Plakat. Wer sich traditionell auf das Sujet des Viennale-Plakats freut, sollte in diesem Jahr keine Schlangen-Phobie haben. Eine grün gemusterte Schlange ist nämlich (nach dem freundlichen Flamingo des Vorjahrs) das Wappentier der Viennale 2019.
Festival-Chefin Eva Sangiorgi will damit nicht das Gift und die Gefährlichkeit der Schlangen symbolisieren– ganz im Gegenteil: „Wir befreien die Schlange von dem Image der Heimtücke und Boshaftigkeit. Die Schlange der Viennale beschwört ein Kino der Offenheit, das sich nach Entdeckungen sehnt. Dieses Kino ist mitreißend und faszinierend und hat die Fähigkeit, Sinne und Augen zu öffnen, vergleichbar der Schlange, die ihre Augen niemals schließt.“
Hauptprogramm. Für das Hauptprogramm der Viennale im Jahr der Schlange hat Eva Sangiorgi bereits die ersten 25 Titel veröffentlicht, wobei die Unterscheidung in Spielfilm und Dokumentation wie schon im Vorjahr unterbleibt. Man findet einige große Namen des Arthaus-Kinos darunter, nicht jedoch des Hollywood-Kinos – sieht man vom verstorbenen Sydney Pollack ab, der vor langen Jahren am nun von Alan Elliott vollendeten Projekt „Amazing Grace“ arbeitete, einer Musik-Doku über Aretha Franklin, die Queen of Soul.
Einige bemerkenswerte Filme aus dem Hauptprogramm: Der Italiener Marco Bellocchio schuf mit „Il Traditore“ („Der Verräter“) ein packendes Mafia-Drama, das auf wahren Ereignissen beruht. Die Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne erhielten für das Jugend- und Islamismus-Drama „Jeune Ahmed“ in Cannes den Regie-Preis – zum Erstaunen vieler Beobachter, die den Film zu den schwächeren Arbeiten der Dardennes zählen. Der israelische Regisseur Nadav Lapid holte mit dem verrätselten Arthaus-Film „Synonymes“ im Februar den Goldenen Bären der Berlinale. „Varda Par Agnès“ ist der letzte Film der am 29. März verstorbenen Meisterregisseurin Agnès Varda.
Auch vier Filme österreichischer Provenienz finden sich bereits im Hauptprogramm – allesamt von Frauen inszeniert. Jessica Hausner trat mit dem SciFi-Thriller „Little Joe“ im Mai im Wettbewerb von Cannes an. Ihre Hauptdarstellerin Emily Beecham erhielt dort den Preis für die beste Schauspielerin. Sabine Derflinger setzt mit „Die Dohnal“ der Politikerin und Frauenrechtlerin Johanna Dohnal ein filmisches Denkmal. Anja Salomonowicz porträtiert in „Dieser Film ist ein Geschenk“ den Künstler Daniel Spoerri. Elsa Kramer inszenierte mit Levin Peter die Hunde-im-Weltraum-Geschichte „Space Dogs“.
Monografien. Vier FilmkünstlerInnen werden mit Monografien gewürdigt, wobei Viennale-Chefin Eva Sangiorgi nach Möglichkeit deren Gesamtwerk zeigen will. Die Filmreihe des tunesischen Regisseurs Ala Eddine Slim steht dabei unter dem Titel „Kino an den Rändern“. Dieser Slogan könnte als Motto der gesamten Veranstaltung dienen, denn die vorgestellten (und nach Wien reisenden) Filmemacher werden nur wahren Cineasten ein Begriff sein.
Die Bekannteste des Quartetts ist die deutsche Regisseurin Angela Schanelec, die im Februar mit dem kargen Drama „Ich war zuhause, aber“ den Regiepreis der Berlinale gewann. „Aus diesem sehr anstrengenden Werk flieht man entweder nach wenigen Minuten oder man bleibt fasziniert sitzen“, kommentierte FilmClicks-Autor Peter Beddies. Neben dem Berlinale-Werk wird Schanelec auch Filme mit Titeln wie „Nachmittag“, „Orly“ oder „Marseille“ (mit Devid Striesow) nach Wien mitbringen.
Über den bereits erwähnten Filmemacher Ala Eddine Slim heißt es in einem Viennale-Text: „Slims Kino ist ein atmosphärisches und an Schauplätzen reiches Kino, kraftvoll und üppig, dessen Gesten politische Gegebenheiten wie filmische Erfahrungen gleichermaßen in Erinnerung rufen.“ Der bretonische Regisseur und Landwirt Pierre Creton wird von der Viennale so beworben: „Wenn Ihnen der Name dieses Filmemachers nichts sagt, werden Sie eine schöne Überraschung erleben, sobald Sie seine filmische Welt betreten.“ Über die Portugiesin Sílvia das Fadas, vierte im Bunde der Monografie-Gewürdigten, heißt es schließlich: „Interessiert an Legenden und Volkstümlichem, erkundet sie in dokumentarisch-essayistischen Bewegungen das, was sich davon in der wirklichen Welt als Spuren und Überbleibsel abdrückt.“
Retrospektive. Die alljährliche Viennale-Retrospektive des Österreichischen Filmmuseums, die vom 25. Oktober bis zum 4. Dezember läuft, wird diesmal ausgesprochen politisch. Unter dem Titel „O Partigiano!“ werden rund 40 Filme aus den 1940er bis 1980er Jahren gezeigt: „Europaweit, vom Westen über die neutralen und blockfreien Staaten bis in die Sowjetunion, entstanden Filme, die über den bewaffneten zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen den Faschismus erzählten: Als Gründungsmythos der jeweiligen Nachkriegsordnung und als Stütze sich neu formierender nationaler (oder paneuropäischer) Identitäten. Die Bandbreite der Filme aus 20 Ländern reicht vom neorealistischen Drama und bombastischen Militärspektakel bis zum Musical und der Komödie“.
Weitere Informationen: www.viennale.at