DIE STORY: „Annie“ ist eine Neuverfilmung des Broadway-Musicals aus dem Jahr 1977. Die Handlung wurde von 1922 in die Gegenwart verlegt, der Soundtrack von Charles Strouse um neue Songs der Australierin Sia erweitert.
Der Plot: Titelfigur Annie (Quvenzhané Wallis) ist ein zehnjähriges Mädchen, das von seinen Eltern fortgegeben wurde und im New Yorker Pflegeheim der bösen Miss Hannigan (Cameron Diaz) aufwächst.
Eines Tages wird Annie von dem Oligarchen und Bürgermeister-Kandidaten Will Stacks (Jamie Foxx) vor einem heranbrausenden Auto gerettet, was dem unbeliebten Multimillionär positive Schlagzeilen einbringt. Seine Berater (Rose Byrne und Bobby Cannavale) wittern einen PR-Coup und empfehlen dem Magnaten, das Mädchen für die Zeit des Wahlkampfs bei sich aufzunehmen.
Der kühle Machtmensch Stacks stimmt zu. Doch irgendwann stellt er fest, dass er väterliche Gefühle für die kleine Annie entwickelt. Er überlegt, das Mädchen zu adoptieren. Allerdings kommt da erst mal eine groß angelegte Intrige in die Quere…
DIE STARS: Mit Cameron Diaz und Oscar-Preisträger Jamie Foxx bietet „Annie“ zwei Topstars in den Erwachsenen-Rollen auf. Auch der mittlerweile elfjährigen Quvenzhané Wallis ist die Oscar-Gala nicht fremd. 2013 war sie die jüngste Schauspielerin, die jemals eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin (für das Südstaaten-Epos „Beasts of the Southern Wild“) erhielt.
Autor/Regisseur Will Gluck machte bisher mit Komödien-Hits wie „Einfach zu haben“ (mit Emma Stone) oder „Freunde mit gewissen Vorzügen“ (mit Mila Kunis und Justin Timberlake) auf sich aufmerksam. Die australische Sängerin Sia, für das neue musikalische Gewand zuständig, eroberte 2014 mit ihrem Album „1000 Forms of Fear“ Platz eins in der US-Hitparade. Unter den Produzenten finden sich Will & Jada Pinkett Smith.
DIE KRITIK: Vorsicht, Musical! Wer ein Ticket zu „Annie“ erwirbt, sollte wissen, worauf er sich einlässt. Hier gibt’s keine tiefsinnigen Dialoge und keine Psychologie, sondern eine einfach gestrickte Geschichte mit viel Musik, die das einzige Ziel hat, die Zuschauer zu unterhalten und zu rühren.
Beides gelingt über weite Strecken vorzüglich. Der Film legt gleich rhythmisch-fetzig los. Er zitiert mit fantasievollem Geklapper die berühmte Percussion-Show „Stomp“. Und er bietet schon in der ersten Viertelstunde einen der zündendsten Musical-Songs der letzten Jahrzehnte auf: Während Annie und die anderen Pflegekinder den Boden schrubben, singen sie mit Pfiff und Elan die fröhlich-vertrackte Klagehymne „It’s A Hard Knock Life“. Yeah! So kann ein Musical beginnen!
Der Song stammt, so wie das Grundgerüst der Geschichte, aus „Annie“, dem betulichen Broadway-Hit. Doch Autor/Regisseur Will Gluck hat die ganze Chose einer Frischzellenkur unterzogen. Die beginnt mit einem Umtausch der Hautfarben (die Protagonisten haben nun dunkle, die Domestiken helle Haut). Aus dem onkelhaften Daddy Warbucks des Originals wird der smarte Konzernchef Will Stacks, dem Jamie Foxx eine stählerne Aura verleiht. Die Annie der Quvenzhané Wallis ist zuckersüß und street-smart zugleich. Und der Soundtrack wurde auf die Hörgewohnheiten von heute aufgepeppt.
Die Dialoge verteilen satirische Seitenhiebe an Arnold Schwarzenegger, an Nordkoreas Diktator Kim Jong Un und gegen die gruselige Macht der Telefon-Konzerne, die ganze Welt abzuhören. Doch ansonsten gilt: Immer schön eindimensional bleiben! Die Figuren sind bewusst schablonenhaft gezeichnet. Das stört aber nicht weiter, denn sie werden von großen Darstellern gespielt.
So präsentiert sich Cameron Diaz sehr grotesk und köstlich als exaltiertes Ekel vom Dienst. Sie verströmt Gift und Galle und Hinterlist und führt obendrein mutig vor, dass sie nicht besonders gut singen kann. Jamie Foxx spielt, wie schon erwähnt, einen harten Profitmaximierer, Rose Byrne eine geschäftige Bürochefin mit Herz und Bobby Cannavale einen urzynischen Wahlkampf-Manager. Zwischendrin wuselt Annie umher, die mit Humor, Köpfchen und einem Hund namens Sandy auch schwer vereiste Seelen zum Schmelzen bringt.
In Summe ergibt das feine Unterhaltung nach typischer Musical-Manier, in der etliche Songs („Easy Street“, „Tomorrow“ oder „I Think I’m Gonna Like It Here“) klangstark durch die Lautsprecher tröpfeln.
Auf der Plus-Seite hat der Film zudem eine satirisch überdrehte Milliardärs-Luxus-Wohnwelt zu bieten, auf der Miuns-Seite allerdings eine dämliche und schwer überinszenierte Verfolgungsjagd. Die wäre in einem schlechten Actionreißer besser aufgehoben als in einem Musical. Doch sei's drum: Alles in allem ist „Annie“ ein großer, augenzwinkernder Spaß.
IDEAL FÜR: Musical-Fans.