Deckname Holec

Sex und Spionage und Helmut Zilk


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„Deckname Holec“: Johannes Zeiler spielt Helmut Zilk © Thimfilm
DIE STORY: Die Groteske „Deckname Holec“ behandelt ein obskures Kapitel der österreichischen Nachkriegs-Geschichte. Zentralfigur ist der seinerzeitige ORF-Journalist und spätere Wiener Bürgermeister Helmut Zilk (Johannes Zeiler), der in den Sechziger Jahren Informant des CSSR-Geheimdiensts gewesen sein soll.
Der Aktenlage nach sei Zilk 1965 bei einem seiner legendären ORF-„Stadtgespräche“ in Prag angeworben worden und habe die Zusammenarbeit 1968 beendet, als der Prager Frühling durch die Warschauer-Pakt-Invasion jäh gestoppt wurde. Als Honorar habe er von den Tschechen über die Jahre rund 70.000 Schilling bekommen.
Franz Novotnys Film „Deckname Holec“ schwärzt Zilk einerseits an und erhebt ihn andererseits zur positiven Figur. Dass sich ein Mann wie er gegen Bargeld zum Geheimnisverrat verleiten lässt (aus Geldgier? Aus Abenteuerlust? Das Motiv bleibt im Dunkeln), ist natürlich kein Ruhmesblatt. Doch kurz nach dem Einmarsch im August 1968 beweist Zilk Format.
Seine Kontaktleute wollen ihn durch Erpressung dazu zwingen, im ORF Propagandabilder über die Lage in Prag zu senden. Da allerdings macht der Fernsehdirektor nicht mit. Er sorgt dafür, dass der ORF dramatische Aufnahmen ausstrahlt, die der tschechische Systemkritiker und Filmemacher Honza (Krystof Hadek) unter Lebensgefahr gedreht und außer Landes geschmuggelt hat.

Geldübergabe: Helmut Zilk (Zeiler) mit dem Agenten Nahodil (David Novotny) © Thim

DIE STARS: Johannes Zeiler, der als Titeldarsteller in Alexander Sokuruvs „Faust“ schon einmal an einem Gold-Gewinner in Venedig beteiligt war, widersteht als Helmut Zilk der Versuchung, die markante tiefe Sprechstimme Zilks nachzuahmen. Er konzentriert sich sehr souverän darauf, die Aura des Mannes zu modellieren. Sein Helmut Zilk ist ein Charmebolzen, Macho, Frauenfreund und Selbstdarsteller mit eitlen und auch dunklen Zügen.
Der Regisseur und Produzent Franz Novotny pflegt seit den Zeiten von „Staatsoperette“ (1977) und „Exit - Nur keine Panik“ (1980) das Image, ein ewiges Enfant Terrible der österreichischen Szene zu sein.

Eine Affäre: Die Tschechin Eva (Vica Kerekes) mit Helmut Zilk © Thim

DIE KRITIK: Franz Novotny fand mit Johannes Zeiler einen idealen Hauptdarsteller für sein Zilk-Projekt. Der Regisseur hat sich in „Deckname Holec“ erkennbar bemüht, einen Film mit einer ganz speziellen Note zu drehen. Nur erschließt sich dem Betrachter nicht wirklich, was Novotny ausdrücken will. Der Film ist einerseits sehr schräg und schrill, andererseits aber auch oberflächlich und seicht.
In der ersten halben Stunde wird die Hauptfigur Zilk mehr oder minder in die Ecke gestellt. Da konzentriert sich „Deckname Holec“ auf jenen Filmemacher Honza (Krystof Hadek), der später in der Story die Aufnahmen vom Einmarsch der Sowjetischen Truppen drehen wird.
Dieser Honza, offenkundig dem tschechischen Regisseur Jan Nemec (1936 – 2016) nachempfunden, wird als schwerer Exzentriker und Hysteriker geschildert, der eifersüchtig seine schöne Freundin Eva (Vica Kerekes) bewacht. Was ihm nicht viel nutzt, weil sich Eva längst zu Zilk ins Bett gelegt hat. Diese Passage des Films ist trotz allen Gezeters ziemlich langweilig geraten.
Das Drama gewinnt auch nicht an Fahrt, wenn es mit Zilk und seiner Agententätigkeit ernst wird. Novotny nähert sich dem Thema irgendwie lapidar. Erst die Kontakte zu den CSSR-Geheimdienstlern, dann die Geld- und Informations-Übergaben: alles plätschert beiläufig dahin, ohne die Intentionen des Regisseurs zu verraten.



Ist „Deckname Holec“ ein Zilk-Biopic, eine Analyse über die Käuflichkeit der Mächtigen, eine Satire (dazu fehlt dem Film der Biss)  oder etwas ganz anderes? Man weiß es nicht. Erst im Finale, wenn die Sowjet-Invasion in der CSSR dem Film viel externe Dramatik verpasst (und Zilk dem Geheimdienst entsagt), gewinnt das Werk an Intensität.
So bleibt unterm Strich ein schales Gefühl. Die Gerüchte, der große Politiker Zilk habe Zeit seines Lebens ein dunkles Geheimnis verborgen, gab es ja schon lange. Seit gut dokumentierten „Profil“-Enthüllungen im Jahr 2009 scheint es mehr oder minder unbestritten zu sein, dass Helmut Zilk in der Tat ein Nebenjob-Spion war. Die Story löste damals erstaunlich wenig Resonanz aus. Mit „Deckname Holec“ wird es vermutlich nicht anders sein.
 
IDEAL FÜR: Fans der Filme von Franz Novotny.







Trailer
LÄNGE: 100 min
PRODUKTION: ÖÖsterreich / Tschechien 2016
KINOSTART Ö: 29.07.2016
REGIE:  Franz Novotny
GENRE: Biografie
ALTERSFREIGABE: ab 12


BESETZUNG
Hilde Dalik: Susi
Eva Spreitzhofer: Helga
Johannes Zeiler: Helmut Zilk
Heribert Sasse: Fuchs
Michael Fuith: Popp
David Novotny: Nahodil
Vica Kerekes: Eva
Krystof Hádek: Honza