All Is Lost

Tiefe Verzweiflung auf hoher See


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Alles scheint verloren: Robert Redford ist von seiner sinkenden Yacht ins Rettungsfloß umgestiegen © Universum Film
DIE STORY: Robert Redford spielt in „All Is Lost“ einen Hochsee-Segler, der unverhofft in Lebensgefahr gerät. Er reist allein, und eines Nachts, als er schläft, wird seine Yacht von einem Container gerammt, der als Treibgut durch den Indischen Ozean schwimmt. Der Container reißt ein großes Leck in die Yacht; das einströmende Wasser zerstört die Stromversorgung und damit auch Funk- und Navigationsgeräte. Die Situation des einsamen Seglers ist fast hoffnungslos: Die nächste Küste scheint unerreichbar fern.
DIE STARS: Hollywood-Legende Robert Redford arbeitet mit diesem Film daran, seine Position in der Filmwelt noch weiter zu erhöhen. Der 77-Jährige turnt in dem Ein-Personen-Drama mit dem Elan eines jungen Mannes an seinem kaputten Boot herum. In jeder Szene im Bild, liefert er eine physische Meisterleistung ab, die er mit phänomenal intensivem Spiel krönt.   
KURZKRITIK: „All Is Lost“ ist ein spannungsgeladenes Kammerspiel auf hoher See. Der Yacht-Unfall ist der Ausgangspunkt für ein Abenteuer, in dem es nicht nur um Rettung, sondern um grundsätzliche Dimensionen der menschlichen Existenz geht: Um Hoffnung und Verzweiflung, Angst und Mut, um Erfindergeist und auch um Spiritualität: Wie betrachten wir das Leben, wenn der Tod so plötzlich und drohend neben uns steht? Robert Redford benutzt das Boot, das Wasser und den Wind als Mitspieler, um sich all diesen Themen inhaltsschwer, doch fast ohne Worte zu nähern. Dem Autor und Regisseur J. C. Chandor gelingt mit seinem erst zweiten Film (für den ersten, den Finanz-Thriller „Margin Call“, bekam er gleich eine Oscar-Nominierung) ein Husarenstück: Dieser philosophische Ein-Mann-Actionfilm schraubt den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Sekunde fest an den Sitz.
IDEAL FÜR: Filmfreunde, die kluges Spannungskino mit viel Tiefgang lieben – und die den Megastar Robert Redford in seiner spektakulärsten Rolle erleben wollen.
FilmClicks Kritik. Dieser Film ist in der Originalfassung selbst für jene kein Problem, die kaum ein Wort Englisch verstehen. Der Notruf „Hier ist die Virginia Jean mit einem SOS-Ruf. Over“,  vier Mal in ein totes Mikrofon gesprochen. Dazu ein paar „Nein, Nein“ und ein paar Hilferufe: Das ist praktisch alles, was Robert Redford in 106 Filmminuten zu sagen hat.
 
Ist „All Is Lost“ also ein Stummfilm? Ganz im Gegenteil. Der Wind heult, das Meer rauscht, das Boot knarzt, und wenn ein Orkan aufkommt, sitzt man mitten in einem akustischen Inferno. Das Seenot-Drama braucht keine Worte, um seine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, der sich der im Film namenlose Robert Redford (er heißt nur „unser Mann“) nicht entziehen kann – und das Publikum im Kinosaal auch nicht. Denn „All Is Lost“ behandelt eine der elementarsten Situationen, denen der Mensch ausgesetzt sein kann. Was bleibt zu tun, wenn durch ein äußeres Ereignis die Überlebenschancen fast bis auf den Nullpunkt sinken?
 
