Drecksau

Sex, Intrigen und Korruption


FilmClicks:
Ein egomanischer Wüterich, der keine Freunde kennt: JamesMcAvoy (re.; mit Jamie Bell) © Luna Film
DIE STORY: Die Verfilmung von Irvine Welshs Roman „Filth“, deutscher Titel „Drecksau“, handelt von dem karrieregeilen, aber mental schwer bedienten Polizisten Bruce Robertson (James McAvoy), der Drogen, Intrigen, Korruption und erzwungenen Sex für die Mittel der Wahl hält, um im Leben weiterzukommen.
DIE STARS: James McAvoy, der mit Kostümfilmen („Abbitte“) und Action („X-Men“: Erste Entscheidung“) zum Star wurde, nutzt die Rolle als schottischer Rabiat-Cop, um mal so richtig die (Dreck-)Sau rauszulassen. Sein Porträt eines wüsten Widerlings bringt ihm zwar keine Sympathiepunkte ein, zeugt aber von darstellerischer Virtuosität. McAvoys Co-Stars wie Jamie Bell, Imogen Poots, Eddie Marsden oder Shauna Macdonald spielen gut in einer schlechten Welt.
KURZKRITIK: „Drecksau“ ist ein kalter, brutaler, depressiver und deprimierender Film, der die pessimistische Lebenssicht des Autors Irvine Welsh („Trainspotting“) auf die Leinwand bringt. Das Drama des Polizisten Robertson, der nicht nur seine Umwelt, sondern auch sich selbst in den Abgrund reißt, bietet in seiner ausweglosen Spirale des Scheiterns weder Trost noch Erkenntnis. Was es ziemlich schwierig (bis unmöglich) macht, den von Jon S. Baird trashig inszenierten Film zu mögen.
IDEAL FÜR: Verehrer der Romane von Irvine Welsh mögen. Und natürlich für James-McAvoy-Fans, die den Star einmal als Helden der Finsternis erleben wollen.
FilmClicks Kritik. Die Welt, wie sie Irvine Welsh sieht, ist kein schöner Ort. In seinem ersten Roman „Trainspotting“ erzählte der schottische Autor 1993 über hoffnungslose Kids aus Edinburgh, die ihr Elend mit Drogen betäuben. In „Filth“ (deutscher Titel „Drecksau“; erschienen 1998) kommt das Elend erwachsen daher: Zentralfigur ist der wüste Polizist Bruce Robertson, der von Karriere und heiler Familie schwärmt, jedoch alles in seiner Umgebung (und vor allem sich selbst) in den Abgrund reißt.
 
Die Verfilmung von „Trainspotting“ wurde in der Regie von Danny Boyle zum Arthaus-Hit, der die Karriere von Hauptdarsteller Ewan McGregor mächtig anschob. In der Kino-Version von „Drecksau“, die jetzt anläuft, steht abermals ein Star aus Schottland im Zentrum. James McAvoy („Abbitte“; „X-Men: Erste Entscheidung“) nutzt die Gelegenheit, vor der Kamera mal so richtig die Sau rauszulassen.
 
In den ersten Szenen des Films sieht man Robertsons Frau, einen blonden Vamp (Shauna Macdonald), die in lüsternen Tönen von ihrem Gemahl schwärmt. Doch tritt der Cop dann selber auf, wirken die Lobesworte wie ein Hirngespinst. Mr. Robertson ist die Verschlagenheit in Person. Und er ist ein Getriebener seiner Obsessionen: Nach Macht, nach Sex, nach Rauschmitteln und schnellen Kicks.
 
Schneller Sex statt Gefühl: James McAvoy mit Shirley Henderson © Luna Film

Zunächst geht’s ihm in der Story mal darum, einer erhofften Beförderung näher zu kommen. Nicht durch Leistung, versteht sich. Robertson findet, Intrigen seien ein besseres Aufstiegsmittel. Dann geht’s darum, einen Mordfall an einem Asiaten aufzuklären. Robertson entpuppt sich rasch als grottenschlechter Ermittler, der aber glaubt, die Weisheit gepachtet zu haben. Wer ihm in die Quere kommt, wird zum Opfer: Männliche Freunde und Kollegen können gewiss sein, von dem Mann in die Pfanne gehauen zu werden. Und Frauen? Robertson verachtet sie. Doch er zwingt oder verführt sie zu schäbigem Sex.
 
Zwischendurch begleitet man den wilden Mann immer wieder mal zum Psychiater. Denn was jeder Filmbesucher ahnt, kann der Seelendoktor diagnostisch bestätigen. Herrn Robertson geht es nicht gut. Er ist seelisch schwerstens bedient und setzt seinen manischen Aktionismus dazu ein, um seine Depressionen zu übertünchen. Was natürlich scheitern muss.  
 
So ist „Drecksau“ ein Cop-Movie, das trotz Thriller-Handlung eher als Psychodrama daherkommt. Vor James McAvoy muss man den Hut ziehen: Er spielt die Ausbrüche, die Bösartigkeit und die wütende Verzweiflung dieses Mannes präzise und irrlichternd aus. Auch um ihn herum gibt’s von Jamie Bell, Jim Broadbent, Eddie Marsan oder Imogen Poots hohe Schauspielkunst zur tiefen Tragödie.
 
Bleibt nur noch ein Problem offen, das Autor/Regisseur Jon S. Baird so formuliert: „Selbst dem lberalsten Zuschauer dürfte es schwerfallen, Bruce Robertson und seine abscheulichen Handlungen sympathisch zu finden.“ Da hat er Recht. Bei aller Wertschätzung für die Kunstfertigkeit, mit der diese trashige Literaturverfilmung entstand: „Drecksau“ zu sehen, macht keinen Spaß. Die Mischung aus Aggression und Selbstmitleid, die der Film ausstrahlt, ist schwer zu ertragen.





Trailer
Interview
In der finsteren Welt der Obsessionen
Der schottische Filmstar James McAvoy spielt in „Drecksau“, einer Roman-Verfilmung von „Trainspotting“-Autor Irvine Welsh, einen heimtückischen, sexistischen Polizisten. Im FilmClicks-Interview berichtet er, was ihn an der Rolle reizte. Mehr...
LÄNGE: 98 min
PRODUKTION: Großbritannien 2013
KINOSTART Ö: 29.11.2013
REGIE:  Jon S. Baird
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 16


BESETZUNG
James McAvoy: Bruce Robertson
Shauna Macdonald: Carole Robertson
Jamie Bell: Ray Lennox
Eddie Marsan: Bladesey