Gruber: „Mit Leuten, die keinen Whisky mögen, mache ich keine Geschäfte.“ – Schweizer: „Sie überschätzen Ihren Eindruck auf uns.“ – Gruber: „Ihr Schweizer seid’s von Natur aus alle g’schissn.“)
Gruber lässt sich’s aber nicht verdrießen. Er ruft die Berliner DJane Sarah (Bernadette Heerwagen) an, die er im Flieger kennengelernt hat, und geleitet sie sogleich in sein Bett.
Jetzt schlägt das Schicksal zu. Sarah liest Gruber einen Brief vor, den der Mann lange ungeöffnet mit sich herumtrug. Aus gutem Grund: Der Absender ist ein Krankenhaus, und der Inhalt ist eine Einladung zu einem Besuch in der Krebsstation.
Kurzum: Gruber hat Krebs. Mit einer Überlebenschance „zwischen 30 und 70 Prozent“. Immerhin. Widerwillig tritt er seine Therapie an.
Mittlerweile in Berlin. Sarah kann Gruber nicht vergessen. Nicht nur das: Sie ist schwanger! Erst denkt sie an Abtreibung. Doch auf dem Weg in die Klinik kommt sie an einem Kinderspielplatz vorbei. Gerührt beschließt sie, Mutter zu werden.
Die Lebenslinien verlaufen gegensätzlich. Mit Gruber geht’s bergab. Er wird immer schwächer. Und verliert wegen der Therapie seine Haare. Mit Sarah geht’s bergauf. Sie freut sich auf ihr Baby. Bei einem Treffen in Wien finden die beiden aber nicht zu altem Glück.
Dann schlägt das Schicksal nochmals zu. Und zwar so richtig. Gruber geht? Nein: Gruber gesundet! Doch Sarah erleidet eine Fehlgeburt! Was soll aus den beiden jetzt werden? Sie begegnen einander wieder, am Naschmarkt in Wien. Ein Hauch von Zärtlichkeit. Gemeinsam schreiten die beiden in die Abenddämmerung davon. Klappe zu, Film aus.
 
DIE STARS: Manuel Rubey zählt seit seiner Glanzrolle als Falco in Thomas Roths „Verdammt, wir leben noch!“ zu den gefragtesten Filmschauspielern aus Österreich. Gern wird er als öliger Karrierist besetzt – zuletzt etwa in Andreas Schmieds feiner Sozialkomödie „Die Werkstürmer“.
Bernadette Heerwagen  ist Stammgast in vielen deutschen TV-Produktionen. Für „Der Schandfleck“ gewann sie 2000 den Bayerischen Fernsehpreis, für „Die kommenden Tage“ erhielt sie 2011 eine Nominierung zum Deutschen Fernsehpreis.
Doris Schretzmayer („Die Neue“), Pia Hierzegger („Der Knochenmann“) und Ulrike Beimpold (demnächst in Karl Markovics‘ „Superwelt“) sorgen für wichtige herbe Momente im schmalzigen Spiel.
Die Grazer Regisseurin Marie Kreutzer legte 2011 mit dem Drama „Die Vaterlosen“ ein sehenswertes Debüt vor, das in der Panorama-Sektion der Berlinale große Beachtung fand. „Gruber geht“, ihr zweiter Film, wurde nicht zur Berlinale eingeladen.

Gruber und seine Ärztinnen: Manuel Rubey mit Pia Hierzegger und Ulrike Beimpold © Thim Film

DIE KRITIK: „Die spannenden Helden sind immer kaputte Typen. Sympathische, makellose Identifikationsfiguren langweilen mich komplett“, sagt Doris Knecht im Interview über ihren Gruber, dem sie einen Roman gewidmet hat.
Schön und gut. Der blasierte Werbemann Gruber ist definitiv ein  kaputter Typ. Aber zum spannenden Helden fehlt ihm alles. Dieser schleimige Wiener Strizzi ist ein Weichei, ein Warmduscher, ein Sprücheklopfer. Ein zutiefst langweiliges Wirtschaftswunderkind, das im Film am besten von zwei Frauen beschrieben wird.
Grubers Schwester Kathi (Doris Schretzmayer) wettert über sein „blödes Schnöseldeppengeplappere“. Und Grubers Ärztin  Dr. Jelitzka (Ulrike Beimpold) analysiert kühl: „Sie sind der wehleidige Typ.“
Mag ja sein, dass dieser Charakter im Roman funktioniert („Gruber geht“ erhielt einige sehr gute Kritiken). Im Film funktioniert er für meinen Geschmack überhaupt nicht. Auch wenn man Manuel Rubey gratulieren muss zur Kunstfertigkeit, die schlechten Eigenschaften des Mannes auf die Leinwand zu bringen.
Das Gruber-Grundproblem liegt in der Unglaubwürdigkeit zentraler Stellen der Geschichte. Dass sich eine ultracoole Berlinerin wie Bernadette Heerwagens Sarah auf einen One-Night-Stand mit dem Süßholzraspler einlässt - okay. Doch dass sie später in Berlin ihre beste Freundin anranzt, sie vermisse den Wiener Lover so sehr, weil sie (ausgerechnet!) „Vertrauen“ bei ihm spürt, ist irgendwie übergeschnappt. Und zeugt von ganz schlechter Menschenkenntnis.
Völlig daneben ist die Anhäufung von grausamen und heilsamen Zufällen in der Story. Nochmal auf einen kurzen Nenner gebracht: Krebskranker Mann schwängert beim ersten Sex lebenslustige Frau, die erst abtreiben will, dann der Abtreibung entsagt, dann eine Fehlgeburt hat, während er dem Tod von der Schaufel springt. Geht’s noch? So etwas traut sich nicht mal Rosamunde Pilcher.
Mit all diesen Zutaten wird der handwerklich und darstellerisch ordentlich gemachte Film zur kitschtriefenden Schmonzette ohne Sinn und tiefere Bedeutung. Für mich: Verlorene Zeit.
 
IDEAL FÜR: Liebhaber der Schicksalsfilme-Schiene sonntagsabends im ZDF.  






Trailer
LÄNGE: 105 min
PRODUKTION: Österreich 2014
KINOSTART Ö: 30.01.2015
REGIE:  Marie Kreutzer
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 14


BESETZUNG
Manuel Rubey: Gruber
Bernadette Heerwagen: Sarah
Doris Schretzmayer: Kathi
Pia Hierzegger: Dr. Novak
Ulrike Beimpold: Dr. Jelitzka

Interview
„Kontrolle ist eine Illusion“
Zweiter Film von Marie Kreutzer: Die Grazer Regisseurin, die 2011 mit „Die Vaterlosen“ einen fulminanten Einstand feierte, hat nun Doris Knechts Roman „Gruber geht“ verfilmt. Im Interview mit Katharina Sartena erzählt sie, was sie an dem Projekt reizte. Mehr...