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Das radikal Böse
Der Weg zum Massenmord
DIE STORY: „Wie werden aus ganz normalen jungen Männern Massenmörder?“ Diese Frage steht im Zentrum von Stefan Ruzowitzkys neuer Doku „Das radikal Böse“. Das historische Faktum: Deutsche Einsatzgruppen und Soldaten ermordeten während des Zweiten Weltkriegs etwa zwei Millionen jüdische Zivilisten bei Massenerschießungen. Der Film zitiert aus oft unfassbar grausamen Briefen von Soldaten, die an den Exekutionen teilnahmen: „Das Ausheben der Gruben nimmt die meiste Zeit in Anspruch, während das Erschießen sehr schnell geht. 100 Mann in 40 Minuten.“ Ruzowitzky lässt Juristen, Psychologen und Historiker zu Wort kommen, die den Werdegang der Täter schildern: Wie die Verantwortung für die Morde an die Befehlsgeber weitergeleitet wird. Wie das Militär den Soldaten suggeriert, das Richtige zu tun. Wie großer Gruppendruck aufgebaut wird, der einige Soldaten zerbrechen lässt, während andere geradezu lustvoll töten. Der Film stellt auch eine These darüber auf, wie die Soldaten nach dem Krieg mit ihren Taten weiterleben konnten: „Ihre Schuld war so extrem, dass sie jeden Gedanken daran verdrängten.“
DIE STARS: Keine Stars.
DIE KRITIK: „Das radikal Böse“ ist kein Dokumentarfilm im herkömmlichen Sinn, in dem Zeitzeugen ihre Erinnerungen schildern und historische Aufnahmen das Thema bebildern. Die Zeitzeugen – die Täter also – sind mittlerweile fast ausnahmslos tot, und die Nazis hatten damals wenig Interesse daran, ihre Verbrechen filmisch festzuhalten. „Die Fälscher“-Regisseur Stefan Ruzowitzky fand einen faszinierenden Weg, das Thema anschaulich auf die Leinwand zu bringen. Sein wichtigster Kunstgriff: Er zeigt junge Männer von heute in Nazi-Uniform, während renommierte Schauspieler wie Simon Schwarz, Devid Striesow oder Benno Fürmann aus dem Off die Texte der Mörder vortragen.
Die Diskrepanz zwischen den unmenschlichen Berichten der Täter und den harmlosen, unschuldigen Gesichtern der Statisten macht klar, dass es keine Monster waren, die damals zu Massenmördern wurden. Sondern Männer, die als Befehlsempfänger oder aus freier Entscheidung bereit waren, den Völkermord der Nazis in die Tat umzusetzen. In diese Szenen hineingeschnitten werden geschickt montierte Archivbilder sowie die Interviews mit (großteils amerikanischen) Wissenschaftlern, die Erklärungen für die bestialischen Abgründe der Menschen suchen - und finden.
So beschäftigt sich der niederschmetternde und zugleich faszinierende Film nicht nur mit der Schuld der Nazi-Täter, sondern er unternimmt auch einen Ausblick. In den Worten des Psychiaters Robert Jay Lifton: „Wir müssen untersuchen und verstehen, warum gemordet wurde, um das für die Zukunft zu verhindern.“
IDEAL FÜR: Jeden.
LÄNGE: 96 min
PRODUKTION: Österreich / Deutschland 2013
KINOSTART Ö: 17.01.2014
REGIE:
Stefan Ruzowitzky
GENRE: Dokumentation
ALTERSFREIGABE: ab 14
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