Der Film beginnt mit einem Idyll, das jäh zerstört wird. Robert Redford spielt einen offenkundig sehr erfahrenen Segler, der ganz allein auf einer Weltreise ist; Tausende Kilometer vom nächsten Hafen entfernt.  Wenn „Unser Mann“ sich zur Ruhe legt, segelt die Yacht auf Autopilot weiter. Eines Nachts rummst es ganz gewaltig. Das Schiff ist gegen einen Frachtcontainer  gestoßen, der herrenlos durchs Meer treibt. Aus dem Container quellen billige Plastikschuhe. In Redfords Boot quillt das Wasser. Die Yacht sinkt nicht, aber sie trägt irreparable Schäden davon: Stromversorgung, Funkgerät, elektronische Navigation – alles kaputt.
 
Was tun? Als der Reisende bei Tageslicht die Schäden betrachtet, ist äußerlich das Idyll wieder da: Die Tropensonne lacht vom Himmel, das Meer ist spiegelglatt.  Panik wäre jetzt zwecklos. Also geht Redford, äußerlich unbewegt, die Arbeiten an, die zu tun sind: Den leck geschlagenen Schiffsrumpf auspumpen. Durchnässte Kleidung und Vorräte an Deck tragen. (Vergeblich) versuchen, die Stromversorgung wieder in Gang zu bringen.
 
Panik wird den einsamen Reisenden auf seiner Fahrt fast nie ereilen. Er macht sich durchaus erfolgreich daran, das Leck am Schiffsrumpf  mit improvisierten Mitteln wieder zu flicken. Er lernt, seine Position mit einem Sextanten zu bestimmen. Er setzt die Funksprüche ab, die nicht weiter zu hören sind als bis zur Schiffsreeling. Er versucht, so gut es geht, wieder maritimen Alltag walten zu lassen.
 
Doch nicht nur der Container ist sein Feind: Gewitterwolken kündigen einen mächtigen Orkan an, der sein Boot gleich zwei Mal zum Kentern bringt, bevor es sich wieder aufrichtet. Der Sturm gibt der Yacht den Rest. Die „Virginia Jean“ sinkt. Redford bleibt nur noch der Umstieg in sein zeltähnliches Rettungsfloß. Er besitzt ein paar Vorräte und einen Funken Hoffnung: Das Floß treibt, das erkennt er aus seinen Positions-Messungen, einer viel befahrenen Schifffahrts-Route entgegen. Dort könnte er von einem Frachter aufgenommen werden.
 
Robert Redford und Regisseur J. C. Chandor setzen mit emotionaler Wucht die Stärke des Mediums Film ein, Geschichten mit Bildern statt mit Worten zu erzählen.  Es braucht keine Monologe, um von dieser Katastrophe gefesselt zu sein. Die Zuschauer gehen einen tiefen inneren Bund mit dem Mann auf dem Meer ein, und jeder macht sich wohl Gedanken über seinen persönlichen Subtext: Man kann den Untergang der Yacht, wie der Regisseur im Interview, als Metapher für eine Form von Reichtum betrachten, die ihrem Besitzer keinen Nutzen bringt. Man kann den Film aber auch als spirituelle Erfahrung interpretieren,  über den Umgang mit dem Dasein im Angesicht des Todes.
 
Für seine Protagonisten hat dieses kühne, exzellent ins Bild gesetzte  Kino-Abenteuer aber quicklebendige positive Folgen: Es mehrt ihren Ruhm. Niemand wäre überrascht, sollten „All Is Lost“, Robert Redford und J. C. Chandor bald unter den Oscar-Kandidaten auftauchen.     
 





Trailer
Interview
„All Is Lost“: Der Film, der Robert Redford in Seenot schickte
Autor/Regisseur J. C. Chandor, der für seinen Finanzkrisen-Thriller „Margin Call“ eine Oscar-Nominierung erhielt, holte für seinen zweiten Film, das Seenot-Drama „All Is Lost“, Robert Redford ins Boot. Mehr...
LÄNGE: 106 min
PRODUKTION: USA 2013
KINOSTART Ö: 10.01.2014
REGIE:  J. C. Chandor
GENRE: Drama
ALTERSFREIGABE: ab 10


BESETZUNG
Robert Redford: Unser Mann