DIE STORY: „Der Nachtmahr“ – ein Schauerwesen mit Babygesicht und langen Armen, das nur schreiende Laute äußern kann – erscheint der 17jährigen Tina (Carolyn Genzkow) nach einer nächtlichen Party. Und dabei lief gerade alles in ihrem Leben so toll. Sogar Mädchenschwarm Adam (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) begann, sich für sie zu interessieren.
Aber nun ist alles anders. Niemand außer Tina kann das Ding sehen. Niemand glaubt ihr. Der Nachtmahr hingegen will Tina nicht verletzen oder gar töten. Er weicht ihr einfach nicht mehr von der Seite. Wie also mit diesem Wesen umgehen? Tina wird ihren sehr eigenen Weg finden.
DIE STARS: In einer für unfassbar niedrige 80.000 Euro hergestellten Produktion kann es keine großen Stars geben. Aber der Berliner Künstler und Filmemacher Akiz (eigentlich Achim Bornhak) macht das Beste aus der Situation. Seine Hauptdarstellerin Carolyn Genzkow spielt extrem gut. Mit Wilson Gonzalez Ochsenknecht gibt es auch einen großen Familien-Namen. Kim Gordon, die Sängerin von Sonic Youth, spielt eine kleine Gastrolle als Englisch-Lehrerin.
Der eigentliche Star des Films ist jedoch der Nachtmahr, das Wesen, das an E.T. erinnert. Aber nicht so recht in der Steven-Spielberg-Lesart. Hier waren dunklere Träume wie der Autor H.P. Lovecraft oder der Filmemacher David Lynch am Werk. Dieser Nachtmahr, schon lang vor dem Film von Akiz als Skulptur entworfen, hat die Fähigkeit, auch erfahrene Gruselgucker bis in die Träume zu folgen – großen Respekt!
Es gibt übrigens kein Filmfoto, auf dem der Nachtmahr zu sehen ist. Im
Trailer kommt er hingegen mehrfach kurz ins Bild.
DIE KRITIK: Immer wieder ist die Rede von der Sehnsucht nach einem neuen, aufregenden Horrorfilm. Mal wieder so etwas wie „The Blair Witch Project“ oder „Halloween“ (und zwar das Original). Dabei kann es so einfach sein, neue Wege zu finden. Der Berliner Akiz (der schon unter seinem bürgerlichen Namen Achim Bornhak interessante Filme wie „Das wilde Leben“ drehte) geht die Sache in „Der Nachtmahr“ so an, wie man einen Film des Grusel-Genres durchziehen muss: Radikal.
Schon die ersten Szenen zeigen, dass hier nichts so ist wie in einer üblichen deutschen Produktion. Es dröhnt die Techno-Musik. Es zucken Stroboskop-Blitze über die Leinwand. Dazu wird gewarnt, dass man Schaden nehmen könnte, wenn man sich dem Film aussetzt. Gleich danach folgt die Aufforderung, den „Nachtmahr“ möglichst laut zu hören.
Guter Tipp, denn diesem rauschhaften Film kann man entweder gleich zu Beginn entfliehen. Oder man lässt sich in den Bann ziehen und erlebt 88 sehr ungewöhnliche Kinominuten.
Ungewöhnlich ist „Der Nachtmahr“ vor allem, weil er etwas extrem Seltenes schafft. Akiz springt zwischen Genres locker und stilsicher hin und her. In einigen Momenten bietet der Film Horror pur, dann Mystery, schließlich auch Coming-of-Age.
Und nicht zu vergessen: Das allgegenwärtige Drama. Denn es ist dramatisch, was der 17jährigen Tina (Carolyn Genzkow) da widerfährt. Gerade noch war sie ein Teenager mit den üblichen Interessen zwischen Party, Jungs und Schule. Da taucht der Nachtmahr bei ihr auf. Ein Wesen wie aus einem Bild von Hieronymus Bosch oder aus einem Buch von Edgar Allen Poe.
Zu Beginn kann nur sie ihn sehen. Egal, was sie macht, sie bekommt ihn nicht mehr los. Und auch die Verbindung zu ihm wird immer stärker. Als sich Tinas Eltern anschicken, den Spuk zu beenden, zeigt sich Tina als entschlossene Verteidigerin des geheimnisvollen Gefährten.
Was dieses Wesen darstellt, woher es kommt, wofür es steht – all das darf jeder Zuschauer schön für sich selbst beantworten. Im Kino bekommt man Techno-Gedröhn, einen aufregenden Spannungsbogen, der sich einen Dreck ums lineare Erzählen schert, und eine der schönsten Schluss-Szenen der letzten Filmjahre.
IDEAL FÜR: Freunde des Gruselfilms, die glauben, schon alles gesehen zu haben. „Der Nachtmahr“ liefert die Frischzellenkur, die alle Fans entzücken dürfte.