Viennale 2018

Filme über Grenzen und ihre Überwindung

26.10.2018
von  Gunther Baumann
Eröffnung der Viennale 2018: Direktorin Eva Sangiorgi (l.) begrüßt Regisseurin Alice Rohrwacher © Katharina Sartena
Neue Gesichter auf dem Podium – altbekannte Filmleidenschaft im Auditorium: Die Viennale 2018 ist eröffnet. Die neue Direktorin Eva Sangiorgi verneigte sich am 25. Oktober bei der Premieren-Gala nochmals vor ihrem verstorbenen Vorgänger Hans Hurch. Die neue Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler stellte das Festival in einen politischen Kontext. Viennale-Geschäftsführerin Eva Rotter erinnerte im Gartenbau-Kino an die schwierige Umbruchphase vor einem Jahr. Ovationen dann für die Regisseurin des Eröffnungsfilms, Alice Rohrwacher, die mit „Glücklich wie Lazzaro“ ein Leitthema der Viennale anspricht: „Mein Film handelt von Grenzen und ihrer Überwindung.“ FilmClicks bringt die wichtigsten Zitate aus den Eröffnungsreden.
Veronica Kaup-Hasler: „Eine Viennale, die sich verändert und die den Blick weitet“ © K. Sartena

Veronica Kaup-Hasler (Wiener Kulturstadträtin)

„Ich habe bereits gelernt, dass es den Beliebtheitsgrad enorm steigert, wenn man nicht lange redet. Dies ist eine große Premiere – für Eva Sangiorgi und für mich. Wir blicken auf eine Viennale, die sich verändert und die den Blick weitet in einer Zeit, in der die Politik gern Grenzen schließt. Dieser Blick auf die Welt ist ein enorm großer. Die Welt ist in den Tagen des Festivals ein Bestandteil der Stadt. Die Viennale ist auch eine Feier dessen, was nicht dem Mainstream angehört. Sie gibt mit unerhörten und ungesehenen Bildern Raum für das Widerborstige, das Sperrige und das Unterdrückte. Das ist eine Sprache, die es zu unterstützen gilt. Ich würde mich freuen, wenn es gelänge, das Feuerwerk des Enthusiasmus der Viennale während des ganzen Jahres in der Stadt spürbar werden zu lassen.“
 
Eric Pleskow (Viennale-Präsident; in einer Grußbotschaft aus den USA)
„Am heutigen Abend ist vieles neu – der Wiener Bürgermeister, die Kulturstadträtin, die Viennale-Direktorin. Ich wünsche mir, dass mit Michael Ludwig der sozialdemokratische Geist dieser Weltstadt erhalten bleibt. Dass mit Veronica Kaup-Hasler eine Frau für die Kultur zuständig ist, sehe ich positiv – genauso wie die Tatsache, dass die Viennale erstmals von einer Frau geleitet wird. Eva Sangiorgi ist für diese Aufgabe bestens geeignet. Davon konnte ich mich nach dem genauen Studium ihres Lebenslaufs und einem langen Gespräch mit ihr überzeugen. Sollte jemand in der aktuellen Zeit einen roten Faden suchen, so stelle ich mich gerne zur Verfügung. Denn ich bin im Gegensatz zu den aktuellen österreichischen Landesfarben Türkis und Blau eher rot.“

Eva Rotter: „Vor einem Jahr war alles ungewiss“ © Katharina Sartena

Eva Rotter (Viennale-Geschäftsführerin)
„Als ich vor einem Jahr an dieser Stelle stand, war alles ungewiss. Nach dem plötzlichen Tod von Hans Hurch hatten wir keine Ahnung, wie sich die Zukunft des Festivals gestalten wird. Mit Eva Sangiorgi beginnt eine neue Ära, ein frischer Diskurs. Im Zeichen der Veränderung braucht es auch Konstanten. Das ist im Fall der Viennale das Team. Uns verbindet alle eine hohe Identifikation mit dem Festival. Wir wollen jedes Jahr die beste Viennale aller Zeiten machen. Was uns so besonders macht, ist die Tatsache, dass wir politisch und kommerziell unabhängig sind. Wir stehen nicht im Wettbewerb mit Berlin, Cannes oder Venedig, können uns aber inhaltlich mit diesen Festivals messen.  Ich werde darauf achten, die Identität des Festivals gemeinsam mit der neuen Direktorin zu entwickeln und zu wahren. Mit Hans Hurch ist eine wichtige Stimme verlorengegangen. Eva Sangiorgi bringt nun frischen Wind und neue Perspektiven.“

Eva Sangiorgi: „Ich sehe mich selbst als ewige Migrantin“ © Katharina Sartena

Eva Sangiorgi (Viennale-Direktorin)
„Ich bin überwältigt von diesem Anblick und von der Atmosphäre in diesem großen Kinosaal. Es ist eine große Ehre, die Viennale zum ersten Mal mit meinem Programm zu eröffnen. Wir haben alle Hans Hurch in unseren Gedanken, der das Festival geformt hat. Ich sehe mich selbst als ewige Migrantin, wenn auch in einer privilegierten Position – als Italienerin, die nach vielen Berufsjahren in Mexiko nun nach Österreich gekommen ist. Migration ist ein Thema, das viele Filme in unserer Auswahl verbindet. Zum Beispiel in Werken wie „Styx“ von Wolfgang Fischer, der soeben mit dem Deutschen Menschenrechts-Filmpreis ausgezeichnet wurde. Da stellen sich viele Fragen: Wollen wir wirklich eine Welt, die durch Grenzen verschlossen wird? Machen uns Grenzen sicherer und menschlicher?“  
 
Alice Rohrwacher: „Eine umarmung an den Geist von Hans Hurch“ © Katharina Sartena
                                                                                            
Alice Rohrwacher (Regisseurin des Eröffnungs-Films „Glücklich wie Lazzaro“)
„Bitte entschuldigen Sie meine Sprache: ich nenne das imaginary english. Es ist unglaublich, hier zu sein. Eine Umarmung an den Geist von Hans Hurch, der mir ein großer Freund war. Und ich glaube, die Begegnung mit Eva Sangiorgi ist nun der Beginn einer wundervollen Freundschaft. Mein Film ,Glücklich wie Lazzaro‘ handelt von Grenzen und ihrer Überwindung. Ich wurde schon öfters gebeten, den Film in zwei Sätzen zu beschreiben. Doch wenn ich das könnte, dann würde ich diese zwei Sätze sagen, anstatt vier Jahre an dem Film zu arbeiten. Für die Art, wie ich Filme mache, ist ein Ratschlag sehr wichtig, den ich einmal bekam: Drehe deine Filme genau so, wie du es am liebsten hast. Denn es gibt Millionen Menschen auf der Welt, die das Gleiche mögen wie du.“