Premieren. „Mein Traum vom Kino sieht so aus, dass es imaginär und realistisch zugleich ist“, sagt Hans Hurch. Für die kommende Viennale hat der Langzeit-Direktor des Festivals (seit 1997) einmal mehr ein Programm ausgesucht, das diesen Kritierien entsprechen soll. Eine erste Liste von Filmen, die vom 24. Oktober bis zum 6. November zu sehen sein werden: Das Drama „Oktober November“ von Götz Spielmann, der Horror-Thriller „The Bay“ von Barry Levinson („Rain Man“) oder die Uraufführung von Klaus Lemkes „Kein großes Ding“. Auch Woody Allens neues Werk „Blue Jasmine“ soll zur Viennale kommen.
Die wichtigste Doku ist „Der letzte der Ungerechten“ von Claude Lanzmann, der zur Premiere in Wien erwartet wird. Bei der Viennale-Retrospektve im Filmmuseum darf heuer viel gelacht werden: Es gibt 30 Filme mit Jerry Lewis.
Schwerpunkte. Im Zentrum der rund 150 Langfilme des Festivals stehen wie immer, so Hurch, wichtige Werke, die „entweder keinen Verleih in Österreich haben oder die wir für die prägenden Filme des Jahres halten“. Bei der Zusammenstellung des Programms haben sich dabei einige Schwerpunkte herausgebildet.
Erstens: Amerikanisches Independent-Kino. Hurch: „Die Independent-Szene stand zu Beginn für neue, unabhängige und kleine Filme, wurde aber dann zu einer eigenen Marke aufgewertet. Jetzt gibt es wieder viele interessante Filme von der Basis, die oft unter prekären Bedingungen entstehen.“
Zweitens: Deutsches Kino. Hurch: „Wir haben heuer etwa zehn Langfilme aus Deutschland eingeladen. Nach einigen schwächeren Jahren entstand dort eine sehr schöne Mischung aus essayistischen und literarischen Filmen“. Neben der Klaus-Lemke-Uraufführung wird man etwa „Die Schwärmer“ von Johanna Pauline Mayer (nach Robert Musil) oder „Ein Gespenst geht um in Europa“ von Julian Radlmaier sehen können.
Drittens: Dokumentationen mit biografischem Touch. Das Spektrum reicht von „Argerich“ (über die Pianistin Martha Argerich) bis zu „Our Nixon“ (teils groteske Acht-Millimeter-Aufnahmen aus dem inneren Kreis des Watergate-Präsidenten), von „Weekend Of A Champion“ (über den Formel-1-Star Jackie Stewart) bis zu „Der Letzte der Ungerechten“ von Claude Lanzmann.
Der Lanzmann-Film liegt Hans Hurch besonders am Herzen: „Es ist ein großes Essay über einen widersprüchlichen, zutiefst beeindruckenden Menschen. Lanzmann interviewte 1975 den aus Wien stammenden Rabbi Benjamin Murmelstein, der im KZ Theresienstadt als Juden-Ältester eingesetzt wurde. Ursprünglich war das Material für Lanzmanns ,Shoa‘ gedacht, aber es hätte den Rahmen dieses Films gesprengt. Für mich ist ,Der Letzte der Ungerechten‘ die große, bedeutende Dokumentation des Jahres.“
Lange Filme. Mit einer Spieldauer von 220 Minuten ist „Le Dernier des injustes“ (so der französische Originaltitel) auch ein sehr langer Film – aber das passt zur Viennale 2013. Hurch: „Die Höhepunkte des Festivals dauern heuer sehr lang“. Unschlagbar in dieser Kategorie: Ein Werk aus dem Jahr 1971 von Jacques Rivette. Das Festival präsentiert in der Reihe „…aber am nächsten Morgen“ Rivettes „geheimnisumwitterten, in seiner Gesamtheit so gut wie nie zu sehenden
Film Fleuve ,Out 1: Noli Me Tangere‘. Ein über zwölfstündiger, in acht Episoden gefasster kinematographischer Tagtraum ohne Beispiel“.
Das Filmland Frankreich wird aber auch mit aktuellen Produktionen in Wien vertreten sein. Etwa mit „L‘ìnconnu du lac“ von Alain Giraudie: Einem schwulen Thriller, der in Cannes viel Aufsehen erregte. Oder mit „Jeune & Jolie“: Francois Ozon porträtiert eine 17-Jährige, die noch zur Schule geht und ein Doppelleben als Callgirl führt.
Stargast. Aus Kanada kommt die Entdeckung „The Dirties“ von Matt Johnson, aus Südkorea „New World“ von Park Hoon-jung. Woher der Viennale-Stargast kommt und welchen Namen er oder sie trägt, wird noch nicht verraten. Hans Hurch: „Es wird ein wichtiger Mann oder eine wichtige Frau sein“. Alles klar!