DIE STORY: Josef Hader spielt im Drama „Arthur & Claire“ einen Lungenkrebs-Patienten im letzten Stadium. Weil dieser Arthur mittlerweile mehr Angst vor dem Ersticken als Freude am Leben hat, fliegt er von Wien nach Amsterdam. Dort ist Sterbehilfe erlaubt. Arthur will sich von einem befreundeten Arzt die tödlichen Spritzen setzen lassen.
Als er im Hotelzimmer seine letzte Mahlzeit verzehrt, hört er aus dem Nachbarraum brüllend laute Musik. Empört klopft er an – und trifft auf Claire (Hannah Hoekstra), eine im Sinne des Wortes todunglückliche Holländerin. Sie hat alles vorbereitet, um ihr Leben mit einem Tablettencocktail zu beenden.
Arthur schüttet die Pillen ins Klo. Der kranke Mann rettet seiner Nachbarin das Leben. Zunächst keift sie ihn an. Dann kommen die beiden ins Gespräch. Und sie ziehen los. In eine Amsterdamer Nacht, die Arthurs letzte sein soll. Denn am nächsten Morgen ist sein Sterbetermin angesetzt.
DIE STARS: Die Filme von Josef Hader – von den Brenner-Krimis bis zu seinem Regie-Debüt „Wilde Maus“ – tragen meist die persönliche Handschrift des Wiener Kabarettisten. Im Fall von „Arthur & Claire“ hat Hader zwar am Drehbuch mitgeschrieben, doch die Produktion war bereits auf Schienen, als er dazukam.
Haders Filmpartnerin Hannah Hoekstra zählte 2017 zu den alljährlich gewählten jungen „Shooting Stars“ der Berlinale. In Holland hat sie sich sowohl am Theater als auch im Film schon etliche Meriten erworben.
Der deutsch-portugiesische Regisseur Miguel Alexandre arbeitet vorwiegend fürs Fernsehen. Einer seiner bekanntesten Filme ist „Der Mann mit dem Fagott“, der auf den Lebenserinnerungen von Udo Jürgens beruht.
„Arthur & Claire“ basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück des Vorarlberger Autors Stefan Vögel, das 2016 an der Freien Bühne Wieden in Wien uraufgeführt wurde. Gegenwärtig ist eine Tournee-Produktion mit Hardy Krüger jr. und Eva Maria Grein von Friedl in Deutschland unterwegs.
DIE KRITIK: Todgeweihter Mann trifft todessehnsüchtige Frau: Das Gerüst von „Arthur & Claire“ wirkt so, als wäre die Story auf dem Reißbrett konstruiert worden. Doch obwohl dieses Filmkunstwerk reichlich gekünstelt daherkommt, entfaltet es eine intensive Kraft, der man sich als Zuschauer kaum entziehen kann. Weil es hier 98 Minuten lang sehr konkret um jenes Thema geht, dem die meisten Menschen am liebsten großräumig ausweichen. Um das Sterben.
Der krebskranke Arthur ist erkennbar am Ende seines Weges angekommen. Die junge Claire ist zwar körperlich kerngesund, doch sie hat tiefe Wunden in der Seele, die es verständlich machen, warum ihr die Lebensfreude so komplett abhanden kam.
Aus dieser Konstellation könnte ein bitterernstes Melodram über die Endlichkeit des Seins entstehen, bei dem das Publikum genau so massiv im Trübsinn versinkt wie die Protagonisten. Doch bei „Arthur & Claire“ ist das Gegenteil der Fall. Zwar ist es fast unmöglich, das Kino zu verlassen, ohne ein paar Tränen verdrückt zu haben. Aber Josef Hader und Hannah Hoekstra füllen die Geschichte über das Sterben mit viel prallem Leben.
Josef Hader kommt dabei der dunkle Humor zugute, der für die meisten seiner Filme typisch ist. Auch im Angesicht des Todes ist sein Arthur für coole Pointen gut, die dem Publikum extradry verabreicht werden. Und wenn es ernst wird, dann wirkt Hader als Krebspatient in jeder Sekunde glaubhaft. Der Kabarettist ist längst ein hervorragender Schauspieler geworden, der auch schwierige Rollen meistert.
Hannah Hoekstra kontert den galligen Witz Haders zu Beginn mit viel Aggression. Claire passt es nicht, dass Arthur ihren Lebens-(Ende-)Plan zunichte macht. Sie motzt, sie schimpft und zetert. Doch wenn Claire ruhiger wird, kommt allmählich ein zartes Wesen zum Vorschein, das eine traurige Geschichte zu erzählen hat.
Und dann kommen die beiden einander in ihrer Verzweiflung auch näher. Arthur und Claire werden zum ungleichen Gespann, das eine gemeinsame Chance verdient hätte – wenn, in seinem Fall, die medizinische Faktenlage nicht so eindeutig dagegensprechen würde.
Regisseur Miguel Alexandre schafft es über weite Strecken, diesen vom Tod geprägten Dialogen ihre Härte zu belassen. Nur gelegentlich rutscht der Film ab in Richtung Schmalz & Kitsch – und gerade das sind seine schwächsten Momente. Je ungeschminkter sich die beiden Protagonisten den Tabu-Themen rund um das Sterben widmen, umso stärker wird die emotionale Wirkung dieses sehenswerten Films.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die bereit sind, sich einem Drama der harten Themen zu stellen. Und natürlich für die Fans von Josef Hader.