DIE STORY: Erster Weltkrieg. Das Drama „Die Wälder sind noch grün“ spielt im Sommer 1917 an der Isonzo-Front zwischen Österreich-Ungarn und Italien. Ein Hauptmann und zwei Soldaten halten einen Beobachtungsposten in den Julischen Alpen. Bei einem Artillerie-Angriff der Italiener schlägt ein Geschoss neben der Hütte ein. Ein Soldat stirbt, der Offizier wird schwer verwundet.
Der junge Gebirgsjäger Jakob Lindner (Michael Kristof) fordert über das Feldtelefon Hilfe an. Doch die kommt nicht. Er ist allein mit dem Hauptmann Jan Kopetzky (Simon Serbinek), dem bei der Attacke ein Bein abgetrennt wurde. So gut es geht, versucht der Soldat, dem Offizier zu helfen. Mit ein paar Morphium-Injektionen, mit etwas Alkohol, mit Gesprächen. Die beiden kommen einander näher.
Eines Nachts wagt sich Lindner ins Tal, um am Fluss die Feldflaschen neu zu füllen. Dabei gerät er in ein Gefecht, dem er im Schutz der Dunkelheit gerade noch entkommt. Als er zum Posten zurückkehrt, ist Hauptmann Kopetzky für immer verstummt. Über das Feldtelefon bekommt der Soldat den Befehl, die Stellung zu halten.
DIE STARS: „Die Wälder sind noch grün“ ist ein Film ohne Stars – aber mit eindrucksvollen Schauspielern. Der Kärntner Michael Kristof, bis dato vor allem am Theater aktiv, gibt dem Soldaten Jakob Lindner eine tiefgründige Aura zwischen Friedenssehnsucht und Pflichtbewusstsein, Todesangst, Mut, Fatalismus und Naivität. Der Slowene Simon Serbinek legt den Hauptmann Kopetzky als korrekten, aber auch väterlichen k.u.k. Offizier an. Den Schmerz seiner Verletzung erträgt er mit zusammengebissenen Zähnen und mit Morphium. Doch gegen den Schmerz, durch den Tod von seiner Familie getrennt zu werden, hilft Morphium nicht.
Der Wiener Aap Lindenberg hat einen Episoden-Auftritt als gelackter General, dem in schönstem Schönbrunnerdeutsch schaurige Sätze über die Lippen kommen. Der Kroate Kristian Hodko spielt den jungen Gebirgsjäger, der beim Artillerieangriff stirbt.
DIE KRITIK: „Verzweiflung, Nacht in traurigen Gehirnen“ – diese Textzeile steht in Georg Trakls Gedicht „Menschheit“, das den Wiener Robert Hofferer, Produzent und Ko-Autor des Films, zur Realisierung von „Die Wälder sind noch grün“ anregte.
„Verzweiflung, Nacht in traurigen Gehirnen“: Damit ist auch die Gemütslage der drei Soldaten definiert, die auf ihrem einsamen Posten die Stellung halten. Sollten sie jemals so etwas wie Kriegsbegeisterung verspürt haben, so ist diese jetzt, im Sommer 1917, längst verglüht. Der Hauptmann und die zwei Gebirgsjäger sehen nur noch den Tod, das Leid und die vollendete Sinnlosigkeit des Krieges, der sie umstürmt.
„Die Wälder sind noch grün“ ist ein Drama, das mit einfachen Mitteln mehr über den Krieg erzählt als so manche Multi-Millionen-Produktion. Regisseur Marko Nabersnik braucht keine Statistenheere, um die Gefechte ins Bild zu rücken. Der Film setzt auf Phantasie und verlegt den Schrecken in den Kopf des Zuschauers.
Nur in einer Szene gibt es so etwas wie Action: Gleich zu Beginn, wenn das Geschoss einschlägt, das dem Hauptmann ein Bein abreißt. Der Krieg meißelt sich fortan akustisch ins Bewusstsein des Betrachters. Erst durch die Schmerzensschreie des Offiziers. Dann durch das ewige Grollen und Knattern der Waffen. Die Landschaft der Julischen Alpen schaut paradiesisch aus. Doch hier ist sie eine Hölle. „Ich bin nicht unter einem glücklichen Stern geboren worden“, lautet einer der letzten Sätze des Hauptmanns. Da hat er dem jungen Soldaten Lindner gerade wehmütig vom Pessach-Fest mit seiner Familie erzählt.
Michael Kristof, der den jungen Kärntner spielt, steht in „Die Wälder sind noch grün“ vor einer Herausforderung, wie sie zuletzt Robert Redford (in „All Is Lost“) oder Sandra Bullock (in „Gravity“) meisterten: Er muss einen Film über weite Strecken ganz allein tragen. Kristof löst diese Aufgabe mit Bravour. Er spielt die Ängste, die Einsamkeit und die Albträume des Soldaten, der doch eigentlich vom Frieden träumt, mit sanfter Eindringlichkeit aus. Man schaut ihm zu, wenn er Särge für die toten Kameraden zimmert (mit einem Kreuz für den Soldaten und einem Davidstern für den Offizier). Man ist gemeinsam mit ihm fassungslos, wenn er sich die Unsäglichkeiten eines Generals anhören muss („der Tod ist der beste Freund eines Soldaten“).
Egal, was der Gebirgsjäger Lindner denkt oder tut, man ist als Zuschauer auf seiner Seite. Denn sein Weg ist nicht der eines Kriegers. Sondern der eines Kriegsgegners, der von Kriegstreibern in die Uniform gezwungen wurde.
IDEAL FÜR: alle, denen Aufrufe zum Frieden lieber sind als Aufrufe zur Gewalt. „Die Wälder sind noch grün“ ist einer der besten österreichischen Filme des Jahres.