Viennale 2014

Die Eröffnung: „Ein Aufruf zur Toleranz in Zeiten der Intoleranz“

24.10.2014
von  Gunther Baumann
Eröffnung der Viennale 2014: Festival-Direktor Hans Hurch mit Regisseur Abbas Kiarostami © Katharina Sartena
14 Tage voller Filmkunst: Die 52. Viennale läuft. Die Eröffnung am 23. Oktober wurde zum Fest mit Gästen wie Michael Haneke, Karl Markovics, Birgit Minichmayr oder dem iranischen Meisterregisseur Abbas Kiarostami. Jetzt gehört das Festival bis zum 6. November dem Publikum, wobei der Vorverkauf (schon vor Beginn wurden mehr als 40.000 Tickets abgesetzt) einmal mehr auf ein prächtiges Filmfest schließen lässt.
Michael Haneke gratuliert Jessica Hausner, der Regisseurin des Viennale-Eröffnungsfilms „Amour Fou“ © Katharina Sartena

Eröffnung.
Zur Eröffnung hatte Viennale-Chef Hans Hurch „Amour Fou“ ausgewählt, das Künstlerdrama von Jessica Hausner über den lebensüberdrüssigen Heinrich von Kleist. Viennale-Präsident Eric Pleskow kommentierte diese Wahl in einer Grußbotschaft so: „Das Festival mit einem Film über einen todessehnsüchtigen Dichter zu eröffnen, der mit einem Doppelselbstmord endet -  das ist irgendwie typisch Hurch!“ Amüsierter Applaus. Doch keine Angst: Die Viennale 2014 steckt randvoll mit quicklebendigem Kino.
 
„Das Publikum stürmt die Viennale“: Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny © Viennale / Newald

 „Auf einer Vielzahl von Viennale-Vorstellungen steht schon das Schild ausverkauft.“ Mit diesen Worten eröffnete Andreas Mailath-Pokorny seine Eröffnungsrede. Wiens Kulturstadtrat weiter: „Das ist ein gutes Zeichen. Die Frage, warum die Viennale?, erübrigt sich. Weil das Publikum die Filme stürmt.“
 
Mailath-Pokorny streute dem Festival und seinem Publikum Rosen. „Wir leben in einem Überfluss bewegter Bilder – aus dem Fernseher, aus dem Computer, aus dem Smartphone“, sagte er. „Dem steht ein Festival wie die Viennale entgegen. Hier muss man sich entscheiden, hinzugehen, etwas zu riskieren, andere Sichtweisen kennenzulernen. Die Viennale ist ein Aufruf zur Toleranz in Zeiten der Intoleranz. Das ist nicht wenig in einem Zeitalter der Polarisierung.“

Viennale-Eröffnungsgäste: Regisseur Paulus Manker und Schauspielerin Michou Friesz © Katharina Sartena

Die Polarisierung ist freilich auch ein Element der Kunst, und darauf hinzuweisen, gehört bei Viennale-Chef Hans Hurch zum guten Ton. „Kulturpolitik ist in Österreich zur Krisenbeseitigung geworden“, sagte er. „Die größte kulturpolitische Leistung des Jahres ist die Entlassung des Burgtheater-Direktors. Ich möchte eine Situation beklagen, in der die Kulturpolitik nicht mehr auftaucht. Ich behaupte, die Politik ist darüber nicht unfroh. Und etliche Journalisten finden Kulturpolitik langweilig.“
 
Der Ex-Journalist Hurch zählt sich nicht zu dieser Gruppe: „Ich möchte eine deutlich definierte Kulturpolitik, die sagt, welche Kunst sie haben will. Dies ist kein Plädoyer für eine abgehobene Kunst, sondern für eine, die ihren eigenen Gesetzen folgt, die nicht unbedingt unterhaltsam ist und die anders sein kann, als es der Markt verlangt. Die Kunst schafft ihre eigene Welt, von der aus das Publikum die Welt betrachten kann. Deswegen muss sie gefördert werden.“
 
„Amour Fou“ : Regisseurin Jessica Hausner mit Darstellern Christian Friedel & Birte Schnöink © Katharina Sartena

Den Eröffnungsfilm „Amour Fou“ von Jessica Hausner (regulärer Kinostart: 6. November) bezeichnete Hurch als „besonders schönen, berührenden und auch komischen Film. Er macht die Türe auf zu diesem Festival“.
 
Der in den USA lebende Viennale-Präsident Eric Pleskow, 90, der auf Anraten seiner Ärzte daheim blieb, will die Tür zum Festival noch oft durchschreiten: „Ich habe vor, noch ein paar Jährchen auf dieser Welt zu bleiben“, ließ er in seiner Grußbotschaft wissen. „Ich möchte in dem neuen Kinosaal sitzen, der nach mir benannt ist (im Metro-Kino/Kinokulturhaus, Anm.) I’ll be back“.