Peter Patzak und das Archiv der Zeitgenossen in Krems

60 Boxen Material für das kollektive Gedächtnis

24.10.2018
von  Gunther Baumann
Festakt an der Donau-Universität Krems: Peter Patzak mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner © Andrea Reischer
60 große Transportboxen voller Drehbücher, Drehpläne, Manuskripte, Korrespondenzen, Fotos und Filme: Das Land Niederösterreich hat den Vorlass von Peter Patzak erworben. Das Material aus 50 Jahren wird nun ins Archiv der Zeitgenossen an der Donau-Universität Krems integriert,  wo es die neue Sparte Film eröffnet (nach Musik, Literatur und Architektur). Die Übergabe wurde am 23. Oktober bei einem „Abend mit und für Peter Patzak“ im Kremser Kino im Kesselhaus gefeiert. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: „Dies ist ein besonderer Abend. Peter Patzak ist ein großer Filmemacher und eine große Persönlichkeit. Ich bedanke mich, dass wir seinen Vorlass verwalten, hegen und pflegen dürfen – und ihn damit für weitere Generationen aufbereiten.“
Ortswahl. „Es gab viele Angebote, unter anderem aus Berlin und Wien, meinen Vorlass zu übernehmen“, sagt Peter Patzak.  „Doch als ich gefragt wurde, das Material dem Archiv der Zeitgenossen zu geben, stimmte ich sofort zu. Ein Dankeschön, dass ich mit meinen in 50 Jahren gesammelten Dokumenten in Krems eine Heimat gefunden habe. Hier gehören sie hin.“
 
Kino im Kesselhaus Krems: Peter Patzak im Gespräch mit Karin Moser © Andrea Reischer

Der Regisseur, der seit langem im niederösterreichischen Klosterneuburg daheim ist, sprach beim Festakt mit der Medienwissenschaftlerin Karin Moser über seine Laufbahn: „Als ich 1967 meinen ersten Film drehte, gab es in Österreich noch kein Filmförderungs-Gesetz. Peter Turrini und ich haben dann später Bruno Kreisky überzeugt, dass das sein muss.“
 
Von „Kottan“ bis „Kassbach“. Patzak machte mit Filmen wie „Zerschossene Träume“ (1976), „Kassbach – Ein Porträt“ (1979), „Gavre Princip – Himmel unter Steinen“ (1990) oder „Shanghai 1937“ (1997) international Karriere. Doch zur Legende wurde er durch die 19 TV-Episoden und zwei Kinofilme der „Kottan“-Krimis (ab 1976). In der Rückschau verbeugt sich der Regisseur vor seinem Co-Autor der Serie, Helmut Zenker: „Wir gingen gemeinsam ins Gymnasium und sind uns früh auf einer literarischen Ebene begegnet. Eines Tages kam ein Skript von ihm bei mir an. Kein Drehbuch im üblichen Sinne: nur Namen und Dialoge. So etwas habe ich früher und später nicht in die Hand bekommen. Die Figuren entstanden allein aus den Dialogen. So fing es mit ,Kottan‘ an.“
 
Nun ist Patzak – nicht nur Regisseur, sondern auch Autor und Maler und bis zu seiner Emeritierung 2013 Leiter der Wiener Filmakademie – gespannt, wie sein Vorlass im Kremser Archiv der Zeitgenossen wahrgenommen werden wird: „Die Reflexion geht weiter. Ich darf anklopfen und anschauen. Es sind nicht nur Manuskripte da, sondern auch viele bewegte Bilder, auf Video und auf Filmspulen.“

Christine Rigler, Karin Moser, Peter Patzak, Johanna Mikl-Leitner, Friedrich Faulhammer © Reischer

Archiv der Zeitgenossen. Christine Rigler, die Leiterin des Archivs der Zeitgenossen an der Donau-Universität (Rektor: Friedrich Faulhammer), sagt über die 2010 gegründete niederösterreichische Institution: „Wir unterminieren den Campus Krems im Sinne einer höheren Aufgabe. Mit den Vorlässen herausragender Persönlichkeiten tragen wir zum kollektiven Gedächtnis bei.“  Peter Patzak reiht sich dort in eine Gruppe prominenter Kunstschaffender ein. Das Archiv verwaltet bereits die Materialien des Architekten Wolf D. Prix (Coop Himmelb(l)au), der Schriftsteller Peter Turrini und Julian Schutting sowie der Komponisten Friedrich Cerha und Kurt Schwertsik.