Melancholie. „Eigentlich schaut es hier heute so aus wie immer. Aber etwas Wesentliches hat sich geändert“, sagte Franz Schwartz zu Beginn der Sommer-Pressekonferenz der Viennale. Die Melancholie über den überraschenden Tod von Hans Hurch, der am 23. Juli in Rom an einem Herzinfarkt starb, lag wie ein Schatten über dem Raum.
Hurch wäre in diesem Jahr zum 21. (und vorletzten) Mal an der Spitze des Wiener Filmfests gestanden. „Ich hoffe, dass die Viennale so wird, wie sich Hans das vorgestellt hat“, sagt Franz Schwartz, der in seinen 27 Jahren als Stadtkino-Chef ein enger Wegbegleiter des Verstorbenen war. „70 Prozent des Programms hat Hans ausgewählt. Alle Tributes und Specials wurden von Hans ausgewählt. Hinzugekommen ist leider die Hommage an ihn.“
Hommage. Das Programm mit dem Titel „Hommage an Hans Hurch“, das unter dem Motto „14 Freunde, 14 Filme“ läuft, wird, so Schwartz, der Kernpunkt der Viennale 2017. „Unser Team hat 14 Filmschaffende, mit denen er sich besonders verbunden fühlte, ausgewählt und gebeten, Filme vorzuschlagen, die sie Hans Hurch widmen. Die Resonanz war überwältigend. Innerhalb der ersten Stunden kamen schon die ersten Antworten.“
Die ersten drei dieser 14 Filme wurden beim Pressetermin bereits genannt. Auf Vorschlag des Kameramanns Ed Lachman wird Wong Kar-wais Elegie „In The Mood For Love“ bei der Hommage zu sehen sein. Schauspiel-Star Tilda Swinton votierte für „Au Hazard Balthazar“ von Robert Bresson. Der Experimentalfilmer Klaus Wyborny wiederum schlug „Antigone“ von Danièle Huillet und Jean Marie Straub vor. In dieser cineastischen Sophokles-Hölderlin-Bearbeitung fällt der Satz: „Wer, wie ich lebt mit viel Übeln, bekommt er doch wohl im Tod ein wenig Vorteil?“
Diamanten. Was das Hauptprogramm der Viennale 2017 betrifft, kündigt Franz Schwartz an, dass es „Diamanten unter vielen Edelsteinen“ geben wird. Zu den Höhepunkten zählen „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ von Martin McDonagh (mit Oscar-Preisträgerin Frances McDormand), „Abschied von den Eltern“ von Hans Hurchs langjähriger Gefährtin Astrid Johanna Ofner oder „Western“ von Valeska Grisebach. Die deutsche Filmemacherin wird zugleich mit einem Special gewürdigt, das den Titel „Duell im Osten“ trägt.
Bemerkenswert findet Franz Schwartz die Tatsache, dass schon jetzt einige Filme für die Viennale fixiert wurden, die Anfang September beim Festival Venedig laufen werden. Schwartz: „Die Viennale hat einen so guten Ruf! Wir haben vier oder fünf Filme gesichtet und gesichert, die erst in Venedig Premiere haben. „Ex libris“ ist eine kurzweilige dreistündige Doku über die New York Public Library, „Hannah“ ein ganz zarter Film mit einer großartigen Charlotte Rampling.“
Österreich. Aus österreichischer Produktion gibt es unter anderem „Licht“ zu sehen, den neuen Film von Barbara Albert, der im September beim Festival Toronto Weltpremiere hat. Erstaunlicherweise fehlt jedoch „Happy End“, das jüngste Werk von Michael Haneke, das in Cannes herauskam. Schwartz dazu: „Hans Hurch wollte den Film zeigen. Es wurde aber festgelegt, dass er schon in der ersten Oktoberwoche regulär im Kino startet.“
Die Viennale-Retrospektiven ranken sich dieses Jahr um die vergessene Stummfilm-Diva Carmen Cartellieri (Filmarchiv Austria) sowie, unter dem Titel „Utopie und Korrektur“ um den sowjetischen Film zu Beginn und nach der Ära Josef Stalins (Österreichisches Filmmuseum in der Albertina).
Das komplette Programm der Viennale 2017 wird am 10. Oktober veröffentlicht. Wenige Tage später beginnt der Vorverkauf.
Ausschreibung. Und wie geht es weiter mit der Viennale-Leitung? „Die Ausschreibung für die Nachfolge von Hans Hurch ist seit langem vorbereitet. Es war geplant, die Ausschreibung 2018 durchzuführen und nach der Viennale 2018 die Entscheidung bekanntzugeben“, sagt Franz Schwartz.
Müsste man angesichts der neuen Situation nicht sehr rasch handeln? Schwartz schüttelt den Kopf. „Würden wir die Ausschreibung sofort durchführen. hätte das einen negativen Eindruck auf die Viennale 2017. Jeder, der sich für die Position interessiert, weiß längst, dass die Ausschreibung nun am 5. November 2017 formell herausgeht. Die Nachfolge von Hans Hurch steht dann Mitte bis Ende Jänner fest. Das ist knapp, aber nicht zu knapp. Bei dem hervorragenden Team, das ich jedem Nachfolger empfehlen würde, beizubehalten, klappt das alles."
Dass er selbst im kommenden Jahr noch einmal die künstlerische Aufsicht über das Festival übernehmen könnte, schließt der Interims-Direktor Schwartz aus. „Es ist vollkommen klar, dass die neue Leitung 2018 antreten wird. Ich bin jetzt 67 - nach dieser Viennale bin ich 77.“
FilmClicks wird die Viennale wieder als Online-Medienpartner begleiten.